NGOs werfen EU-Staaten Mitschuld am Tod von Bootsflüchtlingen vor
Die Nichtregierungsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée haben den Regierungen der EU eine fatale Behinderung der Seenotrettung von Flüchtlingen und Migranten auf dem Mittelmeer vorgeworfen. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sie am Donnerstag von „mehr als 600 Todesfällen im Mittelmeer in den vergangenen vier Wochen“, an denen die EU-Staaten eine Mitschuld trügen.
Die Entwicklung zeige, dass die politischen Entscheidungen der EU-Staaten der vergangenen Wochen „tödliche Folgen“ hätten, erklärte Karline Kleijer, Notfallkoordinatorin bei Ärzte ohne Grenzen, am Donnerstag in Berlin. „Es war eine kaltblütige Entscheidung, Menschen, Frauen und Kinder im Mittelmeer ertrinken zu lassen.“
Die Vizepräsidentin von SOS Méditerranée, Sophie Beau, kritisierte: „Die politische Entscheidung, die Häfen für die Ausschiffung Geretteter zu schließen, und das totale Chaos im zentralen Mittelmeer haben zu noch mehr Toten geführt.“ Sie fügte hinzu: „Europa trägt die Verantwortung für diese Ertrunkenen.“
Die beiden Organisationen forderten die Regierungen Europas auf, sich selbst bei der Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer zu engagieren. Diese Verpflichtung ergebe sich aus dem internationalen Seerecht und dem humanitären Völkerrecht.
Das Argument, wonach Aktivisten auf dem Mittelmeer einen zusätzlichen Anreiz für Menschen aus Afrika zur gefährlichen Überfahrt nach Europa darstellten, sehen die Organisationen durch die Entwicklung der letzten Wochen widerlegt: Die Menschen hätten sich auf den gefährlichen Weg gemacht, obwohl „kein einziges NGO-Rettungsschiff im zentralen Mittelmeer aktiv war“.
Italien hat unter der neuen Populisten-Regierung seine Häfen für die Schiffe von Aktivisten geschlossen. Der italienische Innenminister Matteo Salvini beriet am Donnerstag mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und dem österreichischen Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ) über eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. (afp/so)
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