Coronavirus: Hygiene-Experte warnt vor Fehlinformation in deutschen Medien und „Händewaschen“

Die Spielwarenmesse ist "äußerst kritisch", sagt Hygiene-Experte Klaus-Dieter Zastrow. "Einen besseren Multiplikator könnte es gar nicht geben. Entweder sagt man diese Messe ab oder man hält die Chinesen von der Messe fern." Er rät ausdrücklich zu Mund-Nasen-Schutz-Masken und gründlichem Desinfizieren der Hände.
Epoch Times28. Januar 2020

Ab den Morgenstunden des 29. Januar werden Tausende und Abertausende nach Nürnberg strömen. Denn dort findet die beliebte Spielwarenmesse 2020 statt, 2.886 Aussteller aus 68 Ländern und  67.000 Besucher aus 132 Ländern werden erwartet, darunter auch 360 Aussteller aus China.

In Anbetracht des bereits in Bayern ausgebrochenen Infekts mit dem aus China stammenden Coronavirus „2019-nCoV“ hält Hygiene-Experte Klaus-Dieter Zastrow, früherer Leiter des Fachgebiets „Übertragbare Krankheiten, Impfwesen und Krankenhaushygiene“ am Robert-Koch-Institut, es für „unverantwortlich“, dass die bis 2. Februar andauernde Messe nicht abgesagt wird.

Diese Situation ist „äußerst kritisch“, sagte Zastrow gegenüber Epoch Times. So viele Besucher und so viele Händler.

Einen besseren Multiplikator könnte es gar nicht geben. Entweder sagt man diese Messe ab oder man hält die Chinesen von der Messe fern.“

Zu diesem Zeitpunkt dürfte man die chinesischen Händler nicht einreisen lassen und auch alle anderen sollten lieber die Spielwarenmesse meiden, wenn ihnen ihre Gesundheit lieb ist.

Veranstalter kann die Einreise nicht  kontrollieren

Auf aktuelle Anfrage der Epoch Times, unter Hinweis auf den Experten, verwies der Veranstalter auf das offizielle Statement von Ernst Kick, Vorstandsvorsitzender der Spielwarenmesse eG. Darin heißt es:

„Wir können als Messe-Organisation nicht die Einreise in unser Land kontrollieren und verlassen uns in diesem Fall auf die seit Jahren bewährten Kontrollsysteme an den großen Aus- und Einreiseflughäfen – dies gilt auch für die Besucher. Oberste Priorität haben für uns als Veranstalter die Hygienemaßnahmen vor Ort. Dazu haben wir die Desinfektionsspender auf dem Messegelände aufgestockt. Alle Hygieneregeln und Vorsichtsmaßnahmen, die sowieso während der Grippezeit gelten, greifen auch in diesem Fall. Wir stehen in Kontakt mit dem Gesundheitsamt, beobachten die ständige Entwicklung und werden die Entscheidung der WHO in unserer Organisation berücksichtigen.“

Mehr konnte das Unternehmen zur Anfrage der Epoch Times am Dienstnachmittag, in der wir eindringlich auf die Empfehlung des Experten hingewiesen haben, nicht sagen, „weil die Messe ja morgen erst öffnet und wir uns auf die Veranstaltung konzentrieren.“

Vorsichtsmaßnahmen der Stadt Nürnberg „ausgebaut“

Die Stadt Nürnberg verweist auf „ausgebaute Vorsichtsmaßnahmen“. Da China bereits sehr umfassende Quarantänemaßnahmen zur Vermeidung einer weiteren Ausbreitung der Krankheit ergriffen habe, sei damit zu rechnen, dass Personen aus den Gebieten mit zahlreichen Erkrankungsfällen, vor allem aus der Provinz Hubei mit der Metropole Wuhan, gar nicht mehr ausreisen könnten. Zudem bestehe zwischen China und Nürnberg keine Direktflugverbindung. Mögliche Verdachtsfälle würden bereits vor der Ausreise oder bei der Ankunft an einem anderen deutschen Flughafen festgestellt, so die Aussage der Stadt.

Auch der Flughafen Nürnberg sei für Risikofälle gerüstet. Und auf der Spielwarenmesse stünden durchgehend Ärzte vor Ort zur Verfügung. In den Messehallen seien zusätzliche Händedesinfektionsständer aufgestellt.

Die Stadt Nürnberg nimmt zudem Bezug auf die Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI), wonach auch nach dem ersten in Deutschland (im Landkreis Starnberg) bestätigten Coronavirus-Fall die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland durch die neue Atemwegserkrankung aus China derzeit „weiterhin als gering eingestuft“ werde.

Hygiene-Experte warnt vor Fehlinformation in deutschen Medien

In Deutschland bereiten sich inzwischen viele Bürger auf den Notfall vor. Eine Chinesin berichtete gegenüber der Epoch Times, dass sie sich mit etlichen Atemschutzmasken eingedeckt habe, einerseits für ihre Familie in Deutschland und andererseits für die Angehörigen in China. „Dort gibt es nämlich keine Schutzmasken mehr.“

Und auch in Deutschland gehen diese langsam aus. Beispielsweise waren die Atemschutzmasken in der Apotheke des Mainzer pharmazeutisch-technischen Assistenten Boris Bindman laut einer ZDF-Reportage bereits vergriffen. Vor allem asiatische, chinesische Kunden seien in größerem Umfang an den Schutzmasken interessiert, aber auch Flughafenpersonal, sagte der Apotheker.

