SPD-Grundwertekommission-Vorsitzende: Gegen AfD-Verbot zum jetzigen Zeitpunkt

Aus den Reihen der SPD sind Stimmen laut geworden, die zur Vorsicht bei einem Verbotsverfahren gegen die AfD mahnen. Die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan, riet generell von einem solchen Schritt ab – aus Sorge vor noch mehr Zuspruch für die Oppositionspartei.
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Gesine Schwan, die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, hegt Bedenken gegen ein AfD-Verbot. (Archivbild)Foto: Christof Stäche/AFP via Getty Images
Von 30. September 2024

Gesine Schwan, die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, hat Bedenken gegen ein AfD-Verbot geäußert. Sie halte einen Verbotsantrag gerade jetzt für „politisch kontraproduktiv“, erklärte die 81-Jährige in einem Gespräch mit dem „Tagesspiegel“.

Ein Verbot der AfD „würde noch mehr Bürgerinnen und Bürger, die mit den Bedingungen und Erfordernissen der pluralistischen Demokratie wenig vertraut sind und sich mit ihr deshalb nicht identifizieren können, in die Arme der AfD treiben“.

SPD Sachsen-Anhalt mahnt zu „rechtssicherem Verfahren“

Die beiden Vorsitzenden des SPD-Landesverbands Sachsen-Anhalt, Juliane Kleemann und Andreas Schmidt, betonten ebenfalls im „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke), dass ein AfD-Verbotsverfahren „auf einem rechtssicheren Verfahren basieren“ müsse.

Sie sprachen von „offensichtlichen Verfassungsbrüchen“ der AfD während der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags. Doch diese allein genügten aus Sicht von Kleemann und Schmidt nicht, „um ein erfolgreiches Parteiverbot durchzusetzen“. Damit ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben könnte, forderten sie:

Es bedarf einer umfassenden Beweisführung, die eindeutig belegt, dass die Partei in ihrer Gesamtheit gezielt und systematisch gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeitet.“

Thüringer Innenminister für Verbotsverfahren

Schon ihr Parteikollege, der geschäftsführende Thüringer Innenminister Georg Maier, hatte sich nach dem ersten Tag der konstituierenden Sitzung vom vergangenen Donnerstag auf seinem X-Kanal für ein Verbot der AfD starkgemacht. Die AfD gehe „aggressiv kämpferisch gegen den Parlamentarismus vor“, lautete das Urteil Maiers: „Ich denke, dass damit die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren gegeben sind.“

Maier behauptete weiter, dass die „für ein Parteiverbot ebenfalls erforderliche Potentialität und der Verstoß gegen Art. 1 GG […] bei der AfD schon länger unstrittig“ seien. Damit warf Maier der AfD implizit vor, die Menschenwürde nicht zu achten. „Potentialität“ bedeutet im Zusammenhang mit Artikel 21 (2) des Grundgesetzes nach Interpretation der „Süddeutschen Zeitung“, dass eine tatsächliche Bedrohung von einer Partei ausgehen müsse:

Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“

Gruppe um Wanderwitz will AfD-Konkurrenz loswerden

Am Wochenende war bekannt geworden, dass eine Gruppe einzelner Bundestagsabgeordneter womöglich noch im Oktober einen Verbotsantrag gegen die AfD zur Abstimmung im Parlament vorlegen lassen will. Das dazu nötige Quorum von 37 Unterschriften sei deutlich übertroffen worden. Mit Ausnahme der AfD und des BSW hätten aus jeder Fraktion mindestens zehn Parlamentarier unterschrieben. Nach Informationen der „Welt“ wollen die Antragsteller auch den Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung zuungunsten der AfD erreichen.

Nun würde eine einfache Mehrheit im Bundestag genügen, um einen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, einen detaillierteren Antrag an das Bundesverfassungsgericht auszuarbeiten. Doch eine solche Mehrheit sei angesichts der Vorbehalte in den Fraktionen „unwahrscheinlich“, wie die „Welt“ berichtet. Insbesondere bei Union und SPD, aber auch bei den Grünen und Linken gebe es viele skeptische Stimmen, schon wegen des hohen Wählerzuspruchs zur AfD.

Treibende Kraft für den Verbotsantrag war nach Informationen der „Bild“ unter anderem der Chemnitzer CDU-MdB Marco Wanderwitz. Dieser hatte ein AfD-Verbot bereits im Juli 2023 gefordert und seitdem daran gearbeitet.

AfD „rechtsextremistischer Verdachtsfall“

Die AfD als Gesamtpartei wehrt sich schon länger gegen ihre Einstufung als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus und gegen ihre damit erlaubte Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Bislang führten die juristischen Anstrengungen der Parteispitze aber nicht zum Erfolg.

Demnächst soll das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, ob drei Nichtzulassungsbeschwerden der Alternative für Deutschland (AfD) zu Recht oder zu Unrecht vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster abgelehnt worden waren.

Verbotsantrag kurz nach konstituierender Sitzung in Thüringen

Aktueller Anlass für den Verbotsvorstoß der AfD-Gegner im Bundestag war die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags vom vergangenen Donnerstag, 26. September 2024.

Der Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) hatte seine ihm im Einklang mit der Landtagsgeschäftsordnung übertragene Aufgabe darin gesehen, die Sitzung strikt auf Grundlage der Geschäftsordnung zu führen. Demnach wollte er zunächst einen Landtagspräsidenten wählen lassen, bevor das Parlament Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung stellen konnte.

Die übrigen Fraktionen wollten das partout nicht akzeptieren und verlangten immer wieder eine vorzeitige Feststellung der Beschlussfähigkeit und eine Änderung der Geschäftsordnung, allen voran Andreas Bühl, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion.

Verfassungsgerichtshof Weimar entschied gegen AfD-Standpunkt

Am Ende des ersten Sitzungstages einigten sich das Parlament und der Alterspräsident nach stundenlangen hitzigen Debatten und Unterbrechungen darauf, die Streitfragen zum Prozedere vom thüringischen Landesverfassungsgerichtshof entscheiden zu lassen.

Die Richter verlangten eine Stellungnahme Treutlers noch bis zum Freitagmittag und entschieden noch am selben Abend gegen seine Argumente.

Am Samstagvormittag brachte Treutler die konstituierende Sitzung daraufhin ohne weitere Tumulte nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs über die Bühne.

Die Anti-AfD-Fraktionen im Landtag brachen dabei wenig überraschend mit dem jahrzehntelangen parlamentarischen Brauch, der AfD als stärkster Fraktion den Posten des Präsidenten zu überlassen. Stattdessen wurde der CDU-Abgeordnete Thadäus König gewählt. Der AfD wurde auch der Posten eines Vizepräsidenten verwehrt – als einziger Fraktion im Thüringer Landtag.



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