Umfassende Steuersenkungen: Was die Bürger erwarten können

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Anfang Juni umfassende Steuerentlastungen angekündigt, die bis 2026 insgesamt 23 Milliarden Euro umfassen sollen. Was haben die Steuerzahler von Lindners Plänen?
Pocht weiterhin nach strukturellen Reformen, um die deutsche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken: Christian Lindner.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) möchte in den kommenden zwei Jahren die Steuerzahler entlasten.Foto: Jens Kalaene/dpa
Von 15. Juni 2024

Anfang Juni hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) milliardenschwere Steuerentlastungen für die Bürgerinnen und Bürger angekündigt. Davon sollen, so Lindner, sowohl Geringverdiener als auch Besserverdienende profitieren. 

Insgesamt betrage die geplante Anpassung der Lohn- und Einkommensteuer bis 2026 rund 23 Milliarden Euro, hieß es damals aus seinem Ministerium. Was aber lediglich eine Prognose war. „Endgültige Zahlen liegen erst im Herbst vor“, so das Ministerium.

Entlastung um zwei Milliarden Euro

In diesem Jahr ist geplant, den steuerlichen Grundfreibetrag rückwirkend zum 1. Januar um 180 Euro auf 11.784 Euro anzuheben. Bis zu diesem Einkommensniveau müssen keine Steuern gezahlt werden.

Von dieser Änderung profitieren nicht nur Menschen mit niedrigem Einkommen, sondern auch viele Rentner, die dadurch von der Abgabe einer Steuererklärung befreit werden. Diese Maßnahme entlastet die Steuerzahler um insgesamt zwei Milliarden Euro.

Für Januar 2025 ist eine weitere Erhöhung des Grundfreibetrags um 300 Euro auf 12.084 Euro geplant.

Darüber hinaus soll der Tarif der Einkommensteuer ab 2025 verschoben werden, um die Auswirkungen der Inflation auszugleichen. Lindner will damit die sogenannte kalte Progression bekämpfen. Steuerzahler könnten sonst selbst bei Lohnerhöhungen eine geringere Kaufkraft haben als vorher, da ihre Steuerbelastung steigt.

So soll der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 68.429 Euro gelten. Die Steuerentlastungen für das Jahr 2025 werden auf acht Milliarden Euro geschätzt, wobei der höhere Freibetrag zusätzlich 2,6 Milliarden Euro und die Tarifverschiebung weitere 3,4 Milliarden Euro entlastet.

Für 2026 ist eine weitere Erhöhung des Grundfreibetrags um 252 Euro auf dann 12.336 Euro vorgesehen. Die ersten Tarifgrenzen steigen auf 17.779 Euro und der Spitzensteuersatz auf 69.798 Euro. Die jährliche Steuerentlastung soll im Vergleich zum Jahr 2024 auf etwa 13,3 Milliarden Euro anwachsen. Die zusätzliche Anhebung des Freibetrags bringt weitere 2,3 Milliarden Euro an Entlastung und die Verschiebung des Steuertarifs weitere drei Milliarden Euro.

Die Top-Verdiener, die ein Bruttoeinkommen von 277.826 Euro erzielen und den sogenannten „Reichensteuersatz“ von 45 Prozent zahlen, sind von den Entlastungen ausgeschlossen, da der Steuertarif für sie nicht inflationsangepasst wird. 

Umsetzung verfassungsrechtliches Gebot

Was würde eine solche Steuerentlastung aber ganz konkret dem Steuerzahler bringen? Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat Lindners Pläne begrüßt. „Das ist ein verfassungsrechtliches Gebot, dessen Umsetzung die Ampelkoalition schon viel zu lange hinausgezögert hat. Es ist wichtig, dass diese Erhöhung jetzt schnell ins Gesetzblatt kommt, damit der bürokratische Aufwand zur Korrektur von Millionen von Lohnabrechnungen nicht ausufert“, betonte Präsident Reiner Holznagel in einer Pressemitteilung

Laut dem Steuerzahlerbund könnte Lindners Entlastungspaket mehrere hundert Euro Einsparungen im Jahr für den Steuerzahler bringen.

Im Jahr 2025 würden Alleinstehende mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von beispielsweise 2.000 Euro netto 114 Euro mehr verdienen, während sich ihr Nettogehalt im Jahr 2026 um 180 Euro erhöhen würde. Personen mit einem Bruttoeinkommen von 3.000 Euro monatlich könnten mit einem Nettozuwachs von 133 Euro im Jahr 2025 und 214 Euro im Jahr 2026 rechnen. Bei einem Monatsbrutto von 5.000 Euro würde der Nettogewinn 197 Euro im Jahr 2025 und 328 Euro im Jahr 2026 betragen.

Wie sich die Pläne des Finanzministers für den Einzelnen auswirken würden, hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) beispielhaft errechnet.

Quelle: Bund der Steuerzahler

Auch Familien mit vier Personen würden von den Plänen Lindners profitieren: Bei einem Monatseinkommen von 3.000 Euro würde das Nettogehalt um 168 Euro im Jahr 2025 und um 254 Euro im Jahr 2026 steigen. Bei einem Bruttogehalt von 4.000 Euro pro Monat betrüge der Anstieg 230 Euro in 2015 und  362 Euro in 2026. Bei einem monatlichen Lohn von 6.000 Euro würde das Nettogehalt um 274 Euro in 2025 und 442 Euro in 2026 zunehmen.

Wie sich die Pläne des Finanzministers für den Einzelnen auswirken würden, hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) beispielhaft errechnet.

Quelle: Bund der Steuerzahler

Der Abbau der kalten Progression sei außerordentlich wichtig, betont Steuerzahler-Präsident Holznagel. Der Fiskus dürfe nicht zum „Inflationsgewinnler“ werden. „Auf solche Inflationsanpassungen hat der Bund der Steuerzahler immer wieder gedrängt – sie entlasten Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen gemessen an ihrer Steuerlast überproportional. Deshalb sollte die Ampelkoalition schnell einen Konsens in dieser Frage finden“, so Holznagel weiter. 

Widerstand aus der Ampel

Die im Moment laufenden Haushaltsverhandlungen dürften mit den vorgelegten Plänen Lindners nicht einfacher werden. Widerspruch kam schnell aus den Reihen der Ampelkoalition.

Michael Schrodi, Finanzpolitiker der SPD, bemängelte gegenüber dem „Deutschlandfunk“, dass vor allem die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher von Lindners Plan profitieren würden. „Die SPD setzt in den Haushaltsverhandlungen vorrangig auf innere, äußere und soziale Sicherheit“, erklärte er.

Katharina Beck, Finanzpolitikerin der Grünen, kritisierte ebenfalls die Vorgehensweise in einem Interview mit der „Welt“: „Wir können nicht von anderen Ministerien drastische Kürzungen verlangen, die beispielsweise die humanitäre Hilfe in Gaza betreffen würden, und gleichzeitig solche Vorschläge machen.“ Sie fügte hinzu: „Wir stehen vor einem Haushaltsdefizit von über 25 Milliarden Euro, das uns auch bei Verteidigung und Infrastrukturinvestitionen Probleme bereitet. In diesem Kontext allgemeine Steuersenkungen im zweistelligen Milliardenbereich zu fordern, ist unseriös.“



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion