Wagenknecht hält an Kernbehauptung über Höckes Abschiebepläne fest

Obwohl der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht anwaltlich zur Unterlassung auffordert, will Wagenknecht offenbar nur leicht von ihrer Behauptung abrücken: Ihrem Verständnis nach wolle Höcke eben „nur“ 24 Millionen Menschen aus Deutschland abschieben.
Wagenknecht erneuert Bedingungen für Teilnahme an Koalitionen. (Archivbild)
Die BSW-Gründerin und -Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht rudert auf Druck der AfD nur leicht zurück (Archivbild).Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 18. Oktober 2024

Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht hat eingeräumt, den thüringischen AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke während ihres TV-Duells mit der AfD-Coparteisprecherin Alice Weidel nicht ganz korrekt wider gegeben zu haben.

In einem Interview mit dem Nachrichtensender „Welt“ korrigierte sie sich dahingehend, dass Höcke wohl nicht 20 bis 30 Millionen Menschen aus Deutschland abschieben wolle. Korrekterweise hätte sie von „20 bis 30 Prozent“ sprechen sollen, bekräftigte Wagenknecht. „Dann würden wir ‚nur‘ über 24 Millionen sprechen“, rechnete die BSW-Gründerin vor. „Ob das nun für die Menschen einen großen Unterschied macht?“

Wagenknecht hatte während ihres Schlagabtauschs mit Weidel am 9. Oktober 2024 auf „Welt TV“ zum Thema Abschiebungen gesagt: „Wir reden hier nicht über 20 bis 30 Millionen Menschen. Herr Höcke spricht aber über 20 bis 30 Millionen, die er remigrieren möchte. Und ehrlich gesagt: Das ist ein Schüren von Ressentiments“. Die Sendung ist auf YouTube in voller Länge abrufbar, das Zitat findet sich etwa bei Minute 48:10.

Wagenknecht beruft sich auf FAZ

Am Donnerstag, 17. Oktober, erklärte Wagenknecht nun in ihrem jüngsten „Welt“-Interview: „Tatsächlich, ich habe in dem Falle falsch zitiert. Allerdings nicht bewusst, sondern ich habe das Zitat aus der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ übernommen.“ Als der Artikel im August erschienen sei, hätten weder Höcke noch dessen Mitarbeiter den Text bemerkt. Womöglich sei es ihm auch „egal“ gewesen, mutmaßte Wagenknecht (Video ab circa 6:20 Min. auf YouTube).

Auf die Quelle „Frankfurter Allgemeine“ (FAZ) hatte sich Wagenknecht bereits am 14. Oktober auf ihrem X-Kanal berufen. Doch sowohl im aktuellen „Welt“-Interview als auch auf X stellte sie den Sachverhalt noch immer deutlich anders dar als Höcke selbst. Wagenknecht hatte am vergangenen Montag geschrieben:

Mea maxima culpa: Ich habe mich auf einen FAZ-Artikel vom 24.8.24 bezogen, laut dem #Höcke 20-30 Millionen Menschen in Deutschland loswerden will. Tatsächlich hat er von 20-30 Prozent gesprochen. Ich korrigiere: Es sind also „nur“ bis zu 25 Millionen.“

FAZ-Autor Justus Bender hatte in seinem Text „Der Führer ist schüchtern“ (Bezahlschranke) ein Höcke-Zitat wider gegeben, nach dem Deutschland „ohne Probleme mit zwanzig bis dreißig Millionen weniger Menschen leben“ könne (Bildschirmfoto).

Höcke sieht Zitat aus dem Zusammenhang gerissen

Nach Darstellung Höckes stammt dieses Zitat aus einer Fragen-Antwort-Runde, der er sich während eines AfD-Bürgerstammtisches in Gera am 12. Dezember 2023 gestellt hatte (Video auf YouTube). Der Passus sei allerdings aus dem Zusammenhang gerissen: Er habe die Zahl „20 bis 30 Millionen“ damals gar nicht auf das Thema Remigration gemünzt, sondern auf den „Geburtenrückgang in Deutschland und den ‚demographischen Wandel‘ bezogen, erklärte Höcke in einer Pressemitteilung vom vergangenen Dienstag, 15. Oktober.

