Scholz verspricht: Keine Kampfjets für die Ukraine

Bundeskanzler Olaf Scholz bleibt bei seinem Nein zur Abgabe von Kampfjets oder Bodentruppen an die Ukraine. Nicht ganz so eindeutig positioniert sich die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Und sie ist nicht allein.
Titelbild
Ein Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 31 fliegt eine Übung (Archivbild). Die Düsenjäger sollen nicht an die Ukraine geliefert werden.Foto: Oliver Berg/dpa/dpa
Von 30. Januar 2023

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bei seinem Südamerika-Besuch in Santiago de Chile am Sonntag, dem 29. Januar, gegen Forderungen gewehrt, doch noch Kampfflugzeuge aus Beständen der deutschen Luftwaffe an die Ukraine zu liefern.

„Daran wird sich auch nichts ändern“

Scholz erinnerte daran, dass er schon kurz nach dem Angriff der russischen Truppen Ende Februar 2022 mit dem US-Präsidenten Joe Biden vereinbart hatte, keinerlei Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Sie seien sich einig gewesen, dass solch ein Schritt zu einem Konflikt zwischen Russland und der Nato führen könnte. Um dies zu vermeiden, habe man auch in Kauf genommen, dass keine Flugverbotszone über der Ukraine realisierbar sei.

Biden und er hätten sich auch darauf verständigt, keine Bodentruppen in die Ukraine zu senden. Scholz bezeichnete entsprechende Forderungen als „unsinniges Ansinnen“. „Es ist dazu jetzt wirklich alles gesagt, auch von mir“, stellte Scholz klar.

„An dieser Haltung hat sich gar nichts geändert und wird sich auch nichts ändern“, hatte Scholz bereits am 25. Januar im Bundestag bekräftigt.

Kein „Überbietungswettbewerb“

Einen „Überbietungswettbewerb, bei dem vielleicht innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund“ stünden, lehne er ab. Stattdessen sei „eine seriöse Debatte notwendig“. Es müsse um die Sache und um rationale Abwägungen gehen, wenn es um eine so wichtige Frage wie jene um Waffenlieferungen gehe, sagte Scholz. Es sei „eigenwillig, dass diese Debatte geführt“ werde.

Der Kanzler versprach, dass aus dem Ukraine-Krieg kein Krieg werde, der „die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen“ würde. „Das wird nicht passieren, das werden wir mit aller Kraft verhindern, das haben wir auch die ganze Zeit verhindert und werden es weiter tun“, so Scholz. Gleichwohl sei der Krieg eine „Herausforderung für die internationale Ordnung insgesamt“. Er habe auch weitreichende Folgen – etwa mit Blick auf die Rohstoffpreise und die Ernährungssicherheit.

Kein definitives Nein von Esken

Die Parteivorsitzende von Scholz, Saskia Esken, äußerte jüngst allerdings kein klares Nein zu Kampfjet-Lieferungen: „Es kommt ja ganz entscheidend darauf an, dass eben Deutschland und dass auch die Nato nicht Kriegspartei sind“, sagte sie am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Wir sind nicht, und wir wollen vor allem auch in alle Zukunft vermeiden, Kriegspartei zu sein. Auch die Nato wird niemals Kriegspartei werden in diesem Krieg“, versicherte die Sozialdemokratin.

„Größte Niederlage Wladimir Putins“

Es sei „bereits heute die größte Niederlage Wladimir Putins, dass er entgegen seiner Erwartung nicht erleben darf, dass der in seinen Augen schwache Westen, dass die schwachen Demokratien auseinanderfallen, dass der Zusammenhalt nicht hält“, so Esken in der ARD.

Die Bundeswehr sei „in den letzten Jahren in höchstem Maße auch kaputtgespart worden“, kritisierte die SPD-Chefin. Nachdem der Fokus lange bei Auslandseinsätzen gelegen habe, müssten „wir“ nun bei der Bündnis- und Landesverteidigung „besser werden“ und „klarere, auch langfristige Verträge“ „in den Lieferbeziehungen zur Rüstungsindustrie“ haben, forderte Esken.

Sicherheitskonferenzchef pro Kampfjet-Lieferungen

Eindeutig für die Lieferung von Düsenjägern sprach sich Christoph Heusgen aus, der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. „Ich glaube, dass die Lieferung von Kampfjets adäquat ist, um die Ukraine besser zu schützen gegen die Angriffe der Russen“, sagte Heusgen im ARD-„Europamagazin“. Es mache „vom Völkerrechtlichen her […] keinen Unterschied“, ob „ausländische Partner“ der angegriffenen Ukraine „Kampfjets oder einen Panzer“ lieferten.

Vom „Ziehen roter Linien“ halte er „überhaupt nichts“, sagte Heusgen. Man müsse sich stets „umgekehrt […] an den Provokationen Putins“ orientieren und „gemeinsam reagieren“. Wenn Putin in der Ukraine siege, dann werde „er dort nicht haltmachen“, sagte Heusgen voraus. Es seien nicht die Waffen liefernden Länder, sondern Putin, der eskaliere, „weiterhin das Existenzrecht der Ukraine“ leugne und Kriegsverbrechen begehe.

„Den Russen kann man nicht trauen“

Es sei zwar „absolut richtig, dass immer mal wieder mit Putin gesprochen“ werde, räumte Heusgen ein, aber es liege eben an Putin, zu verstehen, „dass er hier gegen eine Mauer“ renne. Man wisse, wie verlässlich Vereinbarungen mit Moskau seien: „Den Russen kann man nicht trauen“, mahnte Heusgen.

Im Interview mit der „Rheinischen Post“ hatte Heusgen erst kürzlich dem Kanzler vorgeworfen, mit seinem Zögern zu Kampfpanzer-Lieferungen Washington verstimmt zu haben. Zudem habe Scholz die von den USA erwartete Führungsrolle Deutschlands nicht angenommen. „Die USA haben zehnmal so viele Waffen an die Ukraine geliefert wie Deutschland. Ich weiß nicht, wo wir Europäer bei der Unterstützung der Ukraine ohne die Amerikaner stünden, oder wo die Russen jetzt stünden“, gab Heusgen zu bedenken.

Überhaupt müsse Europa mehr für die Sicherheitspolitik tun, „weil sich die Nato-Führungsmacht USA stärker in den indopazifischen Raum“ orientieren werde. Trotzdem würde Europa auch „in absehbarer Zeit“ die USA als Schutzmacht brauchen.

Unionspolitiker Hardt für Kampfjet-Abgabe

Auch der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt kritisierte Scholz für dessen kategorisches Nein zu Kampfjet-Lieferungen. „Irgendwelche Dinge auszuschließen, nutzt nur dem Kreml“, sagte Hardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Der militärische Bedarf der Ukraine sollte unser Orientierungspunkt sein.“

Nach mehreren Medienberichten schließen die USA und Frankreich eine Lieferung von Kampfflugzeugen inzwischen nicht mehr aus, um Kiew gegen Russland zu unterstützen. Das berichtet u. a. das Nachrichtenportal „n-tv.de“.

Mahnende Stimmen

Andere Stimmen fordern einen sofortigen Stopp von Waffenlieferungen und die Rückkehr auf das diplomatische Parkett. So warnte der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, ebenso vor einer drohenden Eskalation wie AfD-Co-Sprecherin Alice Weidel und der Ex-US-Präsident Donald Trump.

Bartsch sprach von „Irrsinn, der zunehmend an die Schlafwandler von 1914“ erinnere. Trump verbreitete am 26. Januar 2023 auf seiner Plattform „Truth Social“ den Aufruf: „Erst kommen die Panzer, dann kommen die Atomwaffen. Beendet diesen verrückten Krieg, JETZT! Es ist so einfach, das zu tun!“

Weidel stellte in einer Pressemitteilung klar, dass die AfD „gegen die Lieferung des Leopard-Kampfpanzers und erst recht gegen den Einsatz von europäischen Kampfjets“ sei. „Der Ukraine-Krieg wird sich nicht mit Waffengewalt beenden lassen. Statt sich über eine weitere Eskalation des Konfliktes Gedanken zu machen, der Schritt zum dritten Weltkrieg ist nicht mehr so weit, sollte sich die internationale Staatengemeinschaft intensiver für Friedensverhandlungen einsetzen“, forderte Weidel.

Bundeswehr: 138 Eurofighter, 93 Tornados

Die Bundeswehr verfügt derzeit über rund 270 Kampfflugzeuge, nämlich 138 „Eurofighter Tycoon“ und 93 „Panavia 200 Tornado“. Nicht alle sind einsatzbereit. Dazu kommen noch rund 40 Maschinen vom Typ Northrop T-38 „Talon“, die in den USA zu Ausbildungszwecken unterhalten werden.

Die gealterten Tornados sollen ab 2026 nach und nach durch insgesamt 35 US-Düsenjäger des Typs F-35 ersetzt werden. Das berichtet die Bundeswehr. „Die Kampfjets sollen ab 2027 auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel stationiert werden, um im Ernstfall die nukleare Teilhabe zu ermöglichen.“

Bundeswehr soll 14 Leopard 2 abgeben

Am 24. Januar 2023, genau elf Monate nach Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine, hatte Bundeskanzler Scholz der Ukraine versprochen, 14 deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 zur Verfügung zu stellen. Außerdem gab er auch anderen westlichen Ländern die Genehmigung, Leopards aus deren Beständen nach Kiew zu schicken.

Kaum 24 Stunden später forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Unterstützung von seinen westlichen Verbündeten: Raketen und Kampfjets stehen nun auf seinem Wunschzettel.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rief auf Twitter nach F-16-Kampfjets. Polen unterstützte die Forderung: Die NATO müsse „mutiger sein“, erklärte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am 26. Januar 2023 dem französischen Sender „LCI“.

Ein europäisches Land, das anonym bleiben will, forderte unterdessen von Deutschland auch die Freigabe von Streumunition.

Scholz in Südamerika

Kanzler Scholz ist seit Sonntag beim chilenischen Präsidenten Gabriel Boric zu Gast. Vor Ort lobte er „Chiles sehr klare Haltung bei der Verurteilung der russischen Aggression“.

Scholz sagte seinem Gastgeber unter anderem Hilfe beim Aufbau einer Gedenkstätte für die Opfer der früheren Siedlung „Colonia Dignidad“ zu. Scholz sagte, Deutschlands Unterstützung werde „mit aller Zurückhaltung“ geschehen.

Nach der Teilnahme an einem deutsch-chilenischen Wirtschaftsforum will Scholz in die brasilianische Hauptstadt Brasilia fliegen, um den neuen brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva zu treffen. Es stehen Gespräche über Klimaschutz, über eine energiepolitische Zusammenarbeit bei „grünem Wasserstoff“ und über Wege zur „Verteidigung der Demokratie“ auf dem Programm.

Keine Waffen aus Argentinien für die Ukraine

Am Samstag musste Scholz zum Auftakt seiner Südamerika-Reise in Buenos Aires (Argentinien) ein klares Nein zu seiner Bitte für mehr Engagement gegen Russland einstecken: „Argentinien und Lateinamerika denken nicht daran, Waffen an die Ukraine oder irgendein anderes Land in einem Konflikt zu schicken“, stellte der argentinische Präsident Alberto Ángel Fernández nach Angaben der „Tagesschau“ fest.



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