Wagenknecht: „Die Linke zerstört sich leider ganz ohne mich“
Die Konfrontation zwischen der Linkspartei und ihrer prominenten Angehörigen Sahra Wagenknecht scheint sich immer weiter zuzuspitzen.
Wagenknecht behält sich weiterhin die Option vor, eine neue Partei zu gründen. Bis Ende des Jahres will sie eine Entscheidung getroffen haben, bestätigte sie im Interview mit dem Magazin „Stern“.
Kein Wahlkampf mehr für die Linke
Vorwürfen aus den Reihen der Linken, sie schade mit ihren öffentlichen Überlegungen ihrer Stammpartei, wies Wagenknecht zurück: „Die Linke zerstört sich leider ganz ohne mich.“ Momentan scheint das Tischtuch zumindest schwer angerissen: Mit den Worten „Ich kann für eine Linke, die noch nicht mal bereit ist, eine große Friedenskundgebung zu unterstützen, keinen Wahlkampf mehr machen, ohne mich zu verbiegen“, stellte Wagenknecht klar, dass ihre Partei momentan nicht auf ihr Zugpferd bauen kann. Eine erneute Kandidatur für die Linke hatte Wagenknecht bereits Anfang März ausgeschlossen.
Schirdewan spricht von „parteischädigendem“ Verhalten
Co-Parteichef Martin Schirdewan hatte der Wahl-Saarländerin laut „Tagesschau“ am 20. März die Leviten gelesen: Es sei „parteischädigend“ und „respektlos gegenüber den vielen tausend Mitgliedern vor Ort, die sich tagtäglich für die Linke einsetzen“, mit dem Gedanken einer Parteineugründung abseits der Linken zu spielen.
Etwaige Repressalien bei Nichtbeachtung deutete Schirdewan allerdings nur an: Sollte Wagenknecht seiner Aufforderung nicht folgen, dann möge sie auch die „Konsequenzen“ ziehen.
Wissler kritisiert hohe Nebeneinnahmen
Auch die Co-Parteichefin Janine Wissler ist längst nicht mehr gut auf Wagenknecht zu sprechen: Sie habe zu hohe Nebeneinkünfte und vernachlässige ihre Arbeit im Bundestag. „Wenn Abgeordnete Zehntausende Euro Nebenverdienste haben und sogar Geld von der Schweizer Finanzindustrie nehmen, dazu hoch dotierte Podien und Vorträge bei der Wirtschaft, ist das ein Problem“, erklärte Wissler nach Informationen der „Berliner Zeitung“ gegenüber der Funke-Mediengruppe.
Für gewählte Abgeordnete gehöre es sich, auch „die Interessen der Bevölkerung im Parlament zu vertreten“, so Wissler über ihre Vorstellung von Prioritäten. „Da sitzt man bis spät in die Nacht in Ausschüssen, bereitet Anträge vor, nimmt an den Abstimmungen teil und pendelt in den Wahlkreis“. Und dies gelte „auch für Sahra Wagenknecht“.
Allein 720.000 Euro für Linken-kritisches Buch
Agenturangaben zufolge hatte eine Auswertung der Bundestagsprotokolle tatsächlich ergeben, dass Wagenknecht wenig Präsenz im Bundestag zeigt und relativ selten an Abstimmungen im Plenarsaal teilnimmt. Neben ihrer monatlichen MdB-Diät von gut 10.000 Euro hatte Wagenknecht nach eigenen Angaben allein 2022 rund 750.000 Euro an Nebeneinkünften erzielt. Der Löwenanteil von gut 720.000 Euro stammt demnach aus den Verkäufen ihres Bestsellers „Die Selbstgerechten“ (Campus Verlag). Darin hatte Wagenknecht nicht mit Kritik an ihrer eigenen Partei gespart und auch die „Lifestyle-Linken“ aufs Korn genommen.
Die Linken-Vizechefin Katina Schubert hatte sich dazu bereits Anfang März mit wenig Verständnis geäußert. Wagenknecht arbeite „schon lange auf eigene Rechnung. Ihr Geschäftsmodell ist, gegen die Partei zu hetzen, ihr ganzes Buch basiert darauf“, so Schubert im Gespräch mit der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa). Für die Linke mache Wagenknecht „schon lange“ keine Politik mehr. Auch Schubert deutete an, Wagenknecht am liebsten nicht mehr in der Partei zu sehen: „Ich sag’s mal so: Reisende soll man nicht aufhalten.“
Auf Wagenknechts offiziellem Bundestagsprofil tauchen für das Jahr 2022 Honorarzahlungen unter anderem vom Züricher „Efficiency Club“ (4.042,42 Euro), von der Swiss Rock Asset Management AG (10.000 Euro) und vom Schweizerischen Institut für Auslandforschung (10.000 Euro) auf. Außerdem verbuchte sie ein Ausfallhonorar von der DEKA-Investmentkonferenz (7.735 Euro). Wagenknecht war zuletzt über die Linken-Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Bundestag gekommen und gehört dort dem Finanzausschuss an. Sie gehört dem Parlament seit 2009 an.
Offenbar kann sie sich nach der Legislatur auch ein Leben abseits des Berliner Politbetriebs vorstellen: Im Gespräch mit der „Rheinpfalz“ vom 3. März hatte sie einen Rückzug erwägt, um eventuell nur noch als Publizistin und Buchautorin zu arbeiten, sofern sich nicht „politisch etwas Neues“ ergebe.
Auf der Seite der Friedensbewegten
Wagenknecht hatte am 25. Februar 2023 anlässlich des Jahrestags des Kriegsbeginns in der Ukraine eine große Kundgebung am Brandenburger Tor veranstaltet. Zur Seite standen ihr dabei unter anderen ihr Ehemann Oskar Lafontaine und Alice Schwarzer. Die Feministin hatte zusammen mit Wagenknecht das „Manifest für Frieden“ verfasst, in dem unter anderem ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und Verhandlungen gefordert werden. Der Text wurde auf der Petitionsplattform „Change.org“ mittlerweile von über 760.000 Menschen unterschrieben.
Die Wagenknecht-Schwarzer-Initiative war der Partei die Linke ein Dorn im Auge: Den beiden Frauen mangele es an Distanz zu Russland und zu Menschen aus dem „rechten“ Spektrum, die das Friedensmanifest ebenfalls unterstützten.
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