EU streitet über Ausweitung des Militäreinsatzes im Mittelmeer eventuell bis Ägypten
In der Europäischen Union gibt es Streit über eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen Schlepperkriminalität im Mittelmeer. Wie die "Welt" unter Berufung auf hohe informierte EU-Diplomaten berichtet, haben mehrere Mitgliedsländer, darunter Italien und Frankreich, gefordert, die EU-Mittelmeermission "Sophia" weiter in Richtung Ägypten und Kreta auszuweiten. "Es gibt konkrete Hinweise darauf, dass die Migrationsströme aus Ägypten zunehmen", sagte ein EU-Spitzendiplomat zur Begründung.
Bisher operiert die Mission "Sophia" in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste. Die Pläne einer Ausweitung des Operationsgebietes wurden aber in der vergangenen Woche nach "Welt"-Informationen nach einem Treffen der zuständigen Botschafter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) der EU von Griechenland blockiert. Darum hätten die EU-Außenminister bei ihrem Treffen in Brüssel am Montag darüber auch nicht beraten.
Die Regierung in Athen fürchtet, dass nach Umsetzung der Pläne auf der Insel Kreta ein neues großes Flüchtlingslager entstehen könnte, das sich negativ auf die Stimmung in der Bevölkerung und auf den Tourismus auswirkt. In Diplomatenkreisen hieß es auch, dass noch unklar sei, ob die EU über genügend Schiffe verfügt, um den Kampf gegen kriminelle Schleusernetzwerke bis vor die Küsten Ägyptens und möglicherweise sogar in ägyptische Häfen auszuweiten.
Die Bundesregierung hat auch deswegen eine ausführliche Prüfung der Pläne gefordert, bevor eine Entscheidung fällt. Hohe EU-Diplomaten wiesen aber ausdrücklich darauf hin, dass "eine Ausweitung des Einsatzgebietes der EU-Mittelmeermission Sophia in Richtung Ägypten und Kreta noch nicht vom Tisch ist".
Die EU muss sofort handeln
Führende deutsche EU-Parlamentarier forderten die Europäer unterdessen zu einem schnellen Handeln auf. Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), sagte der "Welt": "Es besteht die große Gefahr, dass nicht nur Libyen, sondern auch der Westen Ägyptens zu einer Durchgangsregion für Flüchtlinge wird." Darum sollte die EU ihren Militäreinsatz "möglichst bald" in Richtung Ägypten ausweiten. Lambsdorff: "Es müssen alle an einem Strang ziehen. Die EU muss sofort handeln. Man kann nicht erst mit den Vorbereitungen beginnen, wenn die Flüchtlingsströme aus Ägypten schon eingesetzt haben".
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), sagte: "Wir müssen in allen Staaten, wo Flüchtlingsrouten entstehen können, Vorkehrungen treffen. Ägypten ist ein interessantes Transitland für Flüchtlinge aus dem Sudan, Eritrea und Somalia." Es müsse verhindert werden, dass Menschenschmuggler dort in großem Umfang Fuß fassen. "Eine Ausweitung der EU-Mittelmeermission in Richtung Ägypten kann helfen, die Schleuser zu bekämpfen".
Brok betonte, dass Menschenschmuggler bereits heute systematisch versuchten, sich in kleinen Häfen im Westen Ägypten zu etablieren. Er fordert daher, die Schleuser bereits in den Häfen zu bekämpfen. "Wenn Menschen erst einmal auf dem Meer sind, dann kann man sie nach meinem christlichen Verständnis nur noch retten". Wichtig sei, den Dialog mit den afrikanischen Ländern zu suchen: "Viele Flüchtlinge stammen aus Ländern, die nicht den Prinzipien des Bundesverfassungsgerichts folgen. Wir müssen mit diesen Staaten reden und kooperieren, auch im Interesse der Flüchtlinge".
Hintergrund:
Die "Sophia"-Mission, an der sich die Bundeswehr mit bis zu 950 Soldaten beteiligt, war im vergangenen Jahr gestartet. Das bisherige Mandat läuft bis Ende Juli; es wurde am vergangenen Montag um ein Jahr verlängert. Die EU-Schiffe dürfen vor der Küste Libyens im Kampf gegen Schlepper verdächtige Boote stoppen, durchsuchen und beschlagnahmen. Zudem ist Ziel der Mission, Flüchtlinge aus Seenot zu retten. Bisher wurden 70 Schleuser fest genommen, mehr als 100 Boote zerstört und rund 13.000 Menschen durch die Soldaten gerettet.
Neben dem Kampf gegen Schleuser soll die EU-Soldaten künftig auch beim Aufbau der libyschen Küstenwache und der Marine kümmern, aber auch die Durchsetzung eines Waffenembargos der Vereinten Nationen (UN).
(dts Nachrichtenagentur)
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