Viel Geld für den perfekten Auftritt: Was Ministerien für schöne Fotos zahlen
Man kennt es aus dem Familien- und Bekanntenkreis, wenn der Wahlsonntag sich dem Ende zuneigt: „Ich hab Politiker XY gewählt! Der sieht mir am vertrauenswürdigsten aus!“
Politiker wissen das. Sie kennen die Macht der Bilder. Stets gepflegt und möglichst gut auszusehen, macht einen großen Teil ihres Erfolges aus. Erst recht, seitdem jeder Passant mit seinem Smartphone einen Schnappschuss machen kann, wenn ihm ein Politpromi über den Weg läuft. Kein Wunder also, dass für Äußerlichkeiten im Dunstkreis von Parlamentsbetrieb und Presseterminen viel Geld ausgegeben wird.
Lemke auf der Suche nach Begleitfotograf
Jüngstes Beispiel: Umweltministerin Steffi Lemke. Die Grüne sucht einen Profifotografen, der sie ab dem 18. November 2023 zwei Jahre lang hauptsächlich in Berlin „auf offiziellen Terminen begleiten – und sie zusätzlich im Rahmen von Porträt-Shootings in Szene setzen“ soll, wie die „Bild“ berichtete. Das Ministerium schätzt den „Gesamtwert“ des Vertrags exklusive Mehrwertsteuer auf 150.000 Euro. Interessenten können sich den „Ausschreibungsdetails“ zufolge noch bis zum 22. August unter dem Geschäftszeichen Z I 3 – Vst. 1713/2023 bewerben. Eine zweimalige Verlängerung um jeweils ein Jahr ist möglich.
Nicht mit eingerechnet: Die Kosten für einen Visagisten, der „ein oder zweimal jährlich“ für „ein großes Porträtshooting“ dazugebucht werden muss. Im Jahr 2022 waren in Lemkes Ministerium offiziell noch Kosten von 9.698,50 Euro für Fotos angefallen, für Haare und Make-up 6.882,52 Euro.
Eine noch höhere Summe für einen persönlichen, fest angestellten Fotokünstler hatte im November 2022 Robert Habeck (Grüne) ausgeschrieben: Bis zu 400.000 Euro könnte der Bildermacher innerhalb von vier Jahren an der Seite des Bundeswirtschaftsministers verdienen.
Doch zurück zu Lemke: Während die grüne Umweltministerin sich nun also einen neuen Porträtfotografen gönnt, hält sie die Steuerzahler immer wieder zu maßvollem Handeln an. Vor gut einem Monat, in den schönsten Tagen des Sommers, schlug sie vor, den Pool im eigenen Garten besser nicht mehr zu nutzen und stattdessen auf die natürlichen Badegewässer auszuweichen. Außerdem müsse man mehr über „Grauwassernutzung“ nachdenken. Sie arbeite zudem an einem Förderprogramm mit dem Titel „Reparieren statt Wegwerfen“. Im Mai 2023 hatte sich Lemke auch für ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen starkgemacht.
Viel Geld für den perfekten Auftritt
Auch in den übrigen Bundesministerien wird nebenbei viel Geld ausgegeben, um die Protagonisten optisch in ein gutes Licht zu rücken.
Allein die Honorare für Fotografen, Visagisten, Kosmetiker und Friseure – fest Angestellte nicht mitgerechnet – kosteten den Steuerzahler nach Informationen der „Bild“ zwischen dem 1. Januar und dem 20. Juni des laufenden Jahres 452.354,30 Euro brutto. „Die Summe beinhaltet in der Regel auch den Auftragnehmerinnen und Auftragnehmern bezahlte Zuschläge für Reisetätigkeit oder Material“, stellte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage der AfD-Fraktion (BT-Drucksache 20/7729, PDF) klar.
Eine eigene Rechtsgrundlage für die Kostenübernahme durch den Bund beziehungsweise den Bundesbürger scheint es nicht zu geben: „Die Vergütung erfolgt auf Grundlage der jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen“ war der einzige Satz, den die AfD-Fraktion der Bundesregierung entlocken konnte.
2022: 1,5 Mio. Euro für Bundesminister und Kanzler gezahlt
Ebenfalls auf Druck der AfD waren auch Zahlen für die Jahre davor zusammengestellt worden (BT-Drucksache 20/5286, PDF). Demnach schlugen die Einzelhonorare für Fotografen, Friseure und Visagisten in Diensten der Bundesministerien allein im Kalenderjahr 2022 mit „rund 1,5 Mio. Euro“ zu Buche, wie der Bund der Steuerzahler (BdSt) ausgerechnet hatte.
Den höchsten Kostenposten verursachte dabei das Auswärtige Amt: Das gute Aussehen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verschlang 136.552,50 Euro. Nach Recherchen der „Bild“ bekam ihre persönliche Visagistin Claude Frommen jeden Monat eine Pauschale von 8.925 Euro, Mehrwertsteuer und Reisekosten inklusive. Dazu kommen Baerbocks Fotografenhonorare inklusive Spesen: 178.764,66 Euro.
