Teil einer Schleuserbande? Kommunalpolitiker von CDU und SPD unter den Verdächtigen

Haben Parteimitglieder von SPD und CDU in NRW bei bandenmäßigen Schleusergeschäften mitgemischt? Zwei verdächtigte Christdemokraten aus dem Rhein-Erft-Kreis streiten die Vorwürfe ab. Ein ehemaliger SPD-Kreisgeschäftsführer befindet sich in Untersuchungshaft.
Insgesamt waren bei dem Einsatz mehr als 1000 Beamte der Bundespolizei und der Staatsanwaltschaft beteiligt.
Am 17. und 18. April waren in acht Bundesländern rund 1.000 Ermittlungskräfte an einer Razzia gegen eine mutmaßliche Schleuserbande beteiligt.Foto: Gianni Gattus/dpa
Von 30. April 2024

Drei deutsche Kommunalpolitiker aus Nordrhein-Westfalen stehen im Verdacht, Teil jener Schlepperorganisation zu sein, die vor knapp zwei Wochen Ziel einer großangelegten bundesweiten Razzia gewesen war.

Nach Informationen der „Jungen Freiheit“ (JF) gehört Jens Bröker (SPD) zu den Tatverdächtigen, ein früherer Geschäftsführer der SPD-Unterbezirke Heinsberg und Euskirchen. Normalerweise sei Bröker in der Kreisverwaltung der Stadt Düren tätig – nun befinde er sich wegen Korruptionsverdacht in Untersuchungshaft. Er soll sich gegen Bestechungsgeld „maßgeblich“ an den Straftaten beteiligt haben, wie der NDR berichtete. Ihm drohten bei einer Verurteilung wegen „gewerbsmäßigen Einschleusens“ bis zu 15 Jahre Haft.

Obwohl der Sozialdemokrat Bröker in den vergangenen Jahren keine Ämter mehr in der Partei bekleidet habe, habe sich der Dürener SPD-Kreisverband nach Bekanntwerden der Personalie „schockiert von den schwerwiegenden Vorwürfen“ gezeigt, berichtet der „Kölner Stadtanzeiger“. „Wir erwarten, dass Jens Bröker unverzüglich und in vollem Umfang mit den Ermittlungsbehörden kooperiert. Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, hat Jens Bröker nichts mehr in den Reihen der Sozialdemokratie verloren“, zitiert der KStA die Dürener Sozialdemokraten.

Zwei Verdächtige aus dem Rhein-Erft-Kreis

Bei einem weiteren Verdächtigen handelt es sich nach Informationen des WDR um Werner Stump (CDU). Dieser habe in den Jahren 1999 bis 2013 das Amt des Landrats im Rhein-Erft-Kreis bekleidet, berichtet die JF. Heute sei Stump als Geschäftsführer der Hotelgesellschaft der Villa Sophienhöhe in Kerpen-Niederbolheim angestellt. Nach Angaben des „Kölner Stadtanzeiger“ (KStA) hatte Stump 2017 unter Nutzung seiner chinesischen Kontakte die „Deutsch-chinesische Trade OHG“ gegründet, die fast alle Anteile an der Hotelgesellschaft erworben hatte. Stump bestreitet, etwas mit der Schleuserbande zu tun zu haben, so der WDR.

Außerdem steht nach KStA-Angaben ein weiteres, namentlich nicht genanntes CDU-Mitglied aus dem Rhein-Erft-Kreis unter „Anfangsverdacht“. Nach Aussage seines Rechtsbeistandes unterhielt der Christdemokrat „Kontakt zu einem der hauptbeschuldigten Rechtsanwälte“. Sein Klient werde mit den Behörden kooperieren, kündigte der Anwalt an. Denn von „kriminellen Schleuseraktivitäten hatte unser Mandant niemals Kenntnis oder auch nur eine Ahnung“.

Nach Angaben des NDR stehen eine Rechtsanwältin und ein Rechtsanwalt aus der Kölner Gegend im Verdacht, das Schleusernetzwerk geleitet zu haben. Auch sie seien während der Razzia Mitte April verhaftet worden.

Justizminister Limbach: Es gilt die Unschuldsvermutung

Der nordrhein-westfälische Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) hatte am Donnerstagvormittag, 25. April 2024, während einer Aktuellen Stunde im Landtagsplenum zu Protokoll gegeben, dass die Staatsanwaltschaft Düsseldorf inzwischen „gegen 170 Beschuldigte“ ermittele – „unter anderem wegen des Verdachts des gewerbe- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern“. In manchen Fällen seien sechsstellige Beträge an die Schleuser geflossen. Die schwarz-grüne Landesregierung wolle nun abwarten, bis die Ermittlungen abgeschlossen seien. Erst dann werde man sich die Fakten anschauen und entscheiden, wie Korruption wirksamer bekämpft werden könne.

