„Russisches Gas fehlt nicht mehr“: Habeck erklärt Ende der Mangellage – ein Haken bleibt

Obwohl die Alarmstufe des Gasnotfallplans aus dem Jahr 2022 noch offiziell in Kraft ist, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Osnabrück das Ende der Gasmangellage erklärt. Der Gaspreis werde allerdings „moderat“ teurer als vor dem Jahr 2020 bleiben.
Das LNG Terminal-Schiff Transgas Force Drei an der Lloyd-Werft in Bremerhaven.
Das Archivbild zeigt das LNG-Terminal-Schiff „Transgas Force“ an der Lloyd-Werft in Bremerhaven.Foto: Focke Strangmann/dpa
Von 19. September 2024

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die deutsche Gasmangellage für beendet erklärt. „Das russische Gas fehlt nicht mehr, also jedenfalls nicht als Menge an Molekülen“, erklärte Habeck am Mittwoch, 18. September 2024, während eines Bürgerdialogs in Osnabrück. Die deutschen Gasspeicher seien jedenfalls voll:

Es gibt keine Gasmangellage mehr.“

Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) hatte den Abend organisiert. Die „Welt“ hatte als erstes Medium darüber berichtet.

Offiziell gilt in Deutschland noch die Alarmstufe des Gasnotfallplans. Habeck hatte die Alarmstufe am 23. Juni 2022 ausgerufen. Von einer Änderung des Status ist auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am Vormittag des 19. September 2024 allerdings bisher nichts zu finden.

Gaspreis künftig „moderat“ teurer als vor Corona-Zeit

Habeck hatte vor Lesern der NOZ eingeräumt, dass die Gaspreise aktuell „höher als 2017 bis 2019“ seien. Auch in Zukunft sei mit Kosten zu rechnen, die „moderat über den Preisen der Vor-COVID-Jahre“ liegen würden, so Habeck nach Angaben der „Welt“. Darauf müssten sich die Unternehmen in ganz Europa eben einstellen.

Mit einer „Knappheit“ habe das aber nichts zu tun, so der Wirtschaftsminister nach „Welt“-Informationen. Das erhöhte Preisniveau liege vielmehr daran, dass „das Gas aus Russland halt Pipeline-Gas“ gewesen sei. Die nun relevante Alternative Liquid Natural Gas (LNG) müsse unter ganz anderen Bedingungen transportiert werden: Das Flüssiggas müsse schließlich „runtergekühlt und aufs Schiff verladen und über den Ozean geschickt werden“, so Habeck. Das mache das LNG „in der Regel teurer“. Andererseits rechne er mit sinkenden Preisen infolge eines steigenden Angebots.

Neue Gasanlagen in Planung

Die ersten deutschen LNG-Terminals seien jedenfalls schon in Betrieb, so Habeck. Eine Reserve für den bevorstehenden Winter sei ebenfalls vorhanden. Weitere LNG-Anlagen würden „demnächst“ einsatzbereit sein.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) will die Ampel-Koalition bis zur Bundestagswahl weiterführen. (Archivbild)

Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) setzt auch auf LNG und Wasserstoff als Energiequellen für Deutschland (Archivbild). Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die Bundesregierung hatte Anfang Juli 2024 auf Basis ihrer „Kraftwerksstrategie“ beschlossen, ein neues Kraftwerksicherheitsgesetz auf den Weg zu bringen, auf dessen Grundlage neue Gaskraftwerke und Energiespeicher gebaut werden sollen.

Für die Speicher wird nach Angaben des Onlineportals „Solarserver“ eine Kapazität von 500 Megawatt angestrebt. Die Gaskraftwerke sollen insgesamt 12,5 Gigawatt Leistung bringen. Zwei Gigawatt sollen über Altanlagen erzeugt werden, die noch auf Wasserstoff umgerüstet werden sollen. 0,5 Gigawatt sollen über brandneue Wasserstoffkraftwerke dazukommen. Nach Angaben der Bundesregierung (PDF, Seite 28) sollen außerdem je fünf Gigawatt von neuen Anlagen für wasserstofffähige Erdgaskraftwerke und von neuen herkömmlichen Erdgaskraftwerken geleistet werden.