Im Jahr 2021 hatte das Auswärtige Amt insgesamt 123.773,34 Euro für Fotos und 7.883,75 Euro für Styling des Ministers ausgegeben. Der hieß bis 8. Dezember 2021 Heiko Maas (SPD).
Nach Angaben des „Focus“ lag das Bundeskanzleramt 2022 auf Rang zwei der teuersten Bundesbehörden, was die Rechnungen der Fotografen, Friseure und Visagisten anging. 39.910,95 Euro flossen für das Erscheinungsbild von Olaf Scholz (SPD).
Auf Platz drei für Styling lag mit 11.508,25 Euro Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), ganz knapp dahinter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne, 11.457,00 Euro). Fünfstellige Kosten hatte zuvor kein anderer Wirtschaftsminister je auch nur annähernd erreicht. Habecks Vorgänger Peter Altmaier (CDU) nutzte offenbar überhaupt keine Schönheitsdienste. Die Fotoaufträge des Wirtschaftsministeriums unter Habeck verschlangen 2022 genau 83.184,06 Euro.
Ähnlich sah es bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aus: Die Sozialdemokratin ließ für das Jahr 2022 insgesamt 7.432,10 Euro für Maske und Haarstyling überweisen, ihr Vorgänger Horst Seehofer in seinem letzten Jahr als Kabinettsmitglied nur 899,40 Euro. Fotos ließ sich das BMI im Jahr 2022 exakt 29.618,19 Euro kosten.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte 2022, dass er mit „nur“ 4.835,00 Euro das ganze Jahr lang fotogen sein konnte. Sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD) brauchte dafür 2021 nur 7.127,50 Euro. Als Kanzler war dem Hanseaten sein optisches Auftreten später fast sechsmal so viel wert wie als Finanzminister. Für Fotografenleistungen wurden im Arbeitsministerium 46.315,86 Euro gezahlt.
Ungleich höher sind die Gesamtkosten für die Visagisten und „Kanzler-Fotografen“, die über das Bundespresseamt für alle möglichen Fotodienstleistungen beauftragt werden: Nach Informationen der „Bild“ bekamen sie allein im Jahr 2022 Rechnungen in Höhe von 510.764,54 Euro bezahlt.
Styling- und Fotokosten weiterer Minister im Jahr 2022:
- Finanzminister Christian Lindner (FDP): 650 Euro für Styling; 86.769 Euro für „sämtliche fotografische Dienstleistungen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums sowie für Nutzungsrechte“.
- Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD): 900,00 Euro für Styling; 65.087,92 Euro für Fotos.
- Claudia Roth (Grüne), Beauftragte für Kultur und Medien: 9.515,83 Euro für Styling; 37.596,23 Euro für Fotos.
- Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne): 5.998,00 Euro für Styling; 27.846,03 Euro für Fotos.
- Wohnungsbauministerin Klara Geywitz (SPD): 9.084,85 Euro für Styling, 12.862,77 Euro für Fotos.
- Justizminister Marco Buschmann (FDP): Stylingkosten nicht bekannt; 34.904,24 Euro für Fotos.
- Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Stylingkosten nicht bekannt; 25.045,02 Euro für Fotos. Vorgänger Jens Spahn (CDU) hatte 2019 noch 45.679,18 Euro dafür ausgegeben.
- Verkehrsminister Volker Wissing (FDP): Stylingkosten nicht bekannt; 2.498,22 Euro für Fotos.
- Bettina Stark-Watzinger (FDP), die Bundesministerin für Bildung und Forschung, gab offiziell 2022 überhaupt nichts für Styling oder Fotos aus.
Honorar für Merkels Stylistin unbekannt
Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht nach Informationen der „Bild“ beinahe zwei Jahre nach ihrem Abgang von der großen Bühne ebenfalls noch Geld für eine Stylistin zu. „Eine freiberufliche ‚Assistentin“ sei dafür engagiert worden. Die Rechnung in unbekannter Höhe übernehme das Bundeskanzleramt.
Reiner Holznagel, der Chef des Steuerzahlerbundes, mahnt immer wieder an, dass mit den Schönheitsdienstleistungen auf Kosten der Steuerzahler Schluss sein müsse. Solche Kosten müssten „auf das Notwendigste reduziert und im Zweifel privat bezahlt werden“, zitiert ihn die „Bild“ immer wieder.
„Die Bundesregierung wäre gut beraten, bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit den Fokus weniger auf Äußerlichkeiten, sondern mehr auf Form und Inhalt ihrer Kommunikation zu legen“, meint auch der Bonner Staatsrechtler Prof. Christian Hillgruber. Denn „die Bundesregierung [sei] dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet“, so Hillgruber Mitte Juli gegenüber dem Hamburger Boulevardblatt.
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