Alberto Fernández: Argentinien ist „praktisch zahlungsunfähig“
Der neue argentinische Präsident Alberto Fernández hat angesichts der schwierigen Lage in seinem Land Parallelen zur schweren Wirtschaftskrise von 2001 gezogen. Argentinien befinde sich in einer Situation „praktischer Zahlungsunfähigkeit“, sagte Fernández am Sonntag im Fernsehsender América TV. „Es ist nicht genauso wie 2001, aber ähnlich“, sagte der linksgerichtete Politiker, der am 10. Dezember sein Amt angetreten hatte.
Während der bislang schwersten Wirtschaftskrise Argentiniens im Jahr 2001 habe die Armutsrate bei 57 Prozent gelegen, derzeit liege sie bei 41 Prozent, erklärte Fernández.
Damals hatten wir Schulden, mit denen wir in Verzug waren, heute befinden wir uns in einer Situation praktischer Zahlungsunfähigkeit.“
Im Vergleich zu damals sei nun der Inflationsprozess dazugekommen.
Argentinien durchlebt derzeit seine schwerste Wirtschaftskrise seit 17 Jahren. Die Staatsschulden belaufen sich auf rund 330 Milliarden Dollar (296 Milliarden Euro), was fast 90 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts entspricht. Die Inflationsrate lag zuletzt bei 55 Prozent, die Arbeitslosigkeit ist auf mehr als zehn Prozent gestiegen. Mehr als ein Drittel der Argentinier ist von Armut betroffen.
Notstandsgesetz verabschiedet: Steuererhöhungen für die Ober- und Mittelschicht
Im Wahlkampf hatte Fernández versprochen, Argentinien wieder „auf die Beine“ zu bringen und die Schulden zurückzuzahlen. Er machte seinen wirtschaftsliberalen Amtsvorgänger Mauricio Macri für die schlechte Situation verantwortlich.
Am Freitag verschob die Regierung eine Schuldenrückzahlung von rund neun Milliarden Dollar auf August 2020, was dazu führte, dass die Ratingagenturen Fitch und S&P die Kreditwürdigkeit des Landes herabstuften.
Am Samstag erhielt der Präsident aber Unterstützung vom Kongress: Die Abgeordneten verabschiedeten ein Notstandgesetz, das am Montag in Kraft treten sollte. Es beinhaltet unter anderem Steuererhöhungen für die Ober- und Mittelschicht und eine Steuer in Höhe von 30 Prozent auf den Devisenhandel.
Zudem hielt Fernández die Maßnahme seines Vorgängers aufrecht, den Kauf ausländischer Währungen auf monatlich 200 Dollar zu begrenzen. „Wir müssen dem Dollarsparen ein Ende setzen“, forderte der Präsident.
In Argentinien ist es üblich, dass Bürger angesichts von Wirtschaftskrisen Dollar als Fluchtwährung anhäufen, was zu einem Fall des argentinischen Peso und zu einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage geführt hat. (afp)
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