Urteil: Bayerischer Verfassungsschutz darf AfD weiter beobachten

Die AfD ist in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht München gescheitert: Das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz darf die Partei vorerst weiter mit nachrichtendienstlichen Methoden überwachen und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse unterrichten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Das Symbolbild zeigt Teilnehmer einer Anti-AfD-Großdemonstration in München am 21. Januar 2024.Foto: Johannes Simon/Getty Images
Von 1. Juli 2024

Der bayerische Verfassungsschutz darf die Partei AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall weiter mit nachrichtendienstlichen Methoden beobachten. Außerdem war die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) statthaft, dass die AfD beobachtet werde. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) München am 1. Juli 2024 im Hauptsacheverfahren entschieden (Az: M 30 K 22.4912).

Damit darf das BayLfV unter anderem Observationen durchführen oder verdeckte Ermittler und V-Leute im Umfeld der Partei einsetzen. In Einzelfällen – die in „Verdachtsfällen“ sehr restriktiv zu handhaben sind – kann auch Telekommunikationsüberwachung erlaubt sein.

Es lägen eine Reihe tatsächlicher Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beobachtung zulässig sei, erklärte das VG München.

Das Urteil ist allerdings bisher nicht rechtskräftig: Der AfD-Landesvorsitzende Stephan Protschka kündigte nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) bereits zu Beginn der dreitägigen Verhandlungen an, sich im Fall einer Niederlage weiter wehren zu wollen. Laut SZ kann der AfD-Landesverband nun zunächst vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Berufung gehen. Das letzte Mittel sei die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Ursprünglich hatte das Gericht laut SZ neun Verhandlungstage angesetzt. Da die Klägerseite aber darauf verzichtete, Hunderte Beweisanträge zu stellen, wie zunächst angekündigt, genügten lediglich drei Tage.

Klage gegen Landesamt für Verfassungsschutz

Die Bayern-AfD hatte zuvor versucht, eine behördliche Beobachtung und deren Veröffentlichung zu unterbinden, nachdem das BayLfV im Juni 2022 mit der Beobachtung der AfD als Gesamtpartei begonnen hatte. Nach Angaben des VG München hatte das BayLfV die Öffentlichkeit über diesen Schritt erst im September 2022 unterrichtet.

Am 5. Oktober 2022 hatte der bayerische AfD-Landesverband laut VG mit einer Klage reagiert und einen ersten Eilantrag gestellt: Es gebe keine tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, insbesondere nicht im Landesverband. Der beklagte Freistaat Bayern sah das anders.

AfD verlor zwei Eilverfahren

Das erste Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht München war am 17. April 2023 für die AfD verloren gegangen (Az: M 30 E 22.4913, PDF), ein zweites Eilverfahren am 14. September 2023 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ebenfalls (Az: 10 CE 23.796, PDF): Das BayLfV durfte die Beobachtung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache fortsetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte allerdings Formulierungen einer Pressemitteilung des Verfassungsschutzes bemängelt, die den Eindruck erweckte, dass die AfD insgesamt gesichert extremistisch sei. Das BayLfV hatte trotz der Erlaubnis zur Beobachtung nach Informationen der SZ bisher darauf verzichtet, auf die Dienste von V-Leuten zurückzugreifen oder die Telekommunikation von AfD-Parteimitgliedern auszuspähen.

Extremisten-Kontakte im Visier

Nach Angaben der SZ betrifft die Beobachtung ohnehin nicht alle Parteimitglieder: Im Visier des BayLfV stünden lediglich die Aktivitäten von „Extremisten“. Es gelte, deren Einfluss einzuschätzen. Der bayerische Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner habe im Vorfeld zu bedenken gegeben, dass Kontakte von rechtsextremen Gruppen und Teilen der blauen Partei seit 2022 „in Quantität und Qualität zugenommen“ hätten. Das BayLfV untersteht letztlich dem amtierenden Staatsminister des Innern, für Sport und Integration. Amtsinhaber ist seit 2007 Joachim Herrmann von der CSU.

Der bayerische Verfassungsschutz sah sich laut SZ zum Handeln gedrängt, nachdem er Tausende öffentliche Reden und Chatprotokolle von AfD-Angehörigen zusammengetragen und untersucht hatte. Dabei sei die Behörde zu dem Schluss gekommen, dass eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Methoden gerechtfertigt sei: Es habe Äußerungen von Parteimitgliedern und -funktionären gegeben, die ausländer-, muslim- und demokratiefeindliche Überzeugungen erkennen ließen.

Die AfD Bayern habe stets dagegen argumentiert, dass es sich dabei um „Entgleisungen Einzelner“ gehandelt habe, nicht aber um die Meinung der Gesamtpartei. Wer sich dennoch despektierlich geäußert habe, sei gerügt oder ausgeschlossen worden.

Bundesamt darf den „Verdachtsfall AfD“ ebenfalls überwachen

Zuletzt musste die AfD Mitte Mai 2024 vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster eine Niederlage hinnehmen: Das OVG gestattete dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus.

Außerdem darf das BfV den offiziell mittlerweile aufgelösten „Flügel“ und die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als „gesichert rechtsextremistisch“ einordnen. Auf Landesebene wird die AfD in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ebenfalls in dieser Weise eingestuft.

Landtagswahlen in drei Bundesländern im September

Am 1. September 2024 finden in Sachsen und Thüringen Landtagswahlen statt. Im Bundesland Brandenburg folgt die Wahl eines neuen Landesparlaments drei Wochen später am 22. September. Aktuellen Umfragen zufolge liegt die AfD in allen drei Ländern in der Wählergunst vorn.

Am Wochenende fand in der Essener Grugahalle der zweitägige AfD-Bundesparteitag statt. Der im Amt bestätigte Co-Bundessprecher Tino Chrupalla hat zum Abschluss seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, „irgendwann auch deutschlandweit stärkste Kraft“ zu werden. Mehr als 4.000 Polizisten mussten den Parteitag schützen: Insbesondere am Samstag kam es zu massiven Protesten, bei denen Demonstranten Straßen blockierten und Teilnehmer des Parteitages umzingelten.

(Mit Informationen von dpa und AFP)



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