Verschlankung des Staates: Diese Positionen beziehen die Parteien auf Bundesebene

Die FDP setzt sich für einen schlankeren Staat mit deutlich weniger Personal ein. Insbesondere auf Bundesebene würde Parteichef Christian Lindner gerne den Rotstift ansetzen. Wie stehen die übrigen im Bundestag vertretenen Parteien zu derartigen Verwaltungsreformen?
Unter anderem sollen die Services von Behörden und Ämter weiter digitalisiert werden.
Die Bundesverwaltung soll schlanker werden – aber wie? Personalabbau kommt nicht für alle Parteien infrage. Digitalisierung und Entbürokratisierung stehen aber bei allen hoch im Kurs.Foto: Johannes Schmitt-Tegge/dpa
Von 14. Februar 2025

Der Ex-Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef Christian Lindner hat sich in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ für einen schlankeren Staat eingesetzt.

Nach Lindners Auffassung wären die Aufgaben der derzeit 15 Bundesministerien auch von elf oder zwölf Ressorts zu bewältigen. Folgende Ministerien könnten zusammengelegt werden:

  • Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) + Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)
  • Bundesministerium für Gesundheit (BMG) + Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) + Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
  • Auswärtiges Amt (AA) + Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

20 Prozent aller Stellen abbauen

„Möglicherweise ist noch mehr drin“, erklärte Lindner im „Handelsblatt“ (Bezahlschranke) zu seinen Reformplänen. Diese sähen auch ein neues, zentrales Bundesministerium für Digitalisierung vor, dessen Mitarbeiter aber nur aus den zuständigen Stellen bereits bestehender Ministerien kommen sollten: „Es werden keine neuen Leute eingestellt, sondern die bestehenden Abteilungen und Referate an einer Stelle konzentriert“, erklärte Lindner seinen Ansatz.

Zudem sehe er Einsparpotenzial „bei den 700 nachgeordneten Behörden des Bundes“: Das Bundesverwaltungsamt in Köln (BVA) und die Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen in Aurich (BAV) könnten fusionieren, das Umweltbundesamt (UBA) sogar ganz abgeschafft werden.

„Ich halte es für möglich, dass im Bereich der Verwaltung 20 Prozent der Stellen in den nächsten Jahren entfallen“, skizzierte Lindner sein Ziel. Verstärken müsse man dagegen die Personalsituation beim Zoll und bei der Bundespolizei.

Im Wahlprogramm der FDP (PDF) heißt es auf Seite 36, man wolle auch Unterabteilungsleitungen streichen, die Zahl der Staatssekretäre in den Ministerien beschränken und auch deutlich weniger Beauftragte der Bundesregierung unterhalten.

Wie stehen die übrigen großen Parteien zu Personal- und Strukturreformen im Bund?

CDU/CSU: Ja zu Personalabbau, nein zu weniger Behörden

Die Unionsparteien setzen ebenfalls auf Personalabbau: „Wir halbieren die Zahl der Beauftragten und kommen in der Ministerialverwaltung und der Bundestagsverwaltung mit mindestens zehn Prozent weniger Personal aus“, heißt es auf Seite 8 des Wahlprogramms (PDF).

Ein neu einzurichtendes Bundesdigitalministerium soll sich um alle Fragen rund um „Infrastruktur, Datenpolitik, KI, Plattformen und digitale Dienste, Verwaltungsdigitalisierung und modernes Regierungshandeln“ kümmern (Seite 28). Für das Beschaffungswesen der Bundeswehr soll zudem eine neue, „schlanke, schlagkräftige Agentur“ eingerichtet werden, die das Beschaffungsamt entlasten soll (S. 51).

Im Bundesinnenministerium (BMI) soll das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) „zu einer Zentralstelle für Fragen der Informations- und Cybersicherheit“ ausgebaut werden – als „starke dritte Säule“ neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem BKA (S. 39).

Auch einige Zuständigkeiten sollen sich ändern: So soll der Nationale Normenkontrollrat (NKR) wieder dem Bundeskanzleramt unterstellt werden (S. 15), und das Bundesprogramm „Demokratie leben“ nicht mehr vom Familienministerium, sondern vom BMI betreut werden (S. 43). Das Gleiche gilt für „die Zuständigkeiten für Heimatvertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler sowie deutsche Minderheiten“ (S. 58).

AfD gegen politische Beamte und parlamentarische Staatssekretäre – Linke für Migrationsministerium

Im AfD-Wahlprogramm (PDF) findet sich auf Seite 134 lediglich ein kurzer Passus zum Thema: „Die Institution der parlamentarischen Staatssekretäre ist abzuschaffen. Dies gilt auch für die ‚politischen Beamten‘ in der Staatsverwaltung – vom Ministerialdirektor bis zum Polizeipräsidenten“.

Ähnlich knapp gestalten sich die Umstrukturierungsideen der Linken: Man wolle ein eigenes „Bundesministerium für Migration und Partizipation“ einrichten, heißt es auf Seite 53 des Wahlprogramms (PDF). Die Themen „Migration und Integration“ müssten „dem Bundesinnenministerium entzogen werden“.

BSW: „Beauftragte“ streichen, „Tag der Entrümpelung“ einführen

Das BSW will die „Beauftragten in den Ministerien […] abschaffen und, wo erforderlich, in die Organisationsstruktur der Ministerien integrieren“, heißt es auf Seite 19 des BSW-Wahlprogramms (PDF). Arbeitsplätze sollten nach Vorstellung des BSW vielmehr dort entstehen, „wo Bürger und Wirtschaft mehr Service und Unterstützung brauchen“.

