Eintritt in Irak-Krieg „voreilig“: Wird Tony Blair als Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen?
Die britische Untersuchungskommission zum Irak-Krieg, hat die Entscheidung des britischen Ex-Premier Tony Blair sich am Irak-Krieg zu beteiligen als "voreilig" bezeichnet. Im Jahre 2003 schloss sich Blair der Entscheidung des Ex-US-Präsidenten George Bush eine Invasion im Irak zu starten.
Die politische Entscheidung der damaligen Regierung sei gefallen, bevor alle "friedlichen Optionen für eine Entwaffnung" des Irak unter Machthaber Saddam Hussein ausgeschöpft worden seien, sagte der Kommissionsvorsitzende John Chilcot bei der Vorstellung des Berichts am Mittwoch in London, berichtet "Die Welt".
Auch die Pläne für die Nachkriegszeit kritisierte Chilcot als "völlig unzureichend".
Hintergrund:
Millionen Briten waren empört, Hunderttausende gingen in London auf die Straße. Der Eintritt in den Irakkrieg 2003 wühlte das Land auf: Ausgerechnet Tony Blair, ein Labour-Mann, schlug sich auf die Seite von US-Präsident George W. Bush, dem „Kriegstreiber“.
Hat Blair damals mit gezinkten Karten gespielt, über angebliche Chemiewaffen im Irak die Unwahrheit gesagt, gar gelogen? Ein seit langem erwarteter Untersuchungsbericht soll heute Licht ins Dunkel bringen – ein bisschen wenigstens.
Seit sage und schreibe sieben Jahren tagt die von der Regierung eingesetzte sogenannte Chilcot-Kommission – allein das sagt einiges über die Sprengkraft des Berichts aus. Noch ein vielsagender Superlativ: Der Bericht soll 2,6 Millionen Wörter lang sein – Weitschweifigkeit gilt ja mitunter als probates Mittel, Klarheit zu vermeiden. Soll Blair etwa geschont werden?
Ein Schwerpunkt der Untersuchung: Was waren seinerzeit die Gründe für den Krieg? Zwar ist längst klar, dass der irakische Diktator Saddam Hussein damals nicht über Massenvernichtungswaffen wie Giftgas oder Atombomben verfügte – wie amerikanische und britische Geheimdienste behaupteten. Die Frage lautet aber: Wie ist Blair damals mit den eher vagen Informationen der Schlapphüte umgegangen, hat er sie nochmals zugespitzt – und Minister, Abgeordnete und die Briten damit hinters Licht geführt?
179 britische Soldaten ließen von 2003 bis 2009 ihr Leben im Irak, Hundertausende Iraker starben im Krieg und in der folgenden Welle der Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten. Die von den Amerikanern und Briten geführte Invasion zerstörte die prekäre Machtbalance in Bagdad, heizte weltweit Glaubenskrieger und Terroristen an – verwandelte den gesamten Nahen Osten in ein Pulverfass. Ein UN-Mandat für den Krieg gab es nicht.
Manche Blair-Kritiker sehen den Ex-Premier schon arg in Bedrängnis. Alex Salmond, der ehemalige schottische Regierungschef, fasst bereits die Möglichkeit ins Auge, dass sich Blair als Kriegsverbrecher verantworten muss – vor einem schottischen Gericht.
Wilde Spekulationen schießen ins Kraut. Salmond und andere mutmaßen sogar, dass die gegenwärtige Revolte gegen Labour-Chef Jeremy Corbyn nicht zuletzt gestartet wurde, damit der überzeugte Kriegsgegner Corbyn „Kriegstreiber“ Blair jetzt nicht effektiv angreifen kann. Man sieht: Das Thema Irakkrieg geht noch immer unter die Haut.
Einer der Hauptstreitpunkte, die der Bericht klären soll, ist das berühmte Treffen zwischen Bush und Blair kurz vor Kriegsausbruch 2003 in Washington. Die Kommission hatte Einblick in Gesprächsprotokolle. Hatte Blair damals wirklich gesagt: „Ich bin fest an Ihrer Seite, Mr. President.“
Experten wie Robin Butler, ehemaliger Top-Regierungsbeamter, der selbst eine Irak-Untersuchung leitete, ist überzeugt, dass Blair die Geheimdienstinformationen seinerzeit übertrieben und zugespitzt hat. Die Geheimdienstler „hatten ihm gesagt, dass die Informationen willkürlich und lückenhaft sind“. Blair habe jedoch dem Unterhaus darauf gesagt, die Hinweise seien „umfassend, detailliert und verbindlich“. Allerdings, Butler fügt in einem BBC-Interview hinzu: „Ich nenne das keine Lüge“. Geht der Bericht mit Blair noch einmal pfleglich um?
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