SPD-CDU-BSW-Koalition momentan einzig realistische Option

Ein Koalitionsbündnis von SPD, CDU und BSW stellt rechnerisch momentan die einzig realistische Option in Brandenburg dar. Doch die Parteien sind sich nicht unbedingt „grün“. Der zweite Teil unserer Wahlanalyse, Stand 11. September 2024.
Lehnt Koalitionen mit Linken und AfD weiter ab: Brandenburgs CDU-Landeschef Jan Redmann.
Das Archivbild zeigt Brandenburgs CDU-Landeschef Jan Redmann bei einem Pressetermin. Seine Partei liefert sich vor der Landtagswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem BSW.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 12. September 2024

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Knapp zwei Wochen vor der letzten Landtagswahl des Jahres 2024 zeichnen sich auch in Brandenburg auf Grundlage einer Wählerumfrage Schwierigkeiten ab, nach dem 22. September eine regierungsfähige Koalition zu bilden.

Im ersten Teil des Artikels ging es um die Chancen der erstplatzierten AfD und um die Ansage des amtierenden Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke (SPD) zurückzutreten, falls die AfD am 22. September 2024 tatsächlich die meisten Stimmen holen sollte.

Ungeachtet der Rücktrittsankündigung Woidkes wird die SPD höchstwahrscheinlich zweitplatzierte Kraft werden. Da keine Partei mit der voraussichtlich erstplatzierten AfD zusammenarbeiten will, wird die SPD den Anspruch der Regierungsführung wohl weiter aufrechterhalten.

Bliebe es bei den aktuellen Umfragewerten des Instituts Wahlkreisprognose, käme die SPD kaum um eine Koalition mit der CDU und mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) herum. Denn alle übrigen Parteien tummeln sich an oder unter der Fünf-Prozent-Hürde.

  • AfD: 30,0 Prozent (plus 1,0)
  • SPD: 20,5 Prozent (plus 4,5)
  • CDU: 15,0 Prozent (minus 1,5)
  • BSW: 14,5 Prozent (minus 2,5)
  • Grüne: 5,5 Prozent (plus 0,5)
    ———————————–
  • BVB/FW: 4,5 Prozent (minus 1,0)
  • Linke: 3,5 Prozent (stabil)
  • FDP: 1,0 Prozent (minus 0,5)
  • Sonstige: 5,5 Prozent (minus 0,5)

BSW kann sich zurücklehnen – Grüne bald draußen?

Das bisher regierende rot-schwarz-grüne „Kenia“-Bündnis wäre damit Geschichte. Zumindest die Grünen um Spitzenkandidatin Antje Töpfer wären nicht mehr in der Regierungsverantwortung. Und womöglich, wie in Thüringen auch gar nicht im Landtag vertreten, sollten die Grünen die Fünf-Prozent-Hürde doch noch unterschreiten.

Das BSW dagegen hätte wie in Thüringen und Sachsen erneut Chancen, zum Königsmacher zu avancieren. Gemeinsam kämen SPD, BSW und CDU auf genau 50 Prozent und eine klare Sitzmehrheit: Von den insgesamt 88 Plätzen im Landtag wären 51 erobert.

Die Grafik zeigt das Ergebnis einer Meinungsumfrage des Instituts Wahlkreisprognose zur Landtagswahl in Brandenburg am 22. September 2024, Stand 05. September 2024. Foto: Bildschirmfoto/dawum

Die Grafik zeigt das Ergebnis einer Meinungsumfrage des Instituts Wahlkreisprognose zur Landtagswahl in Brandenburg, Stand 5. September 2024. Foto: Bildschirmfoto/dawum

Ohne das BSW wäre lediglich noch „Kenia“ als Minderheitsregierung mit 42 Sitzen möglich – toleriert von AfD und BSW. Woidke hatte im „Tagesspiegel“ bereits die Nachteile skizziert:

Wenn ein Ministerpräsident mit einer Minderheit regieren müsste, könnte er mit Wirtschaftsvertretern zwar reden, am Ende aber keine einzige Entscheidung im Landtag durchsetzen.“

Woidke sieht Wagenknecht-Partei als „Blackbox“

Derzeit erscheint allerdings auch eine SPD/CDU/BSW-Mehrheitsregierung nicht sicher. Woidke hatte das BSW im „Tagesspiegel“ eine „Blackbox“ genannt: „Da muss man abwarten, ob es überhaupt zu Gesprächen bereit ist, ob eine Zusammenarbeit möglich wäre oder nicht.“ Auf keinen Fall aber werde er direkt mit der BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht verhandeln:

Das, was sie in Sachsen und Thüringen angedroht hat, so eine Art Fernsteuerung aus dem Saarland, das würde in Brandenburg nicht funktionieren. Das würde ich auch ablehnen. Die Menschen, die hier Politik machen wollen, müssen auch hier mit am Tisch sitzen und müssen ihre Entscheidungen vertreten.“

Die Wahlsaarländerin Wagenknecht hatte kurz nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen betont, dass sie zumindest ein Wörtchen mitreden wolle: „Wer mit uns koalieren will, sollte keine Angst haben, auch mit mir zu reden. Aber die eigentlichen Koalitionsverhandlungen werden natürlich unsere Kandidaten vor Ort führen“, zitiert sie die „taz“. Sie selbst besitze „nicht den Ehrgeiz“, „wochenlang an spezialisierten Arbeitsgruppen“ teilzunehmen.

