Coronavirus: Indien verhängt Ausfuhrstopp für Arzneimittel – Deutsche Medizinversorgung betroffen?
Der Coronavirus könnte Deutschlands Versorgung mit Arzneimitteln beeinträchtigen. Auslöser dieser Befürchtung ist ein von Indien am Dienstag (3.3.) verhängter Ausfuhrstopp für Arzneimittel und pharmazeutische Grundstoffe.
Indien verhängt Exportstopp wegen China
Deutschland und Europa kaufen pharmazeutische Wirkstoffe zum größten Teil in Fabriken in China und Indien ein und produzieren kaum selbst. Europäische Importe von Generika (medizinische Nachahmerprodukte) zum Beispiel stammen zu 26 Prozent aus Indien, berichtete „Reuters“. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika.
Für die Herstellung seiner Generika wiederum bezieht Indien 70 Prozent der Wirkstoffe aus China („Bloomberg“: zwei Drittel). Dies berichtete „Reuters“. Für jene Wirkstoffe, die aus der Provinz Hubei kommen, befürchtet Indien, dass es wegen des Coronavirus zu einem Lieferstopp kommen kann. Dann könnte Indien nicht mehr genügend Arznei herstellen.
Um zumindest den eigenen Bedarf sicherzustellen, hat die indische Regierung daher am Dienstag (3.3.) den Export von dreizehn pharmazeutischen Inhaltsstoffen und den daraus hergestellten Arzneimitteln eingeschränkt. Diese kommen alle aus der chinesischen Provinz Hubei. Der derzeitige Lagerbestand an pharmazeutischen Wirkstoffen reiche noch zwei bis drei Monate, sagte das indische Ministerium.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Wirkstoffe:
- Paracetamol
- Tinidazol
- Metronidazol
- Acyclovir
- Vitamin B1, B6 und B12
- Progesteron
- Chloramphenicol
- Erythromycinsalze
- Neomycin
- Clindamycinsalze
- Ornidazol.
Der Nachrichtendienst „Reuters“ berichtete von 26 Inhaltsstoffen und Arzneimitteln. Die Pressemitteilung der indischen Regierung nennt aber nur die obigen dreizehn Bestandteile.
Die Einschränkungen gelten nach Angaben der Regierung zufolge „mit sofortiger Wirkung und bis auf weiteres.“ Wie lange und in welchem Ausmaß die Beschränkung gilt, sagte das Ministerium aber nicht.
Bei seiner Entscheidung ging die indische Regierung davon aus, dass – außer in der Provinz Hubei – die chinesischen Pharmahersteller den Betrieb bis Ende März wieder vollständig aufnehmen. Insgesamt sei Indien von 58 Medikamenten und Inhaltsstoffen aus China abhängig. Doch auf die Provinz Hubei entfallen nur die dreizehn oben genannten.
Bundesinstitut für Arzneimittel: Muss Auswirkung noch prüfen
Es gibt nun Stimmen, die befürchten, Deutschland könnte in eine Knappheit bei Arzneimitteln geraten, wenn keine Lieferungen mehr aus Indien kommen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArMim) sah per Stand 28.2. (also vor dem Exportstopp) noch keine Probleme für Deutschlands Medizinversorgung. Wörtlich heißt es: „Basierend auf den aktuell vorliegenden Informationen und Daten gibt es weder national noch europäisch Hinweise, die kurzfristig auf eine Einschränkung oder ein Erliegen der Arzneimittelversorgung hindeuten.“
Die „Apotheke-Adhoc“ fragte nach der Verhängung des indischen Exportstopps beim BfArMim nach, ob es jetzt Probleme für Deutschlands Medizinversorgung gibt. Die Antwort lautete, das BfArMim wisse es noch nicht und prüfe die Lage. Eine Einschätzung läge noch nicht vor.
Der Leiter der führenden indischen Handelskammer für Arzneimittelexporte Pharmexcil, Dinesh Dua, sagte kurz nach der Verhängung des Ausfuhrstopp für Arzneimittel gegenüber „Reuters“ am Mittwoch (4.3.): Er habe viele besorgte Anrufe aus Europa aufgrund des Exportstopps erhalten.
Es hieß: „Ich bekomme eine große Anzahl von Anrufen aus Europa, weil es sehr stark von indischen Lieferungen abhängt und wir fast 26 Prozent der europäischen Präparate im generischen Bereich kontrollieren. Sie geraten in Panik“.
Und weiter: Die Exportbeschränkungen träfen teilweise überwiegend Lieferungen nach Europa und in die USA. Dua schätzt, dass momentan zum Export bereitstehende Lieferungen im Wert von zehn Millionen US-Dollar betroffen sind.
Hersteller: Knappheit bei Arzneimitteln, wenn längerer Exportstopp
Adrian van den Hoven, Geschäftsführer des europäischen Generikaverbands, rechnet nicht damit, dass die Exportbeschränkungen Deutschland in großem Ausmaß treffen. Die Lagerbestände würden noch einige Monate reichen, sagte er gegenüber „Reuters“. Aber wenn andere Länder auch Exporte beschränken, könnte das ein Problem sein. So sagte er:
Wenn andere Länder damit anfangen, wird das zu einem Schneeballeffekt führen, der sehr negativ sein wird.”
Die „Apotheke-Adhoc“ berichtete, dass Hersteller eine Versorgung zwar bis zum dritten Quartal gesichert sehen. Wenn Indien weiter seine Ausfuhrstopp für Arzneimittel begrenzt, könnte „dies jedoch zu einer empfindlichen Verschärfung der Versorgungslage führen.“
Konkret sieht die „Apotheke-Adhoc“ Abhängigkeiten bei einigen Wirkstoffen, bei anderen nicht: Für Tinidazol, die Vitamine, Progesteron, Chloramphenicol, Neomycin, Clindamycin-Salze und Ornidazol gibt es keine Abhängigkeit vom deutschen Markt, da Indien keine CEP-Zertifikate (Certified Executive Programmes) an diesen Wirkstoffen hat – China allerdings schon. Dieses Zertifikat bestätigt, dass dessen Qualität der im Europäischen Arzneibuch beschriebenen Qualität entspricht.
Brinkhaus: Wieder mehr in Europa herstellen
Ralph Brinkhaus, CDU/CSU-Fraktionschef, regt an, dass bedeutende Pharmazeutika künftig wieder in Europa hergestellt werden. Dies sagte er im Interview mit „Reuters-TV“. Man sehe, dass viele pharmazeutische Grundstoffe aus Asien kommen, die das Problem der Knappheit bei Arzneimitteln aufwerfen. „Da sollten wir dringend darüber reden, dass wir uns breiter aufstellen”. Brinkhaus rät dazu, sich künftig nicht von einer Region abhängig zu machen.
Auf der Konferenz „India Pharma & Medical Device 2020“ (5.3.) kündigte Indiens Minister für Chemikalien und Düngemittel, Shri V Sadananda Gowda, ebenfalls an, die Abhängigkeit von Importen pharmazeutischer Wirkstoffe zu verringern. Indien will in der Herstellung künftig selbst autark sein.
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