Frankreich will Flüchtlingspolitik verschärfen – NGOs protestieren
Angesichts der Höchstzahl von Asylanträgen will die französische Regierung die Flüchtlingspolitik verschärfen. Innenminister Gérard Collomb legte dem Kabinett am Mittwoch einen Gesetzentwurf vor, der beschleunigte Asylverfahren und eine längere Abschiebehaft vorsieht. Hilfsorganisationen protestieren scharf gegen die Pläne. Auch in der Regierungspartei von Präsident Emmanuel Macron ist das Vorhaben umstritten.
Innenminister Collomb nannte den Gesetzentwurf „völlig ausgeglichen“ und konform mit EU-Recht. Künftig sollen die Behörden Asylanträge demnach in der Regel innerhalb von sechs Monaten bearbeiten statt wie bisher in elf Monaten. Die Dauer der Abschiebehaft wird von derzeit 45 auf 90 Tage verdoppelt.
Die Regierung von Präsident Macron reagiert mit der Novelle auf die deutlich angestiegenen Flüchtlingszahlen: Im vergangenen Jahr hatte Frankreich erstmals mehr als 100.000 Asylanträge registriert, 17 Prozent mehr als 2016. Im EU-Schnitt halbierte sich die Zahl der Bewerber dagegen. Über Frankreich versuchen viele Menschen, nach Großbritannien zu gelangen.
Deutschlands Abschiebepolitik als Vorbild
Macron hatte in der Vergangenheit die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Vorbild bezeichnet, dabei aber vor allem auf die Abschiebepraxis in der Bundesrepublik verwiesen.
Mit dem Gesetzentwurf will der Präsident nun schutzbedürftige Flüchtlinge besserstellen, für Wirtschaftsmigranten sollen dagegen höhere Hürden gelten. Sogenannte subsidiär Geschützte, denen im Heimatland etwa Folter oder die Todesstrafe droht, sollen nach dem Entwurf künftig für vier Jahre einen Aufenthaltstitel bekommen statt wie bisher für ein Jahr.
NGOs warnen vor „Auslese“ der Menschen
Hilfsorganisationen warnen vor einer „Auslese“ von Flüchtlingen und einer Einschränkung der Menschenrechte. Abgeordnete von Macrons Partei La République en Marche (LREM, Die Republik in Bewegung) und der verbündeten Liberalen der Modem forderten „mehr Humanität“. Die konservativen Republikaner und die rechtspopulistische Front National werfen der Regierung dagegen mangelnde Härte vor.
Einen Vorgeschmack auf die bevorstehenden Auseinandersetzungen lieferte eine gemeinsame Protestaktion von Beamten und Hilfsorganisationen in Paris. Vor dem Gebäude des Staatsrats demonstrierten hunderte Menschen mit Parolen wie „Asyl in Gefahr“.
Darunter waren auch zahlreiche Mitarbeiter des staatlichen Asyl-Gerichts CNDA, die seit neun Tagen streiken. Sie kritisieren, die Einsprüche von Asylbewerbern könnten nicht schneller bearbeitet werden. Derzeit gibt es nach ihren Angaben jährlich bereits knapp 50.000 Entscheidungen.
In der Nationalversammlung dürfte die Regierungsmehrheit vor Beginn der Beratungen in sechs Wochen darauf dringen, die Vorgaben noch zu ergänzen. Aus den Reihen von LREM liegt der Regierung bereits ein Vorschlag vor, der auf eine bessere Integration von Zuwanderern abzielt. Macron hatte dies im Herbst versprochen. Gefordert werden unter anderem mehr Französisch-Stunden für Flüchtlinge und eine bessere Begleitung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche.
Auf EU-Ebene wirbt Macron für eine EU-Asylbehörde und eine europäische Grenzpolizei, um die Außengrenzen besser zu schützen. Beide Institutionen gibt es schon, ihre Befugnisse könnten aber noch gestärkt werden. (afp)
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