Streit um Remigrationsaussage: Thüringer AfD-Chef verlangt Unterlassungserklärung von BSW-Chefin
Björn Höcke, der Landespartei- und Fraktionschef der Thüringer AfD, geht seit Dienstag, 15. Oktober 2024, mit juristischen Mitteln gegen die BSW-Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht vor. Er wolle sich damit gegen die Behauptung Wagenknechts wehren, nach der er die Abschiebung von „20 bis 30 Millionen Menschen“ aus Deutschland anstrebe, wie Höcke in einer Pressemitteilung mitteilte.
In einer gesonderten Stellungnahme für den „Deutschland-Kurier“ erklärte Höcke noch am selben Tag, er habe seine Anwälte beauftragt, Wagenknecht eine entsprechende „Unterlassung“ zuzuschicken. Er werde auch „jedes Presseorgan, das die Lügen der Frau Wagenknecht weitertransportiert, auf Unterlassung in Anspruch nehmen“, kündigte der frühere Geschichtslehrer an (Video auf X).
Höcke: Aussagen „bewusst und missbräuchlich verdreht“
Nach Darstellung in der Pressemitteilung soll Wagenknecht verschiedene Aussagen Höckes aus einer Fragen-Antwort-Runde „bewusst und missbräuchlich verdreht“ haben, die Höcke persönlich „im Nachgang seiner Rede beim Bürgerstammtisch in Gera am 12. Dezember 2023“ getätigt habe (Video auf YouTube). Höcke sei es in Wahrheit darum gegangen, sein „Konzept für die langfristige Gesundung des deutschen Volkes“ in drei Schritten zu erläutern. Diese Gesundung könne nach Überlegungen Höckes durch Remigration, durch die „Wiederherstellung des früheren Staatsangehörigkeitsrechtes“ und durch die „Förderung der deutschen Familien zur Anhebung der Geburtenrate“ erfolgen.
Angesichts der demografischen Probleme der Bundesrepublik habe er in Gera konkret erklärt, dass Deutschland „für eine Übergangszeit“ von ein bis zwei Generationen Dauer mit „20 bis 30 Prozent weniger Menschen“ auskommen könne. Die Produktivitätssteigerung mache dies möglich. Zudem könne ein Rückgang der Einwohnerzahl „aus ökologischer Sicht von Nutzen sein“. Ferner habe er in Gera gefordert, „illegale Einwanderer und abgelehnte Asylbewerber unverzüglich abzuschieben“.
Sahra Wagenknecht habe diese beiden Aussagen mittels einer „glatten Lüge“ zusammengeführt, als sie davon gesprochen habe, Höcke wolle „20 bis 30 Millionen Menschen abschieben“. Die BSW-Chefin habe ihre „Lüge“ zwar am 14. Oktober „relativiert, den Kern der Äußerung jedoch nicht verändert“, hieß es in der Pressemitteilung.
Wagenknecht-Auftritt im TV-Duell als Auslöser
Der thüringische AfD-Frontmann verwies in seiner Erklärung ausdrücklich auf ein halbstündiges Video des YouTubers „Clownswelt“, der Teile des jüngsten TV-Duells zwischen Sahra Wagenknecht und AfD-Cobundessprecherin Alice Weidel analysiert hatte. Die Originalsendung war am 9. Oktober 2024 vom Nachrichtensender „Welt“ live ausgestrahlt worden. Sie ist auf YouTube in voller Länge abrufbar.
Epoch Times bat das BSW um eine Stellungnahme zum Sachverhalt. Sobald eine Antwort vorliegt, werden wir sie nachreichen.
