Was man über die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland wissen kann

Zahlen sind schwer zu bekommen, aber die Lieferungen deutscher Waffensysteme lassen Rückschlüsse zu, wie viele ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet werden.
Titelbild
Bundeswehrpanzer „Marder“.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 17. Januar 2023

Die Fragen, wie viele ukrainische Soldaten nun eigentlich an was und von wem in Deutschland ausgebildet werden, gestaltet sich kniffelig. Und das schon deshalb, weil der militärische Gegner, in diesem Fall der russische Angreifer, keine Informationen darüber bekommen soll, wie weit die hierzulande ausgebildeten ukrainischen Verteidiger zwischenzeitlich an welchem kriegseinsatzfähigen Gerät ausgebildet und wann sie aktiviert und ins Feld geschickt werden können.

Wenig zurückhaltend meldeten verschiedene Medien und unter anderem der „Bayerische Rundfunk“(BR), dass auf dem US-Truppenübungsplatz in Grafenwöhr in der Oberpfalz seit dem 16. Januar das „Kampftraining von Ukrainern“ begonnen hätte. 500 ukrainische Soldaten seien jetzt vor Ort und begännen ihr Training, der Besuch eines hohen amerikanischen Militärs wurde hier ebenfalls angekündigt.

US-Generalstabschef Mark Milley wird vom BR dazu folgendermaßen zitiert:

„Ziel der Ausbildung ist es, ein Bataillon aus rund 500 Soldatinnen und Soldaten in den nächsten fünf bis acht Wochen für den Abwehrkampf gegen Russlands Angriffstruppen auf das Schlachtfeld zurückzuschicken“.

Schon vor einer Woche meldete der Sender, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den US-amerikanischen Bradley-Schützenpanzern auf dem Truppenübungsplatz im oberpfälzischen Grafenwöhr stattfinden soll. Dagegen seien die Schulungen am Patriot-System nach Pentagon-Angaben in den USA geplant.

Währenddessen verlegt die Bundeswehr eigene Patriot-Systeme nach Polen. Auch von der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland an diesem System ist im Verteidigungsministerium die Rede, seitdem eine Patriot-Feuereinheit der Ukraine direkt zugesagt wurde. Zur geplanten Zahl der Ukrainer, die daran beteiligt werden sollen, macht das Verteidigungsministerium bisher auch auf Nachfrage von Epoch Times keine Angaben.

Proteste gegen US-Standorte als Teil einer links-grünen DNA

Die Liste der US-Militärstandorte in Deutschland ist lang. Sie sind Teil der United States Army Europe, der amerikanischen Landstreitkräfte in Europa.

Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen arbeiten sich in Deutschland seit Jahrzehnten an dieser US-Militärpräsenz ab. Und das sind beileibe nicht ausschließlich Rechte oder Reichsbürger, die etwa Mängel an der deutschen Souveränität ins Feld führen. Die überwiegende Kritik kommt hier traditionell von Linksaußen beziehungsweise aus der sogenannten Friedensbewegung.

Die 68er-Bewegung sah die US-Base Ramstein als Teil der Kriegsmaschinerie der USA gegen das vietnamesische Volk, der Terror der Roten Armee Fraktion richtete sich maßgeblich gegen Stützpunkte der Amerikaner in West-Deutschland. Die Friedensbewegung der 1980er-Jahre wandte sich gegen die Stationierung US-amerikanischer Cruise-Missile- und Pershing-II-Raketen in Deutschland.

Ein „Netzwerk Friedenskooperative“ – ihr Vorläufer war Organisator der großen Demos der 1980er-Jahre gegen besagte Stationierung von Atomraketen – schrieb 2011 zu den US-Militärstützpunkten: „Die Bundesrepublik Deutschland ist wegen der weltweit einmaligen Häufung von US-Militärbasen und der zahlreichen hochkarätigen US- und NATO-Kommandozentralen auf ihrem Territorium in alle völkerrechtswidrigen Angriffskriege der USA und der NATO verstrickt.“

Wann ist Deutschland Kriegspartei?

Die Frage einer solchen Verstrickung ist 2022/23 und im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eine viel diskutierte Frage mit besonderem Fokus auf Waffenlieferungen und Spezialausbildungen von Streitkräften beziehungsweise Soldaten. Oder verkürzend zusammengefasst: Wann ist Deutschland Kriegspartei?

Völkerrechtler Christoph Safferling beispielsweise kommentiert gegenüber dem „Deutschlandfunk“, es mache keinen Unterschied, „ob man nach dem Marder noch den Leopard 2 liefere“.

Wie sieht es hier mit der Ausbildung von Soldaten aus? Man kann drei unterschiedliche Initiativen beziehungsweise Ausbildungsstätten benennen, an denen das in Deutschland passiert. Zum einen durch die US-Streitkräfte, dann durch die Bundeswehr, zudem wurde auf EU-Ebene beschlossen, ukrainische Soldaten auszubilden.