Limbach betonte, dass für alle Verdächtigen die Unschuldsvermutung gelte: „Vorverurteilungen, Hass und Hetze haben da nichts zu suchen“, sagte Limbach in Richtung der AfD-Fraktion (Video auf Landtag.NRW.de). Diese hatte die Aussprache zur Schleuser-Razzia drei Tage vorher beantragt (PDF). Die übrigen Fraktionen nutzten die Gelegenheit, den AfD-Abgeordneten Pressemeldungen über parteiinterne Kontakte nach China und Russland vorzuwerfen.

Zwei Tage Polizeieinsatz

Insgesamt waren ab Mittwoch, 17. April 2024, bei einer zweitägigen Großrazzia im Auftrag der Staatsanwaltschaft Düsseldorf nach einem Bericht des WDR rund 1.000 Einsatzbeamte der Bundespolizei und der Staatsanwaltschaft involviert gewesen.

Sie hätten zunächst 101 Wohn- und Geschäftsräume, darunter auch „Ausländerämter“ und „Wirtschaftsförderungsgesellschaften“, in acht Bundesländern durchsucht, so der NDR. Dabei seien allein in Nordrhein-Westfalen zehn mutmaßliche Mitglieder einer Schleuserbande festgenommen, zudem Bargeld und Beweismaterial gesichert worden.

Womöglich 350 Personen eingeschleust

Nach Angaben der „Zeit“ sollen insgesamt 38 Personen zur Bande gehören. Sie stünden im Verdacht, 147 illegalen Einwanderern die Einreise ermöglicht und Aufenthaltserlaubnisse verschafft zu haben. Inklusive Familiennachzug könnten laut JF insgesamt 350 Menschen nach Deutschland geschleust worden sein. Die mutmaßlichen Schleuser hatten dazu nach Informationen der JF Sonderregeln für ausländische Fachkräfte missbraucht. Es stünden somit diverse Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz im Raum.

Die Einreisewilligen sollen nach NDR-Angaben jeweils bis zu 360.000 Euro bezahlt haben, um auf Grundlage fingierter Papiere in Deutschland leben zu können. Nach Informationen der „Neuen Westfälischen“ (NW) sollen die meisten aus China stammen, andere aus dem Oman. Auch Südafrika sei Ziel der Online-Anwerbekampagne des Netzwerks gewesen, schreibt der NDR: Man habe den Ausländern die illegale Einwanderung mit einem guten Bildungs- und Gesundheitssystem und mit der Aussicht auf die deutsche Staatsbürgerschaft schmackhaft gemacht.

Abschiebungen vorerst nicht zu erwarten

Den zweiten Razzia-Tag hatte die Polizei nach Angaben der „Zeit“ mit der Feststellung der mutmaßlich geschleusten Personen und ihren Adressen verbracht. Dabei wurden nach Angaben des NDR weitere 116 Wohnungen durchkämmt. Laut „Zeit“ war Düren bei Aachen ein Schwerpunktziel der Ermittler gewesen. Andere womöglich Eingeschleuste seien in Bergheim, Bonn, Düsseldorf, Frechen, Hürtgenwald, Inden, Jülich, Kerpen, Köln, Kaarst, Linnich, Meerbusch, Merzenich, Mülheim an der Ruhr, Ratingen, Solingen und Swisttal vermutet worden.

„Die Wohnsitze sollen gegenüber den Behörden nur zum Schein angegeben worden sein, um unerlaubt Aufenthaltserlaubnisse zu erlangen“, berichtete der NDR bereits am 18. April: Von einem großen Teil der mutmaßlich illegalen Migranten wüssten die Ermittlungsbehörden nicht, wo sie sich aufhielten. Ihre Aufenthaltserlaubnisse seien im Prinzip „unwirksam“. Eine Abschiebung werde im Fall ihres Auffindens aber vorerst nicht vollzogen, weil es sich um Beschuldigte handele. Schließlich laufe das Strafverfahren noch und die Staatsanwaltschaft hoffe auf „Zeugenaussagen“, so der NDR.

Seit acht Jahren aktiv?

Das Schleusernetzwerk war nach Angaben der „Ermittler“ bereits jahrelang aktiv gewesen, so der NDR. Der leitende Staatsanwalt Hendrik Timmer habe angegeben, dass „zahlreiche Geldwäsche-Verdachtsanzeigen durch Banken“ und auch ein Tipp des deutschen Konsulats in der chinesischen Stadt Kanton den Startschuss für die Ermittlungen im Jahre 2020 gegeben hätten. Nach dem gegenwärtigen Stand der Untersuchungen gehe Timmer davon aus, dass die Bande bereits 2016 tätig gewesen sei.



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