China-Spediteur: Lieferengpass für Industrie schon kommende Woche möglich

Wie können die Lieferketten der Autoindustrie noch funktionieren, wenn Betriebe stillgelegt und Mitarbeiter im Zwangsurlaub sind? Ab kommender Woche müsste sich der Betrieb in China wieder normalisieren. Alle großen Fabriken in Wuhan wie die von General Motors, Nissan, Renault, Honda und Peugeot (PSA) – aber auch Daimler und VW – sind derzeit geschlossen.
Titelbild
Am Vorabend der Beijing Auto Show in Peking am 24. April 2018 unter einer Bildwand eines Volkswagen-Werbespots.Foto: NICOLAS ASFOURI/AFP über Getty Images
Von 7. Februar 2020

Bislang sind die Folgen des Coronavirus für die deutsche Industrie und die hiesige Wirtschaft nicht sonderlich stark. Wegen des chinesischen Neujahrs wären die Unternehmen in China ohnehin geschlossen gewesen. Deutsche Unternehmen konnten deshalb ihre angesammelten Vorräte erst einmal aufbrauchen.

„Business Insider“ hat die Berliner Spedition „Freighthub“ zu den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus in Deutschland befragt. Freighthub hat Niederlassungen in Hongkong sowie auf dem chinesischen Festland in Shenzhen, Shanghai, Ningbo. Auf ihrer Webseite bezeichnet sich das Unternehmen als das „Rückgrat des globalen Warenhandels“. Die Firma arbeitet mit über 1000 Verfrachtern zusammen und hat sich nach eigener Angabe „zum führenden digitalen Spediteur für See- und Luftfracht zwischen Europa, Asien und Nordamerika entwickelt“.

Worst case: Chinesische Firmen bleiben auf unabsehbare Zeit geschlossen

Viele Kunden sind verunsichert [und] (…) fühlen sich an die Sars-Epidemie vor 17 Jahren erinnert, die ebenfalls in China ausbrach und Unternehmen teils beträchtliche Verluste bescherte“, sagt Michael Ardelt, Manager bei Freighthub, gegenüber Business Insider.

Die amtlich verordnete Betriebsruhe endet in Wuhan am 9. Februar. Wie es weitergehen könnte, beschreibt Freighthub mit drei Szenarien:

Fall 1 – der schlimmste Fall: Das Gros der chinesischen Firmen bleibt auf unabsehbare Zeit weiter geschlossen. Ein Fall, den Freighthub für gut möglich hält. Denn China erwecke derzeit nicht den Eindruck, als habe es den Virus im Griff.

Fall 2: Nur die Provinz Hubei bleibt auf unabsehbare Zeit weiter geschlossen. Alle anderen Unternehmen laufen ab kommenden Montag wieder ganz normal.

Fall 3 – der beste Fall: Der Betrieb läuft – außer in der Provinz Hubei – ab kommender Woche ganz normal wieder an. Die Provinz Hubei startet vier Tage später.

Was kann die Autoindustrie jetzt tun?

Im besten Fall könnte es zu Engpässen vor allem bei der Zollabfertigung an den Häfen kommen. Im Fall Nummer 2 sieht die Spedition „schwerwiegende Auswirkungen“ für die Pharma- und Automobilindustrie.

In Wuhan sind von den weltweit führenden Unternehmen mehr als 300 angesiedelt, berichtete „zerohedge“. An deutschen Unternehmen sind unter anderem Volkswagen, BMW, der Autozulieferer Schaeffler, Brose, Bosch, Mahle, Siemens, SAP, Telekom, Webasto, Metro, tesa und Fresenius vertreten.

Epoch Times hat eine vollständige Liste über Unternehmen aus Deutschland bei der Industrie- und Handelskammer in China angefordert. Doch die Liste kann aktuell nicht zur Verfügung gestellt werden, da wegen des Coronavirus dort nicht gearbeitet wird.

Und was passiert im ‚worst case‘? „Business Insider“ sieht die Chemiebranche, den Fahrzeugbau, die Textilbranche und die Elektronikindustrie gefährdet. Hier könnte es zu Problemen bei Lieferketten kommen, denn den deutschen Herstellern könnten dann Lieferteile fehlen. Es blieben nur die Optionen: „Produktion herunterfahren“ oder „Alternativen finden“.

Autoindustrie besonders gefährdet

Ein wichtiger Produktionsbereich in Wuhan sind die Automobilindustrie und der Maschinenbau. 200.000 Menschen sind in zehn Autofabriken in Wuhan beschäftigt, die ihre Arbeit teilweise unterbrochen haben.

