„Monster“ und „verrotte in der Hölle“: Kardinal Pell wegen Kindesmissbrauchs schuldig gesprochen
Als bisher ranghöchster Vertreter der katholischen Kirche ist der australische Kurienkardinal und langjährige Papst-Vertraute George Pell wegen Kindesmissbrauchs schuldig gesprochen worden. Wie am Dienstag bekannt wurde, befand ein Geschworenengericht den 77-Jährigen bereits im Dezember für schuldig, sich in den 90er Jahren in der Kathedrale von Melbourne an zwei Chorknaben vergangen zu haben. Um die Ermittlungen in einem zweiten Verfahren nicht zu beeinflussen, war der Schuldspruch bislang unter Verschluss gehalten worden.
Ein Strafmaß gegen Pell, der von Papst Franziskus 2014 zum Finanzchefs des Vatikans ernannt wurde und bis zum Schuldspruch im Dezember zum engsten Berater-Gremium des Papstes gehörte, wurde noch nicht verkündet. Ihm drohen nach Angaben der Staatsanwaltschaft bis zu 25 Jahre Haft. Für Mittwoch wurde eine gerichtliche Anhörung angesetzt, bei der er inhaftiert werden könnte.
Zum Oralsex gezwungen
Den Ermittlungen zufolge soll Pell in seiner Zeit als Bischof von Melbourne in den 90er Jahren zwei damals zwölf und 13 Jahre alte Chorknaben nach der sonntäglichen Messe in der Sakristei der Kathedrale dabei erwischt haben, wie sie Messwein tranken. Daraufhin habe er die Jungen in die Ecke gedrängt, sich vor ihnen entblößt und einen der beiden zum Oralsex gezwungen sowie beide Jungen betatscht.
Der Vatikan erklärte in einer Reaktion seinen „höchsten Respekt“ für die australische Justiz. Die Kirchenführung wolle nun den Ausgang des Berufungsverfahrens abwarten, sagte Vatikansprecher Alessandro Gisotti. Für Pell gälten von Papst Franziskus verhängte „Vorsichtsmaßnahmen“: Ihm seien die Ausübung seines geistlichen Amtes sowie jeglicher Kontakt mit Minderjährigen untersagt.
Die Anwälte des Geistlichen erklärten am Dienstag, ihr Mandant beteuere weiterhin seine Unschuld. Sie legten bereits Berufung gegen den Schuldspruch ein. Im Prozess hatten sie die Vorwürfe als lächerlich dargestellt und betont, in der vielbesuchten Kathedrale wäre ein sexueller Übergriff nach dem Sonntagsgottesdienst gar nicht möglich gewesen.
Der Schuldspruch gegen den 77-Jährigen war bereits am 11. Dezember gefallen, auf Anordnung des Gerichts aber bislang unter Verschluss gehalten worden. Hintergrund war ein geplanter weiterer Prozess gegen Pell zu anderen Vorwürfen, die aus den 70er Jahren stammen. Die Staatsanwaltschaft entschloss sich schließlich am Dienstag, das zweite Verfahren nicht weiter zu verfolgen. In der Folge wurde das Berichterstattungsverbot über den Schuldspruch vom Dezember aufgehoben.
„Monster“ und „verrotte in der Hölle“
Pell war am Dienstag bei dem Gerichtstermin zum möglichen zweiten Strafprozess in Melbourne anwesend. Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes riefen einige Demonstranten „Monster“ und „verrotte in der Hölle“. Ein Mann, der in seiner Kindheit nach eigenen Angaben missbraucht worden war, bezeichnete den Schuldspruch gegen den Kardinal als „Wunder“.
Einer der beiden betroffenen Chorknaben starb 2014 an einer Drogenüberdosis. Seine Eltern machen das Trauma des Missbrauchs für seinen Tod verantwortlich. Das zweite mutmaßliche Opfer sagte in einer am Dienstag von seinen Anwälten veröffentlichten Erklärung, für ihn sei der Fall noch lange nicht vorbei:
Wie viele Überlebende habe ich Scham, Einsamkeit, Depressionen und Kämpfe erlebt. Wie bei vielen Überlebenden hat es Jahre gedauert, bis ich die Auswirkungen auf mein Leben verstanden habe.“
Der Schuldspruch gegen Pell ist ein neuer harter Schlag für die katholische Kirche. Der Kardinal war lange Zeit einer der einflussreichsten katholischen Geistlichen. 2003 wurde er in das Kardinalskollegium berufen, das unter anderem den Papst wählt.
Die katholische Kirche sieht sich seit Jahren mit Missbrauchsskandalen in vielen Ländern konfrontiert. Dabei geht es auch um Vorwürfe der Vertuschung. Erst am Sonntag war im Vatikan ein mehrtägiger Krisengipfel zum Thema Kindesmissbrauch zu Ende gegangen. Papst Franziskus hatte zum Abschluss des Treffens versichert, die Kirche werde künftig jeden einzelnen Fall mit „äußerster Ernsthaftigkeit“ verfolgen. Konkrete Maßnahmen kündigte der Papst aber nicht an. (afp)
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