Das Geld soll teils aus dem Klima- und Transformationsfonds, teils aus einer noch zu entwickelnden Umlage aufgebracht werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 lag die gesamte installierte Kraftwerksleistung in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamts bei rund 250 Gigawatt.

Nach Informationen der „Welt“ müssen Gaskunden heute etwa 50 Prozent mehr für die Megawattstunde bezahlen als vor Krisenbeginn. Den zuletzt deutlichen Preisanstieg vom Sommer habe Habeck der Hitze zugeschrieben, die in Asien und Teilen Europas geherrscht habe: Die Klimaanlagen vor Ort hätten „die ganze Zeit geballert“.

„Man sieht, dass die globale Erwärmung an ganz unerwarteten Stellen einen preistreibenden Effekt hat“, habe der Grüne nachgeschoben.

Habeck: Strompreissenkung der Regierung zu verdanken

Auch zum zwischenzeitlich exorbitant gestiegenen Strompreis hatte Habeck in Osnabrück einige Worte parat. Dieser sei zwar höher als „in vielen Zeiten davor“, insgesamt aber seien die Kosten wieder „für viele Leute ‘runtergegangen, weil wir die Steuern und die Abgaben ‘rausgenommen haben“.

Wer heute Strom zum Preis von etwa 26 Cent pro Kilowattstunde beziehen wolle, dem empfehle er den Blick in die einschlägigen Vergleichsportale: „Das hat sich wirklich ‘runterbewegt, auch weil die Bundesregierung Teile des Stroms übernommen hat“, habe Habeck wiederholt. Dabei spielte er nach Angaben der „Welt“ auf die Übernahme der EEG-Umlage im Juli 2022 durch den Bundeshaushalt an.

Er selbst sei allerdings „zu faul“ und zu sehr beschäftigt, um sich privat um seine eigenen Stromkosten zu kümmern.

Habeck habe seine Überzeugung verteidigt, nach der neben der bereits Mitte April 2023 vollzogenen Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke auch die Kohlekraftwerke sukzessive vom Netz genommen werden müssten, obwohl sie grundlastfähig seien. Nun gelte es eben, Geld in Stromspeicher-, Wasserstoffanlagen und in die Netze zu stecken. Das deutsche Stromsystem müsse „stabilisiert“ und „neu gedacht“ werden:

Ich hoffe, dass die Kraft noch reicht, das in dieser Legislaturperiode noch grundsätzlich zu verabschieden.“

Energiewende als Generationenprojekt

Habeck habe um Verständnis gebeten, dass all seine Pläne Milliardenkosten verursachen würden: Immerhin baue die Regierung „nicht für eine Legislatur“ und „noch nicht mal für ein Jahrzehnt“, sondern „für zwei bis drei Generationen“.

Infolgedessen könne man nicht damit rechnen, dass die Kosten bereits nach zehn oder 15 Jahren amortisiert seien. Das nämlich würde „uns killen“, gab Habeck zu bedenken. Deshalb wolle er den Weg einer längerfristigen staatlichen Vorfinanzierung beschreiten.

Als einen potenziellen Speicher betrachtet Habeck laut „Welt“ übrigens die Akkumulatoren der Elektroautos. Deren Besitzer könnten die darin gespeicherte Energie nachts oder bei Flauten ins Netz zurückspeisen. Seiner Ansicht nach werde das „dazu führen, dass das Stromsystem insgesamt günstig wird“, so Habeck in Osnabrück.

Habeck besucht im Rahmen seiner Nordwest-Tour bis zum 20. September Unternehmen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Stationen sind nach Angaben der „Investmentweek“ die vom Bund durch eine staatliche Beteiligung gestützte Meyer Werft in Papenburg und das VW-Werk in Emden.



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