Keine Pressefreiheit in der Türkei: Kritische Journalisten massiv unter Druck

Dem "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel droht in der Türkei ein Gerichtsverfahren: Bisher waren Vertreter ausländischer Medien weitgehend sicher vor der Verfolgung durch die türkische Justiz. Doch damit ist jetzt Schluss.
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Demonstration gegen die Unterdrückung der Pressefreiheit, Istanbul, Türkei.Foto: MUSTAFA OZER/AFP/Getty Images
Epoch Times27. Februar 2017

Mit der Inhaftierung des „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel hat die Repression gegen kritische Medien in der Türkei die westlichen Journalisten erreicht.

Bisher waren Vertreter ausländischer Medien weitgehend sicher vor der Verfolgung durch die türkische Justiz. Zwar kam es vor, dass Reporter bei Recherchen im kurdischen Südosten vorübergehend festgenommen wurden, doch ist Yücel der erste westliche Journalist, dem ein Gerichtsverfahren droht.

Allerdings sind die Zeiten schon länger vorbei, da die Türkei als sicherer Arbeitsplatz für Auslandskorrespondenten galt. In den vergangenen Jahren erhöhte die Regierung zunehmend den Druck und verweigerte unliebsamen Korrespondenten vermehrt die Akkreditierung und damit die Aufenthaltserlaubnis. Der „Spiegel Online“-Korrespondent Hasnain Kazim musste letztes Jahr deshalb die Türkei verlassen.

Yücel erhielt ebenfalls keine Pressekarte, konnte jedoch im Land bleiben, weil er neben dem deutschen auch den türkischen Pass hat. Auch dieses Jahr bangten viele deutsche Korrespondenten um ihre Akkreditierung. Nachdem sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Anfang Februar in Ankara persönlich bei Präsident Recep Tayyip Erdogan für sie eingesetzt hatte, wurden die Akkreditierungen mit wenigen Ausnahmen erteilt.

Weit schwieriger als für die ausländischen Korrespondenten ist die Lage aber für türkische Journalisten. Unter dem Ausnahmezustand, der nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verhängt wurde, wurden laut Reporter ohne Grenzen (RSF) 149 Zeitungen, Radio- und Fernsehsender geschlossen, 775 Journalisten wurde die Pressekarte aberkannt.

Neben den Medien der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den die Regierung für den Umsturzversuch verantwortlich macht, waren besonders kurdische Medien betroffen. Ihnen wird „Terrorpropaganda“ für die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen.

Auf der RSF-Rangliste der Pressefreiheit liegt die Türkei inzwischen auf Platz 151 von 180 Ländern, und 151 Journalisten sind es auch, die derzeit in Haft sind. Selbst in China und dem Iran sind es nicht so viele, weshalb die Türkei als weltweit größtes Gefängnis für Journalisten gilt.

Betroffene klagen, sie wüssten auch nach Monaten nicht, was ihnen vorgeworfen wird, und hätten kaum Zugang zu Anwälten und Angehörigen. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu kritisierte, dass selbst nach dem Militärputsch 1980 nicht so viele Reporter hinter Gitter gewesen seien. Die Regierung bestreitet dagegen, dass auch nur ein einziger Journalist wegen seiner Arbeit inhaftiert sei.

Nachdem in den vergangenen Jahren fast alle große Zeitungen und Sender von regierungsnahen Unternehmen aufgekauft wurden, bleiben kaum noch unabhängige Medien. Die Inhaftierungen und die Schließung kritischer Medien unter dem Ausnahmezustand hat ein Übriges getan, Journalisten einzuschüchtern. Viele lassen lieber die Finger von brisanten Themen und zensieren sich selbst.

So war es auch, als die linke Hackergruppe Redhack Ende September angebliche E-Mails des türkischen Energieministers Berat Albayrak veröffentlichte – einem Schwiegersohn und Vertrauten Erdogans. Nur wenige türkische Medien wagten es damals, über die brisanten E-Mails zu berichten. Yücel war einer der wenigen Journalisten, die es taten.

Kürzlich wurde auch ein Satiremagazin vom eigenen Verlag geschlossen, nachdem eine Karikatur des Propheten Moses bei konservativen Muslimen für Empörung gesorgt hatte. Die Zeitung „Hürriyet“ stampfte zudem ein Interview mit Orhan Pamuk ein, in dem der Literaturnobelpreisträger erklärt hatte, warum er bei dem Referendum über das umstrittene Präsidialsystem im April mit Nein stimmen werde.

Die deutsch-türkische Online-Zeitschrift „Özgürüz“ von Can Dündar wurde noch vor dem Start in der Türkei gesperrt. Um die Verbreitung unliebsamer Nachrichten zu verhindern, verhängt die Regierung auch regelmäßig Nachrichtensperren. Weite Teile des kurdischen Südostens sind ohnehin für Journalisten gesperrt. Auch werden soziale Medien wie Twitter und Facebook immer wieder blockiert. (afp)



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