Höcke hält Abschiebung von „einigen Millionen“ für rechtlich durchsetzbar
Aus der „Clownswelt“-Analyse geht hervor, dass Höcke in Gera auf eine zweiteilige Publikumsfrage zu den Themen Remigration und demografischer Wandel geantwortet hatte: „Wenn man Recht und Gesetz durchsetzt, konsequent durchsetzt, würde das bedeuten, dass wir die Zahl der illegalen Migranten in Deutschland um einige Millionen reduzieren.“ Und weiter: „Wir werden auch ohne Probleme mit 20, 30 Prozent weniger Menschen in Deutschland leben können. […] Ich habe keine Angst vor dem Bevölkerungsrückgang, wenn Maßnahmen eingeleitet werden, die langfristig die Bevölkerung wieder stabilisieren.“
Höcke hatte zudem darauf hingewiesen, dass man über die „gut Integrierten und voll Integrierten“ nicht zu sprechen brauche: „Die sind hier uns ja dann auch ähnlich und sind ja auch willkommen.“ (Video circa ab Minute 2:55 auf X)
Gera-Auftritt brachte Höcke Rechtsstreit ein
Derselbe Auftritt in Gera hatte für Höcke wegen einer anderen Angelegenheit noch ein Nachspiel: Jan Stengel, Richter am Landgericht Halle, sah es als erwiesen an, dass Höcke sein Publikum bewusst mit einer widersprüchlichen Armbewegung animieren wollte, die beiden Wörter „Alles für …“ durch das Aussprechen des Wortes „Deutschland“ zu ergänzen. (Video auf YouTube) Dafür war der AfD-Landeschef am 1. Juli 2024 zu einer Geldstrafe von 16.900 Euro verurteilt worden – wegen der Verbreitung von Propagandamitteln beziehungsweise von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation.
Wenige Wochen zuvor war Höcke wegen eines früheren Aussprechens der vollendeten SA-Losung „Alles für Deutschland“ vom selben Richter zu einer Strafzahlung von 13.000 Euro verurteilt wurden. Beide Urteile sind bislang nicht rechtskräftig.
Höcke wird sich demnächst vor dem Landgericht Mühlhausen, Thüringen, wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten müssen. Es geht um einen Telegram-Post, mit dem der AfD-Politiker zu einem Messerangriff in Ludwigshafen Stellung bezogen hatte. Der genaue Termin steht nach Informationen der „Zeit“ noch nicht fest. Der Erfurter Landtag müsse zunächst noch formal die Immunität Höckes aufheben, wie das Gericht mitgeteilt habe.
Der Landtag hatte sich nach der Wahl vom 1. September erst am 28. September konstituiert. Die AfD-Fraktion war bei der Wahl des Landtagspräsidenten und seiner Stellvertreter leer ausgegangen und hatte wegen einer Neuregelung des Auszählungsverfahrens ihre Sperrminorität in den Landtagsausschüssen eingebüßt.
Der AfD-Landesverband Thüringen wird vom Landesverfassungsschutz schon seit 2021 als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft, neuerdings offenbar auch als „kämpferisch-aggressiv“. Das Verbot der gesamten Partei steht auf Betreiben des CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz im Raum.
Höcke selbst wird vom Landesamt für Verfassungsschutz bereits als Rechtsextremist eingestuft. Ihn als „Faschisten“ zu bezeichnen, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Meiningen von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das Landgericht Hamburg hatte nach Informationen des Portals „Legal Tribune Online“ allerdings klargestellt, das bedeute nicht, dass Höcke auch tatsächlich ein Faschist sei.
Merz musste Unterlassungserklärung gegenüber AfD abgeben
Die Gesamtpartei AfD war in der ersten Jahreshälfte bereits erfolgreich juristisch gegen den CDU-Parteichef Friedrich Merz vorgegangen.
Im Juni unterschrieb er eine Unterlassungserklärung. Darin verpflichtete er sich, nicht mehr zu behaupten, dass Funktionsträger oder Abgeordnete der AfD die Zugangsdaten zu ihren Social-Media-Konten an die AfD-Bundesgeschäftsstelle liefern würden, um von dort aus Botschaften zentral steuern und über sämtliche Kanäle ausspielen zu lassen.
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