Die Partei sieht den Weg zu einer schlankeren Bundesverwaltung außerdem in „flexible[n] Arbeitszeitmodelle[n]“, in „kompetente[n] und schlanke[n] Führungsstrukturen“ sowie in der „frühzeitige[n] Förderung von Leistungsträgern“ und im Abbau von „unnötigen“ Ministeriumsstellen (Seite 16ff).

Das BSW plädiert für eine Stärkung des Nationalen Normenkontrollrats und für einen „nationalen Tag der Entrümpelung“: Zweimal pro Jahr sollen „Führungskräfte und Mitarbeiter an diesem Tag den Fokus darauf richten, welche Regeln und Richtlinien nicht mehr gebraucht werden und wie Verfahren und Prozesse vereinfacht und beschleunigt werden können“.

SPD will Verwaltungsdigitalisierung in einem Ministerium bündeln

Das Wahlprogramm der SPD (PDF) enthält wenig zum Thema Personalabbau. Speziell das Entwicklungsministerium müsse „stark und eigenständig“ bleiben, so das Wahlprogramm auf Seite 64.

Den Passagen ab Seite 37 ist zu entnehmen, dass die SPD aber „prüfen“ wolle, „welche Aufgaben, Dienste und Zuständigkeiten der Ministerien gebündelt werden können, um so die Effizienz und Steuerungsfähigkeit der Bundesverwaltung zu erhöhen“. „Wir brauchen zu den großen Themen eher wenige, dafür zentrale ressortübergreifende Strategien (Missionsorientierung)“, meint die SPD.

Die „Zuständigkeiten der Verwaltungsdigitalisierung“ sollen deshalb in einem Ministerium gebündelt werden. Der „digitale Datenaustausch zwischen allen Behörden“ müsse auf Grundlage eines neuen Staatsvertrags zwischen Bund und Ländern „problemlos funktionieren“. Man werde deshalb „nach einer Regierungsbildung Wirtschaft, Länder und Kommunen zu einem Praxisgipfel einladen“.

Grüne für gesondertes Digitalministerium

Ähnlich liest es sich im Wahlprogramm der Grünen (PDF). Per bewährtem „Praxischeck“ sollen „Sektor für Sektor die Betroffenen aus Unternehmen, Verwaltung und Zivilgesellschaft eingebunden, unnötige bürokratische Hürden bestimmt und praktische Lösungen zu deren Abbau identifiziert“ werden, „ohne soziale oder ökologische Schutzstandards abzubauen“ (Seite 18).

Laut Seite 33 streben die Grünen eine „Staatsreform“ an, damit die Aufgaben und Rollen „an manchen Stellen in unserem föderalen Staat neu verteilt, gebündelt und auch klarer gestaltet werden“. Für Routineaufgaben solle der Bund einen zentralen „digitalen Dienst bereithalten, den Länder und Kommunen für die Leistungserbringung vor Ort nutzen können“.

In einem eigenen Digitalministerium sollen sich Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Budgetverantwortung konzentrieren (Seite 34).

Elektronische Identität

Sämtliche im Bundestag vertretenen Parteien setzen sich ganz allgemein für Bürokratieabbau und Digitalisierung ein, um die Verwaltung wirtschafts- und bürgerfreundlicher zu gestalten – meist unter Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI).

FDP, SPD, Grüne und die Union möchten das Konzept eines elektronischen Identitätsnachweises zudem ausbauen, um den Austausch der Bürger mit den Behörden zu erleichtern: Die laut „Chip“ bislang nur mäßig erfolgreiche BundID soll einer verbesserten DeutschlandID weichen. Die Grünen möchten den elektronischen Behördengang mit einer eigenen „Deutschland-App“ optimieren.

Die AfD dagegen fordert „ein Recht auf analoges, unüberwachtes und freies Leben“. Auch die Linke stellt sich gegen „staatliche Überwachungswut“ und „Digitalzwang“: Der elektronische Personalausweis und die Gesundheitskarte müssten aus Sicht der Linken „an eine physische Chipkarte gebunden bleiben“.

Kritik an den FDP-Plänen

Ein Sprecher des Umweltbundesamts (UBA) teilte Epoch Times mit, dass sein Amt „Bemühungen, Umwelt- und Klimaschutz zu entbürokratisieren und zu beschleunigen“, begrüße. Das UBA dafür abzuschaffen, wäre aber „sicher der falsche Weg“. Immerhin bleibe „nur wenig Zeit, um die Klimaziele des Pariser Abkommens und die europäischen und globalen Umweltziele zu erreichen“. Zudem habe die FDP bereits 1971 in ihrem Grundsatzprogramm festgeschrieben: „Umweltschutz hat Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen.“

Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) verwies auf Stellungnahmen seiner Leiterin Svenja Schulze. Die Sozialdemokratin hatte am 12. Februar im Interview mit dem ARD-„Morgenmagazin“ betont, wie wichtig Entwicklungshilfe für das „Wirtschaftsmodell“ der Exportnation Deutschland sei. Jeder zweite Euro werde über den Export verdient. Deutschland dürfe China und Russland nicht das Feld überlassen.

„Je mehr Russland in Afrika an Einfluss gewinnt, desto schwieriger wird die Lage für Europa – von der Migrationspolitik bis zur Rohstoffversorgung und anderen Handelsfragen“, konkretisierte Schulze ihren Standpunkt auch im Gespräch mit dem Onlineportal „Web.de“. Der Entwicklungshilfeetat in Höhe von rund elf Milliarden Euro pro Jahr sei auch „eine Frage des Anstands“: „Wir wollen andere Menschen auf der Welt nicht verhungern lassen.“



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