Eskalation im Nahen Osten – Ist Soleimanis Tod eine Chance für den Irak? | ET im Fokus
Der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Ghassem Soleimani, kam am Donnerstag bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad ums Leben.
Das Pentagon in Washington übernahm die Verantwortung: Die Bombardierung sei auf Anweisung von Präsident Donald Trump erfolgt, um weitere Angriffe auf US-Kräfte zu verhindern – also als Akt der Verteidigung.
Ghassem Soleimani und seine Handlanger: Verbindung zu Obama?
Ghassem Soleimani war der führende Kopf hinter dem Versuch proiranischer Milizen, Anfang letzter Woche die US-Botschaft in Bagdad zu stürmen. Um den Angriff durchzuführen, war er jedoch auf aktive Handlanger vor Ort angewiesen.
US-Außenminister Mike Pompeo benannte als einer der Handlanger den Soleimani-Vertrauten Abu Mahdi al Muhandis, der am Freitag ebenfalls eliminiert wurde. Muhandis hatte mit Hadi al-Amiri und anderen proiranischen Milizsoldaten den bewaffneten Mob vor Ort mobilisiert. Sie drangen am 31. Dezember in die „Grüne Zone“ des US-Botschaftsgeländes ein und versuchten, das Gebäude zu stürmen.
Soleimanis Plan war es, zuerst die Botschaft zu stürmen, dann Feuer zu legen und das anwesende Botschaftspersonal zu töten und zu verbrennen. Die Angreifer stoppten die Aktion, als etwa 100 Soldaten der U.S. Marines an den Ort des Geschehens verlegt wurden.
Laut unserem Gastautor Reinhard Werner, „entbehrt nicht einer besonderen Pikanterie,“ dass insbesondere Hadi al-Amiri eine tragende Rolle beim Angriff auf die diplomatische Vertretung der USA in Bagdad hatte.
Werner führt weiter aus: Noch im Jahr 2011 war der heutige Milizenführer höchstpersönlich Gast im Weißen Haus beim damaligen Präsidenten Barack Obama. Damals war er noch Transportminister der irakischen Regierung unter Premierminister Nuri al-Maliki. Werners Beobachtung nach hat die Regierung Obama wenig dafür getan, um den damaligen Premierminister Maliki Einhalt zu gebieten.
Seine Politik brachte nicht nur die Autonome Kurdenregion im Norden des Landes, sondern auch die sunnitischen und turkmenischen Bevölkerungsteile gegen die Führung in Bagdad auf. Maliki gilt als Schlüsselfaktor bei der Entstehung und dem Aufstieg der Terrormiliz „Islamischer Staat“, kurz IS.
Laut Werner betrieb Obama zudem auch eine Sonnenscheinpolitik gegenüber dem Iran, der stetig versuchte, seinen Einfluss in der Region auszuweiten.
Der Tod Soleimanis als Game Changer im Irak?
Die Ausschaltung Ghassem Soleimanis könnte im Irak die Lage komplett verändern. Das Land wird von regierungskritischen Protesten heimgesucht, meinen führende Experten im Gespräch mit der englischen Ausgabe der Epoch Times.
Die Proteste richten sich unter anderem gegen die Einmischung des Iran im Nachbarstaat. Soleimani sei dabei der entscheidende Faktor hinter Teheran-hörigen Politikern im Irak gewesen, erklärt Nahostanalyst Sam Bazzi vom „Islamischen Anti-Terrorismus Institut“ und der Hisbollah Watch.
Bazzi zufolge verfügte Soleimani über eine Menge an politischem Gewicht und Einfluss unter den regionalen Proxys und politischen Verbündeten.
Sein Tod kommt zu einer Zeit, wo der Irak gespalten ist und sich anschickt, einen neuen Premierminister zu wählen.“ – so der Analyst.
Über die politische Bedeutung des Todes Soleimanis erklärte Kanishkan Sathasivam, politischer Analyst an der Salem State University, gegenüber der Epoch Times, dass dieser „mit Sicherheit die gefährlichste Figur im gesamten Mittleren Osten war und sein Tod bedeutender ist und noch größere Wirkung entfaltet als die Ausschaltung der Führer von Al-Kaida und ISIS.“
Sathasivam weist aber auch auf die Tatsache hin, dass es sowohl im Irak als auch in Syrien und sogar im Iran mehrere große Freudenkundgebungen anlässlich des Todes Soleimanis gegeben hat.
Der Analyst ist sich sicher, dass Soleimani von vielen als Hassobjekt angesehen wurde. Experten sehen in der Ausschaltung Soleimanis sowohl politische Chancen als auch Herausforderungen für die Regierung von Donald Trump und ihre Irak-Politik, denn langfristig wollen die USA den Irak stärken.
Abseits der Eliminierung eines der bekanntesten Feinde der USA, der selten seine Verachtung gegenüber allem Amerikanischem verborgen habe, sei Washington nun gefordert, seine Langzeitinteressen mit Bedacht weiterzuverfolgen, da diese sich mit denen des irakischen Volkes decken.
Politischen Analysten zufolge bleibt der Irak aber argwöhnisch gegenüber den Absichten der Amerikaner. Joseph A. Kechichian, Senior Fellow am König-Faisal-Zentrum für Forschung und Islamische Studien in Riad fasste die Situation gegenüber so zusammen:
Man hat wohl nicht vergessen, dass es die proiranische Politik der Regierung Obama war, die Teheran das Land auf dem Silbertablett serviert hatte, bevor Trump eine Kehrtwende einleitete.“
Daher stellt sich für den Analysten nun die Frage: „Werden die Iraker den Amerikanern wieder vertrauen und können die USA es sich leisten, die Zuversicht von so vielen wieder zu enttäuschen?“
(sza)
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