Merkel ringt um Flüchtlingspakt mit der Türkei – Treffen mit Erdogan geplant

Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen auf den griechischen Inseln und an der türkischen Südgrenze will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel offenbar im Januar mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen. Indes rückt die Entsendung türkischer Truppen in den Krisenstaat Libyen näher.
Titelbild
Recep Tayyip Erdogan und Angela Merkel am 04.02.2014Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times26. Dezember 2019

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe) im Januar ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Hauptthemen dürften demnach die Flüchtlingspolitik sowie die Konflikte in Syrien und in Libyen seien, in die die Türkei jeweils zunehmend auch militärisch verwickelt ist. In Nordsyrien halten türkische Truppen größere Gebiete besetzt.

Merkel ist dem Bericht zufolge vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen auf den griechischen Inseln und an der türkischen Südgrenze besorgt um den Erhalt des Flüchtlingspaktes zwischen der Europäischen Union und der Türkei. Erdogan hatte vor wenigen Tagen mit Blick auf den Vormarsch syrischer Regierungstruppen in der Provinz Idlib vor einer neuen Migrationswelle in Richtung Europa gewarnt. Beim Thema Libyen dürfte es dem Bericht zufolge um die türkischen Pläne gehen, Truppen in das Bürgerkriegsland zu entsenden.

Eine Sprecherin der Bundesregierung wollte den Besuch Merkels in der Türkei nicht bestätigen und verwies darauf, dass Reisen der Kanzlerin jeweils erst am Freitag der Vorwoche bekanntgegeben würden.

Merkel und Erdogan waren sich zuletzt auf dem NATO-Treffen in London Anfang Dezember begegnet. In einem Vierer-Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Boris Johnson sprachen sie über die Lage in Nordsyrien.

Bei Merkels Besuch im Januar dürfte aber auch das Thema Libyen eine Rolle spielen, seit Erdogan angekündigt hat, im dortigen Bürgerkrieg selbst für eine Seite Partei zu ergreifen. In der Türkei war Merkel zuletzt im Oktober 2018. Erdogan fordert seit längerem zusätzliche europäische Unterstützung bei der Rückführung von syrischen Flüchtlingen aus der Türkei in eine Sicherheitszone im Norden ihres Heimatlandes.

Der Präsident hat zudem erklärt, durch die russischen und syrischen Bombardements auf die syrische Region Idlib seien jüngst mehr als 80.000 Menschen vertrieben worden und befänden sich auf dem Weg zur türkischen Grenze. Sein Land werde diesen Zustrom nicht alleine schultern können und „alle europäischen Länder, insbesondere Griechenland, werden die negativen Folgen zu spüren bekommen“.

Erdogan ebnet Weg für Entsendung türkischer Soldaten nach Libyen

Die Türkei schickt sich an, mit Bodentruppen im nordafrikanischen Krisenstaat Libyen einzugreifen. Das Parlament in Ankara werde Anfang Januar darüber abstimmen, kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag an. Sein Land wolle die international anerkannte Regierung in Tripolis „mit allen Mitteln unterstützen“. Durch eine türkische Militärintervention könnte sich die ohnehin schon komplizierte Lage in Libyen weiter zuspitzen.

Das Parlament werde sich direkt nach dem Ende seiner Sitzungspause am 7. Januar mit dem Antrag der Regierung befassen, sagte Erdogan. Eine Entscheidung könne am 8. oder 9. Januar fallen.

Die Türkei reagiere damit auf die Bitte der international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch um militärische Unterstützung im Kampf gegen den abtrünnigen libyschen General Chalifa Haftar, sagte Erdogan. „Wir werden die Regierung in Tripolis mit allen Mitteln unterstützen“, betonte Erdogan.

Am vergangenen Samstag hatte das Parlament in Ankara bereits grünes Licht für ein umstrittenes Militärabkommen mit der Einheitsregierung in Tripolis gegeben. Darin wurde vereinbart, dass Soldaten und Polizisten zu Trainings- und Ausbildungszwecken ins jeweils andere Land geschickt werden. Einen Militäreinsatz türkischer Truppen in Libyen sieht das Abkommen nicht vor. Allerdings hatte Erdogan nach dessen Inkrafttreten bereits seine Bereitschaft bekundet, auch türkische Kampfeinheiten in das Krisenland zu schicken.

Ende November hatten die Türkei und die Regierung in Tripolis außerdem ein Abkommen geschlossen, das ihre Seegrenzen im östlichen Mittelmeer absteckt. Ankara will sich dadurch den Zugang zu Gasvorkommen vor der Küste Zyperns sichern. Bei den Anrainerstaaten Griechenland, Zypern und Ägypten stieß die Vereinbarung auf scharfe Kritik, da sie dadurch ihre eigenen Rechte in der Region verletzt sehen.

In Libyen herrscht seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos. Die Einheitsregierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle. Haftar und seine „Libysche Nationalarmee“ kontrollieren den Osten Libyens. Seit dem Beginn von Haftars Offensive auf Tripolis vor acht Monaten wurden nach UN-Angaben mehr als 280 Zivilisten getötet und mehr als 140.000 Menschen vertrieben.

Die Türkei liefert den libyschen Regierungstruppen bereits Panzer und Drohnen, um sie im Kampf gegen die Truppen Haftars zu unterstützen. Haftar wird dagegen von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten unterstützt.

Erdogan wirft Russland vor, ebenfalls auf Seiten des abtrünnigen Generals zu stehen. „Sie helfen einem Warlord“, sagte er mit Blick auf Medienberichte über den Einsatz von Söldnern der privaten Sicherheitsfirma Wagner. „Wir reagieren auf eine Anfrage der legitimen Regierung Libyens. Das ist der Unterschied.“

Moskau bestreitet die Berichte über die Präsenz russischer Söldner in Libyen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow übte am Donnerstag Kritik an den Pläne der türkischen Regierung. Er halte es für „unwahrscheinlich, dass die Einmischung Dritter in dieser Situation zu einer Beilegung“ des Konflikts führen könne. Russland begrüße grundsätzlich aber alle Versuche von außen, „den Konfliktparteien dabei zu helfen, eine Lösung zu finden“.

Nach Einschätzung des Istanbuler Politikinstituts Edam könnte die Türkei ein Einsatzkommando bestehend aus Elitesoldaten sowie Geheimdienst- und Verbindungsoffizieren nach Libyen schicken. Nach den türkischen Militärinterventionen in Syrien verfüge die türkische Armee über ein „beachtliches Maß an Erfahrung“ für solche Missionen im Ausland. (afp/dts)

 



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