Ab Januar: Bundeswehr übernimmt Führung der schnellen Nato-Eingreiftruppe
Die Spannungen zwischen der Nato und Russland halten unvermindert an. Seit dem Ukraine-Konflikt und der Krim-Krise baut das Bündnis seine Präsenz in Osteuropa massiv aus. Wie im Kalten Krieg setzt die Allianz auf Abschreckung und will Russlands Präsidenten Wladimir Putin klarmachen, dass sie ihre osteuropäischen Mitglieder nicht im Stich lassen wird.
Als Reaktion auf die Krim-Krise beschloss die Nato bei ihrem Gipfel in Wales 2014 den Readiness Action Plan (RAP). Ein wichtiges Ergebnis dabei war die Beschleunigung der Reaktionsfähigkeit.
„Speerspitze“ – Schnelle Eingreiftruppe der Nato
Eine schnelle Eingreiftruppe – die „Speerspitze“ mit 5000 Soldaten – ist nunmehr ständig in Alarmbereitschaft und soll teils binnen 48 Stunden in Krisengebiete verlegt werden können. Über einen Einsatz würde auf politischer Ebene seitens der Nato-Mitgliedsländer entschieden, anschließend der Bundestag über eine deutsche Beteiligung.
Die Speerspitze (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF) ist Teil der bisherigen Eingreiftruppe NATO Response Force (NRF), die nach Wales von ursprünglich 13.000 auf 40.000 Soldaten ausgebaut wurde.
Am 1. Januar übernimmt Deutschland als sogenannte Rahmennation erneut die VJTF-Führung. Die betroffenen Bundeswehr-Kontingente sind dann in Bereitschaft (Stand by).
VJTF und EU-Battlegroups im Baltikum sollten im Ernstfall wie ein „mobiler Stolperdraht“ wirken, sagt Rainer Glatz von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Vor allem aber dienen die multinationalen Truppen der Abschreckung.
Das Rotationsprinzip der Einsatzbereitschaft
Das VJTF-Rotationsprinzip kennt drei Phasen: eine vorbereitende Stand-up-Phase (Zeit bis zur Einsatzbereitschaft: 45 Tage), die Stand-by-Phase (zwei bis sieben Tage), und die sich anschließende Stand-down-Phase (30 Tage).
Nach diesem Prinzip sind stets drei Nationen mit unterschiedlichen Reaktionszeiten einsatzbereit. Der Nato stehen also im Ernstfall binnen zwei bis maximal 45 Tagen drei Brigaden zur Verfügung. Polen ist ab 2020 in Stand by, Deutschland wechselt dann ins Stand down.
Insgesamt besteht die VJTF im kommenden Jahr aus rund 8000 Soldaten. Nach jüngstem Planungsstand sind neun Länder beteiligt – neben Deutschland die Niederlande, Norwegen, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Tschechien, Lettland und Litauen.
Das deutsche Heer stellt etwa 4000 Soldaten bereit. Dazu kommen weitere rund tausend Soldaten aus anderen Bereichen wie Sanitätsdienst oder Cyberkräfte. Leitverband ist die Panzerlehrbrigade 9 aus Munster unter Kommandeur Ullrich Spannuth.
Für die Bundeswehr eine erhebliche Anstrengung
Wichtiger als die vergleichsweise geringe Größe und Schlagkraft sei das „politische Signal“, das von der VJTF ausgehe, sagt Glatz. „Diese Kräfte sind multinational integriert. Das heißt nach den Theorien und Logiken der Abschreckung, dass (…) man es bei einer militärischen Eskalation nicht nur mit einem baltischen Staat zu tun bekommt, sondern im Grunde mit einer Reaktion der gesamten Nato.“ Das sei aus Sicht Moskaus ein „ganz anderes Risikokalkül“, zumal die Nato Russland militärisch überlegen sei.
Für die Bundeswehr, die unter chronischen Materialmängeln und Personalsorgen leidet, ist die VJTF-Führung eine große Herausforderung – logistisch war vor allem die knapp bemessene Zeit zwischen dem Großmanöver „Trident Juncture“ in Norwegen im Herbst und dem Start der VJTF ein Kraftakt. Bei dem Großmanöver erfolgte die VJTF-Zertifizierung der Bundeswehrtruppen.
Mit dem Ergebnis ist man im Bundesverteidigungsministerium zufrieden. Die Übung sei bewusst so angelegt gewesen, Schwächen zu identifizieren, sagte ein Sprecher. Verbesserungsbedarf gebe es noch bei der Kooperation mit kleineren Nato-Partnern. Die schnelle Verlegung der Truppen habe aber gut funktioniert.
Insgesamt aber bedeutet die VJTF eine erhebliche Anstrengung, da sie über einen Zeitraum von drei Jahren Kräfte in der Stärke einer Brigade bindet. Diese stehen dann nicht für andere Einsätze und multinationale Verpflichtungen bereit. (afp)
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