Seit Ende Januar sind alle großen Fabriken in Wuhan wie General Motors, Nissan, Renault, Honda und Peugeot (PSA) geschlossen. Auf Wuhan entfallen laut der Rating-Agentur „S&P Global Ratings“ 9 Prozent der gesamten Autoproduktion. Für das erste Quartal ist mit einem Einbruch von 15 Prozent bei der Automobilproduktion in China zu rechnen, so „S&P Global Ratings“ weiter.

Daimler und Volkswagen wollen die Fahrzeugproduktion in China am Montag (10.2.) wieder aufnehmen. Sie werden die Situation beobachten und bedarfsweise anpassen, ergänzten die Sprecher.

Volkswagen sagte am Mittwoch (5.2.), dass sich Auslieferungstermine an seine Kunden nicht ändern werden und Produktionen ohne Verzögerung von Lieferungen starten können. VW produziert 40 Prozent seiner Autos oder Autoteile in China in 24 Werken. Auch andere Autozulieferer wie Schaeffler und ZF Friedrichshafen haben laut „S&P Global Ratings“ Werke in Wuhan.

Toyota wollte seine Produktion am Montag (10.2.) wieder aufnehmen, muss die Werke aber noch mindestens eine Woche geschlossen halten. Toyota stellt 15 Prozent seiner Autos in China her.

Der französische Automobilhersteller „PSA“ (Citroën, Peugeot) wird das Werk in Wuhan mindestens bis zum 14. Februar geschlossen halten. Europäische Betriebe sollen noch nicht von „logistischen Störungen“ betroffen sein, sagte ein Sprecher der Unternehmensgruppe gegenüber „CNN Business“.

Zulieferer sind ebenfalls betroffen

Der Maschinenbauer Bosch sagte am Donnerstag (6.2.), dass die Werke auf Regierungsanweisung zunächst geschlossen bleiben, aber die Produktion „in den nächsten Tagen“ in vielen Regionen wieder starten soll. Auswirkungen des Virus auf das Unternehmen können noch nicht abgegeben werden, da es zu früh sei. Bosch ist der größte Hersteller von Autokomponenten mit vielen Werke in ganz China und zwei davon in Wuhan.

Auch außerhalb von Wuhan gibt es bereits Schwierigkeiten. Tesla kündigte Verzögerungen bei der Produktion neuer Fahrzeuge an. Tesla hat ein Werk in Shanghai.

Hyundai hat die Produktion in seinen Werken in Südkorea eingestellt, da Teile zur Produktion fehlten. An der Entscheidung von Hyundai werde deutlich, wie wertvoll China für die großen Lieferketten des verarbeitenden Gewerbes auf der ganzen Welt sei, sagte Simon MacAdam, Weltökonom bei Capital Economics. Die  Autoindustrie Koreas bezieht 29 Prozent der Teile aus China.

China als wichtigster Handelspartner Deutschlands

China liegt hinter den USA und Frankreich auf Platz Nummer drei der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Deutschland importierte im Jahr 2018 Güter im Wert von rund 106 Milliarden Euro. Die Exporte nach China betrugen 93 Milliarden Euro. Das Handelsvolumen (also der Wert der gehandelten Güter) betrug mit China fast 200 Milliarden Euro. Das ist ein Drittel des Handelsvolumens der EU mit China.

Ein weiteres Beispiel ist Apple. Die Stadt Zhengzhou wurde am 4. Februar abgeriegelt, es herrscht Ausgangssperre. In dieser Stadt befinden sich die wichtigsten Produktionslinien des iPhone (Apple/Foxconn). Täglich wird normalerweise eine halbe Million iPhones produziert, was der Hälfte der weltweiten iPhones-Produktion entspricht. Die Produktion wurde bis zum 9. Februar zwangsweise gestoppt.

Die Produktion von Foxconn in anderen Städten pausiert ebenfalls: In Suzhou bis zum 8., in Shanghai bis 9. und in Dongguan (Provinz Guangdong) bis 10. Februar.

Laut chinesischen Statistiken gaben Chinesen zum Neujahrsfest 2019 allein für Kino, Einkaufen und Besuchen in Restaurants insgesamt ca. 1.524 Mrd. RMB Yuan aus (ca. 200 Mrd. Euro), das entspricht ungefähr 1 Prozent des BIP im gesamten Jahr. Dieser Betrag fällt 2020 fast gänzlich aus, sagt der pensionierte Finanz- und Bankexperte Dr. Ng Ming Tak gegenüber Epoch Times in Hongkong.

 



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