Europarechtler: Vorläufige Anwendung von Ceta rechtlich bedenklich
Der Völker- und Europarechtler Wolfgang Weiß hält die geplante vorläufige Anwendung des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens Ceta für rechtlich bedenklich. Die EU-Kommission hat zugestimmt, Ceta als gemischtes Abkommen zu behandeln und alle Mitgliedstaaten darüber abstimmen zu lassen. Wie der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, hält es Weiß für eine klare Überschreitung der Zuständigkeiten, sollte der Ministerrat beschließen, auch jene Teile vorläufig anzuwenden, die in den Parlamenten ratifiziert werden müssen.
Ein solches Vorgehen degradiere die nationalen Ratifikationen „zum sinnentleerten Geschehen“, schreibt Weiß in einem Gutachten für die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Die Beteiligung der Parlamente, so beklagt der Professor der Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, werde auf pure „Verfahrensmitwirkung reduziert“. Außerdem sei entgegen der landläufigen Meinung ein Nein eines Mitgliedstaates nicht automatisch das Ende von Ceta. Je nach Verfassungsrecht können Regierungen Parlamentsbeschlüsse überstimmen. Es existiert ein ganzer Werkzeugkasten voller Gestaltungsmöglichkeiten, um den Ratifizierungsprozess in die Länge zu ziehen, auch wenn ein Land den Vertrag nicht zustimmt. Vor einer endgültigen Ablehnung könnte Ceta viele Jahre lang in Kraft sein und seine Wirkung entfalten, sollten die Pläne Realität werden. „Die negativen Folgen durch die Aufgabe des Vorsorgeprinzips, beispielsweise für die Gesundheit, wären unumkehrbar“, sagt Lena Blanken, Volkswirtin bei Foodwatch. „Egal, ob der ganze Vertrag oder nur Teile von Ceta vorläufig angewendet werden: Die Bürgerinnen und Bürger werden die Konsequenzen zu spüren bekommen. Und das, noch bevor ihre Parlamentarier darüber abgestimmt haben.“
(dts Nachrichtenagentur)
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