Mit ihrer anderslautenden Aussage aus ihrem TV-Duell mit Alice Weidel habe die BSW-Chefin also eine „glatte Lüge“ verbreitet, so Höcke. Wagenknecht habe ihre Behauptung, er wolle „20 bis 30 Millionen Menschen“ abschieben, zwar noch am Vortag „relativiert“, stelle Höcke klar, ohne Wagenknechts Verweis auf die FAZ zu erwähnen. Den Kern ihrer Äußerung habe sie aber „nicht verändert“.

Höcke verwies in seiner Erklärung ausdrücklich auf ein halbstündiges Video des YouTubers „Clownswelt“, der Teile des TV-Duells zwischen Wagenknecht und Weidel analysiert und Höckes Ausführungen aus Gera gegenübergestellt hatte.

Juristische Schritte eingeleitet

Der AfD-Landeschef hatte zugleich angekündigt, sich auf juristischem Wege wehren zu wollen – und zwar nicht nur gegen die BSW-Chefin persönlich, sondern auch gegen solche Medienhäuser, die diese „diffamierende Äußerung selbst oder unter Berufung auf Sahra Wagenknecht verbreiten“.

Wagenknecht bestätigte in ihrem jüngsten „Welt“-Interview, tatsächlich Post von Höckes Anwalt bekommen zu haben: „Ich find‘ das schon bemerkenswert“, erklärte die BSW-Chefin. Wie sie auf die Aufforderung, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, reagiert hat oder noch reagieren werde, ließ sie offen: „Man wird jetzt sehen, wie das weiter geht“. Bereits am Montag hatte eine Sprecherin Wagenknechts gegenüber „T-online“ klargestellt:

Frau Wagenknecht bezog sich auf einen Artikel der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘, der falsch zitiert. Wenn Herr Höcke klagen möchte, soll er also die FAZ verklagen.”

Wagenknecht selbst nutzte ihren jüngsten „Welt“-Auftritt zum verbalen Konter gegen Höcke: „Ich glaube, sein Kernproblem ist, dass er auf der einen Seite, wenn seine Hardcore-Anhänger vor ihm stehen, er ja schon ziemlich deutlich sagt, was er denkt“, meint Wagenknecht. Der AfD-Landeschef wisse aber zugleich, „dass die vielen Menschen, die AfD wählen, auch gerade im Osten, natürlich keine Nazis wählen wollen. Und dadurch schlägt er immer solche Volten.“

Als Beispiel verwies Wagenknecht auf das TV-Duell zwischen Björn Höcke und Mario Voigt (CDU) vom Frühjahr, bei dem Höcke den Begriff der Remigration auch so verstanden wissen wollte, dass deutsche Staatsbürger im Ausland nach Deutschland zurückkehren sollten.

Die Epoch Times hatte sowohl Sahra Wagenknecht als auch Björn Höcke schon am Mittwoch beziehungsweise Donnerstag jeweils kurze Fragenkataloge zum Stand der Dinge zugeschickt. Bis zum Freitagmittag lag uns von beiden Seiten allerdings noch keine Reaktion vor.

BSW und AfD mit anderen Unterlassungsaufforderungen erfolgreich

Wagenknecht hatte übrigens erst in jüngster Vergangenheit erfolgreich eine Unterlassungserklärung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwirkt. Habeck verpflichtete sich, öffentlich nicht mehr die Behauptung aufzustellen, das BSW werde aus Moskau finanziert. Die AfD hatte daraufhin gegenüber der Epoch Times bestätigt, dass auch sie sich mit juristischen Mitteln gegen die im selben Atemzug gegen die AfD geäußerten Worte des Vizekanzlers wehren wolle.

Die AfD-Bundespartei hatte in der ersten Jahreshälfte 2024 ebenfalls bereits eine Unterlassungserklärung durchgesetzt – allerdings gegen den CDU-Parteichef Friedrich Merz. Der Oppositionsführer willigte im Juni schriftlich ein, nicht mehr zu behaupten, dass Funktionsträger oder Abgeordnete der AfD die Zugangsdaten zu ihren Social-Media-Konten an die AfD-Bundesgeschäftsstelle liefern würden, um von dort aus Botschaften zentral steuern und über sämtliche Kanäle ausspielen zu lassen.



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