„Die Leute werden sauer, weil sie keine Atemschutzmasken mehr bekommen“, erklärt Prof. Zastrow. Laut einem Bericht, auf den uns Zastrow hinwies, wären die „bei uns im regulären Handel verkauften Schutzmasken in der Regel sehr dünn, teilweise nur aus Papier“.

Der Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht soll laut „RTL“ gesagt haben: „Diese Viren sind so klein, die lachen über solche Papiermasken. Die können sogar durch das Papier durch.“

Solche Aussage weist der Hygiene-Experte vehement zurück: „Diese Aussage ist eine wissenschaftliche Zumutung.“ Die Coronaviren seien schließlich nicht allein unterwegs, sondern in einem Tröpfchen enthalten. Und dieses Tröpfchen würde bei Husten oder Niesen abgesondert und durch die Maske aufgefangen.

Der Experte rät ausdrücklich zu den Mund-Nasen-Schutz-Masken, die einen guten Schutz vor Viren in den Rachenraum bieten. Mit diesen Masken würde auch operiert und transplantiert – also dort getragen, wo höchste Asepsis und Antisepsis erforderlich ist. Und jetzt solle das nicht mehr wirken? Die Leute würden schließlich in der Apotheke umfassend beraten werden. Dass dort nur „einlagige Lappen“ empfohlen werden, sei unwahrscheinlich, so Zastrow.

Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der WHO

In der Sendung „Volle Kanne“ erklärte der Medizinjournalist Specht:

„Im Internet gibt es tolle Quellen […] Es gibt aber eine, ganz einfach: Robert-Koch-Institut. Das ist die Stelle in Deutschland, die dafür zuständig ist. Das sind zuverlässige Wissenschaftler, die immer neue Bulletins rausgeben. Da würde ich auf die Website gehen und mich informieren.“

Wir sind dem Rat gefolgt. Auf der akuellen Seite des Robert-Koch-Instituts (Stand 27.07.2010) heißt es:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihrem Rahmen-Pandemieplan keine Masken für die allgemeine Bevölkerung. Auch in den WHO-Antworten auf häufig gestellten Fragen werden Menschen, die nicht erkrankt sind, keine Masken empfohlen.

Dass sogar das Robert-Kost-Institut und Gesundheitsexperten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „bei einer Pandemie explizit keine Masken für die allgemeine Bevölkerung“ empfehlen, macht den Hygiene-Professor Zastrow „fassungslos“. Warum der Medizinjournalist Bezug auf diese Empfehlung nimmt, ist Zastrow schleierhaft. Zastrow rät den Bürgern ausdrücklich dazu, eine mindestens zweilagige Mund-Nasen-Schutz-Maske anzuschaffen, noch besser sei eine FFP3 -Maske mit Ausatemventil. Es sei gut, sich einen Vorrat davon anzuschaffen.

Experte warnt: Auf keinen Fall Hände waschen! Gründlich desinfizieren!

„Ob die Epidemie eingedämmt werden kann, hängt davon ab, ob es gelingt die Infizierten rechtzeitig zu identifizieren und zu isolieren. Aber auch das Verhalten der Bevölkerung spielt eine Rolle. Wenn Menschen den Kontakt zu Erkrankten meiden oder sich häufiger die Hände waschen, kann dies die Ausbreitung der Epidemie abschwächen“, rät das „Ärzteblatt“. Auch im RTL-Bericht wird ausdrücklich „ausgiebiges Händewaschen empfohlen“. Auf der Seite der WHO heißt es: „Zu den Standardempfehlungen zur Verhinderung der Ausbreitung von Infektionen gehört das regelmäßige Händewaschen.“

„Ganz falsch“, warnt Zastrow. Schon zu Zeiten der Schweinegrippe sei Zastrow „Sturm gelaufen“ gegen die Empfehlungen der WHO. „Auch damals hieß es: Hände waschen, Hände waschen.“ Mit Händewaschen erreiche man bestenfalls eine Verringerung von Viren auf den Händen und man „verteilt die Viren kreuz und quer um das Waschbecken herum.“

„Hände desinfizieren ist das A & O der Hygiene“, betont Zastrow. Das wisse man seit 1847 als der „Retter der Mütter“, Ignaz Semmelweiß, riet, sich die Hände mit einer Chlorkalklösung zu waschen, bevor man eine Gebärende untersucht. Das sei aber kein Händewaschen mit Wasser, sondern Hände desinfizieren.

Schon der gesunde Menschenverstand müsse das begreifen: „Wie soll Wasser denn ein Virus abtöten?“ Dann würde es ja nur tote Viren im Fisch geben, sagte Zastrow. Nein: Da helfen nur Desinfektionsmittel. Wo solle man sich auch unterwegs die Hände waschen? Desinfektionsmittel hingegen könne man immer dabeihaben. Und das sollte man sich auch besorgen, rät der Fachmann.

Das, was derzeit in Deutschland „erzählt“ wird, passiert, ist „entsetzlich falsch“. Zastrow sieht den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in der Pflicht, diese Irrlehren zu korrigieren.

Ob die Worte des Mediziners von RTL korrekt zitiert und freigegeben worden sind, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Erst am nächsten Vormittag sind die Mitarbeiter dort wieder erreichbar.



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