Wegen Verlust der Sperrminorität in Ausschüssen: AfD-Fraktion will Verfassungsgerichtshof anrufen

Die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag wird im Lauf der kommenden Woche Klage beim Landesverfassungsgerichtshof in Weimar einreichen. Hintergrund ist der Verlust ihrer Sperrminorität in den Landtagsausschüssen durch entsprechende Änderungen der Geschäftsordnung.
Titelbild
Blick über Weimar, den Sitz des thüringischen Landesverfassungsgerichtshofs.Foto: istockphoto/typo-graphics
Von 18. Oktober 2024

Die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag wird spätestens bis zum 25. Oktober 2024 Klage beim Landesverfassungsgerichtshof (VerfGH) in Weimar einreichen. Das hat Torben Braga, der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, auf Anfrage der Epoch Times mitgeteilt. Braga hatte den Schritt bereits während der konstituierenden Sitzung des Landtags am 28. September 2024 angekündigt.

Seine Fraktion habe am Mittwoch, 16. Oktober, beschlossen, „die Beschlüsse zur Einsetzung der Fachausschüsse des Landtags mit lediglich zwölf Mitgliedern, vier davon aus der Fraktion der AfD, verfassungsgerichtlich anzugreifen“, erklärte Braga. „Die Klage wird im Laufe der kommenden Wochen eingereicht.“ Danach sei allerdings „kaum absehbar, wie lange der VerfGH für eine Entscheidung“ benötigen werde.

Neue Regelung bedeutet Verlust der Sperrminorität in Ausschüssen

Die AfD-Fraktion reagiert damit auf eine Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags (PDF), die am 28. September von den übrigen Fraktionen gegen den Willen der AfD kurzfristig durchgesetzt worden war. Auf Antrag von CDU und BSW wurde nicht nur die absolute Sitzzahl in den Ausschüssen auf maximal zwölf festgelegt, sondern auch ein anderes Berechnungsverfahren für die Zuteilung von Fraktionsmitgliedern auf diese zwölf Sitze eingeführt. Es gilt nun das Rangmaßzahlverfahren gemäß Sainte-Laguë/Schepers, nicht mehr das Höchstzahlverfahren nach Victor d’Hondt.

Konkret bedeutet das, dass die AfD nur jeweils vier Abgeordnete in die Fachausschüsse entsenden darf. Nicht genug, um die Beschlüsse der acht übrigen Ausschussmitglieder aus den anderen Fraktionen blockieren zu können. Denn dazu bedürfte es mehr als einem Drittel der Sitze.

Die Sitzverteilung im Plenum nach den Landtagswahlen 2024 in Thüringen. Foto: ts/Epoch Times

AfD sieht „Grundsatz der Spiegelbildlichkeit“ verletzt

Die AfD hätte somit momentan also keine Möglichkeit, ihre parlamentarische Stärke von mehr als einem Drittel der Sitze im Plenum (32 von 88) per Sperrminorität auch in den Ausschüssen auszuspielen. Die Partei sieht damit den „Grundsatz der Spiegelbildlichkeit“ gemäß Paragraf 70 (2) der Landtagsgeschäftsordnung verletzt: Dessen Einhaltung sei erst bei einer Sitzzahl von 14 pro Ausschuss gewährleistet, wie Braga bei der Konstituierung des Landtags argumentierte (Video ab circa 3:06:40).

Durch die auf nur zwölf begrenzte Sitzzahl landet die CDU aktuell bei nur noch drei Sitzen, für die übrigen Fraktionen ändert sich nichts. Die gesamte Sitzverteilung sieht zum Ärger der AfD-Fraktion derzeit wie folgt aus:

  • AfD: 4
  • CDU: 3
  • BSW: 2
  • Linke: 2
  • SPD: 1

Am frühen Freitagnachmittag des 18. Oktober steht im Erfurter Landtag die konstituierenden beziehungsweise ersten Sitzungen des Europaausschusses, des Haushalts- und Finanzausschusses, des Petitionsausschusses und des Justizausschusses auf der Tagesordnung.

Aktuelle Regelung bedeutet mehr Ausschussmacht für die Anti-AfD-Fraktionen

Falls sich die AfD vor dem VerfGH nicht wird durchsetzen können, könnten die von den übrigen Fraktionen gestellten acht Ausschussmitglieder nach Angaben der „Tagesschau“ nun stets eine gemeinsame Zweidrittelmehrheit bilden, die sie im Plenum eigentlich nicht besitzen. Somit könnten sie etwa die Abwahl von Ausschussvorsitzenden oder ihren Stellvertretern beschließen, ohne dass die AfD dies verhindern könnte. Sie dürften auch ohne jegliche Stimme der AfD darüber entscheiden, ob – je nach Thema – öffentlich oder geheim getagt werden soll.



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