Die „Deutsche Welle“ titelt dazu Mitte Oktober 2022: „EU-Staaten wollen Soldaten ausbilden“. Geeinigt hatte sich die EU auf eine „Ausbildungsmission“ für die ukrainischen Streitkräfte:

„Der Ausschuss der ständigen Vertreter der 27 Mitgliedstaaten billigte in Brüssel einstimmig Pläne, die Trainingsprogramme für rund 15.000 Soldaten vorsehen, wie die „Deutsche Presse-Agentur“ unter Berufung auf Diplomaten berichtet.“

Und zum Sicherheitsaspekt heißt es da: „Um das Risiko zu minimieren, dass Russland die Mission angreift, soll die Ausbildung demnach nicht in der Ukraine, sondern in Ländern wie Polen und Deutschland organisiert werden.“

Die damalige Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte am Rande eines NATO-Treffens erklärt, dass Deutschland einen „signifikanten Beitrag“ zu dieser Ausbildungsmission leisten werde. Deutschland starte hier mit 500 ukrainischen Soldaten, hieß es aus EU-Kreisen, die EU-Mission sei zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Die „Deutsche Welle“ berichtete, dass in diesem Rahmen „Scharfschützen geschult“ und „Fähigkeiten in Bereichen wie Minenräumung und Sanitätsdienst“ vermittelt werden sollten. Jetzt stellt die Lieferung von vierzig Marder-Schützenpanzern die Ausbildung der Ukrainer noch einmal vor ganz neue Herausforderungen.

Diese Überlegungen sind eine Annäherung an die von Geheimhaltungsgründen verstellte Frage, wie viele ukrainische Soldaten eigentlich bereits in Deutschland ausgebildet werden: Es hängt maßgeblich damit zusammen, welches Kriegsgerät Deutschland in die Ukraine liefert.

Auch für die von Deutschland bereits in die Ukraine freigegebenen Gepard-Flugabwehrkanonenpanzer ist eine Einweisung erforderlich, ebenso wie am hochmodernen, ebenfalls ausgelieferten „IRIS-T-SLMSurface Launched Medium Range-Luftverteidigungssystem“, welches besonders die großen Städte der Ukraine vor Luftangriffen schützen soll.

Die ukrainische Armee hatte vor Kriegsbeginn geschätzt bis zu einer Million Reservisten, allesamt ausgebildet an russischem Gerät. Hier ist eine Ausbildung an den genannten westlichen Waffensystemen demnach unerlässlich, wenn diese effektiv zum Einsatz kommen sollen.

Schaut man auf die Lieferung der vierzig deutschen Marder und bezieht hier noch den ukrainischen Wunsch nach Leopard-Panzern mit ein, die laut Hersteller Rheinmetall, wenn überhaupt, dann sowieso erst 2024 lieferbar wären, dann ist es mit der Ausbildung allein noch nicht getan.

Vierzig Marder im Einsatz bedeutet etwa fünfhundert Soldaten, die hier eingebunden sind. Die Schützenpanzer könnten maximal ein paar Tage im Einsatz sein, um dann in der Etappe von einer geschulten Instandsetzungstruppe wieder vollumfänglich einsatzfähig gemacht zu werden.

So ein Marder im Einsatz hat ein hohes Verschleißpotenzial

Einfacher ausgedrückt, so erklärt es ein Bundeswehrfachmann mit Kampferfahrung in Afghanistan im Informationsgespräch mit Epoch Times, müssten die dreifache Menge an Mardern im Mehrschichtsystem eingesetzt werden, um den Einsatz von vierzig Schützenpanzern abzusichern:

„Ein deutsches Bataillon hat 44 Marder im Bestand. Jetzt haben wir also vierzig Marder für die Ukraine, quasi ein Bataillon. Aber es muss ausgewechselt werden. Über den Daumen gepeilt ist da nach fünf Tagen je nach Kampfeinsatz und Verschleiß Schluss. Dann müssen die Marder rausgenommen werden aus dem Gefecht. Die Maschinen müssen gewartet, das muss instandgesetzt werden. Da ist ein hoher Instandsetzungsbedarf. Und dann können Sie nicht einfach sagen: ‚Okay, wir machen Pause.‘ Also eigentlich brauchen Sie drei Bataillone, um durchhaltefähig zu sein.“

Der Militärfachmann erläutert, dass die Bundesregierung diese Ausbildungsgänge allein entscheiden kann. Das wäre damals bei der Ausbildung der kurdischen Peschmerga gegen den IS schon so gewesen. Die fand auch teilweise in Deutschland statt.

Der Verteidigungsausschuss, dem die parlamentarische Kontrolle der Verteidigungspolitik obliegt, muss hier nicht zustimmend befragt werden. Der Ausschuss hat lediglich das Recht, nachzufragen und Antworten zu bekommen.

Gegenüber Epoch Times sieht der Fachmann speziell zum Projekt „40 Marder“ weitere Schwierigkeiten:

„Das ist nicht einfach ein Schützenpanzer, sondern ein sehr komplexes System. Da sitzt ein Kommandant, ein Richtschütze, hinten die Grenadiere. Jeder mit seinen Aufgaben. Der Marder fährt und schießt, gleichzeitig wirkt er im Verbund mit Kampfpanzern. Aber wo sind die? Dann laufen hinten noch Soldaten raus, die abgesessen kämpfen. Das muss alles exakt koordiniert werden in allen Funktionen. Der Job des Panzergrenadiers ist besonders kompliziert.“

Aber was passiert dann vor Ort im Gefecht? Gegenüber Epoch Times erklärt der Bundeswehrfachmann: „Man könnte natürlich auch sagen, ich fahr’ einfach mit diesem Panzer ein Stück weit nach vorne, nutze die Bordmaschinenkanone und schieße und fahre wieder zurück. Aber dann wird das Gerät falsch eingesetzt. So bleibt der Marder weit unter seinen Möglichkeiten. Man muss das dann fast schon missbräuchlich nennen.“



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