Crumbach legt AfD-Verbotsüberlegungen ad acta

Für das BSW würde also hauptsächlich der BSW-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Robert Crumbach die Verantwortung für Gespräche mit anderen Parteien tragen. Der 61-jährige Arbeitsrichter war früher selbst SPD-Mitglied. Erst kürzlich hatte er über die AfD gesagt: „Wenn wir einen Antrag in der Sache für richtig halten, dann werden wir zustimmen.“ Allerdings hatte er auch dafür plädiert, ein AfD-Verbot prüfen zu lassen.

Wie der „Tagesspiegel“ berichtete, nahm Crumbach davon am 9. September wieder Abstand: „Ein AfD-Verbot ist das völlig falsche Mittel“, zitiert ihn die Zeitung (Bezahlschranke). Crumbach habe versprochen, mit AfD-Anträgen so umzugehen wie mit allen anderen auch. Damit habe der Jurist auf ein offenes Angebot des AfD-Landesvorsitzenden René Springer reagiert, der früher ebenfalls SPD-Mitglied gewesen war.

Das BSW vor der Wahl – und danach

Im Vorfeld des 1. Septembers hatte sich Wagenknecht zwar immer wieder gegen eine Koalition, aber auch für einen „anderen“ Umgang mit der AfD in Sachfragen ausgesprochen – wie laut „Zeit“ nun auch im Fall Brandenburg.

Doch kurz nach den Wahlergebnissen von Sachsen und Thüringen beschloss der thüringische BSW-Landesverband, keiner Koalition, keiner Tolerierung, keiner Zusammenarbeit und keinen Vorbesprechungen zu Anträgen zuzustimmen, sobald die AfD beteiligt sei. Es werde auch keine Options- oder Sondierungsgespräche geben.

Zur Bedingung für ein Bündnis habe Wagenknecht andererseits gemacht, dass ihre potenziellen Partner „zurück zur Entspannungspolitik“ im Ukraine-Krieg finden müssten – eine Forderung, die auch von der AfD stammen könnte. Das betrifft zwar ein bundespolitisches Thema, doch die Ansage dürfte sowohl die SPD als auch die Grünen und die CDU in Brandenburg vor Schwierigkeiten stellen.

CDU-Kandidat will „für klare Verhältnisse sorgen“

Für die CDU geht der Jurist Jan Redmann (44) ins Rennen, der CDU-Landeschef und Fraktionsvorsitzende im Landtag. Als neuer Teil der Regierung wolle er wieder „für klare Verhältnisse sorgen“, Bürokratie, Arbeitskräftemangel und hohe Energiekosten beseitigen, so Redmann laut „Tagesschau“ auf einer Wahlkampfveranstaltung vom vergangenen Mittwoch in Brandenburg an der Havel.

Das Archivbild zeigt Jan Redmann (CDU). Foto: via dts Nachrichtenagentur

Auch wenn CDU-Parteichef Friedrich Merz und Sachsens geschäftsführender Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) das Wort „Brandmauer“ nicht mehr gerne hören, gilt auch für Redmann auf Landesebene der seit Dezember 2018 gesetzte Parteitagsbeschluss (PDF): keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD und mit der Linken.

SPD Brandenburg nicht gut auf Ampel zu sprechen

Auch Woidke hatte sich kürzlich wenig gesprächsoffen gezeigt – allerdings gegenüber der Ampelregierung in Berlin und gegenüber dem Bundeskanzler. Seinen Parteigenossen wollte Woidke nicht im Brandenburger Wahlkampf sehen, obwohl Scholz selbst in Potsdam lebt.

SPD-Landesfinanzministerin Katrin Lange hatte wenige Tage später ihrer Bundesparteivorsitzenden Saskia Esken geraten, „grundsätzlich nicht mehr an Talkshows“ teilzunehmen. Lange hatte es Esken übel genommen, dass diese im Fernsehen erklärt hatte, aus dem Messerattentat von Solingen lasse sich „nicht viel lernen“.

Leserservice

Am Dienstag, 17. September 2024, überträgt der rbb ab 20:15 Uhr aus der „Biosphäre Potsdam“ eine Live-Talkrunde mit allen Spitzenkandidaten, die eine realistische Chance haben, die Fünf-Prozent-Marke zu überspringen:

Die Bundeszentrale und die brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung hatten für die Landtagswahl 2024 auch einen Wahl-O-Mat entwickelt.



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