Ringen um die Friedensformel – ohne Russland: Das sind die Forderungen der Ukraine

Am 14. Januar soll in Davos die vierte internationale Friedenskonferenz für die Ukraine stattfinden. Abermals ohne russische Unterhändler. Einen Durchbruch wird es wohl nicht geben.
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Symbolbild: Eine Sicherheitskraft in Tarnanzug bewacht das Kongresscenter des World Economic Forum (WEF) in Davos. In dem streng abgeschirmten Schweizer Skiort soll am 14. Januar auch ein Treffen zur Zukunft der Ukraine stattfinden.Foto: Fabrice Coffrini / AFP / Getty Images
Von 13. Dezember 2023

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (45) hat für den 14. Januar 2024 eine weitere internationale Friedenskonferenz angekündigt: Im schweizerischen Davos sollen einen Tag vor dem jährlichen Treffen des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, WEF) erneut Gespräche mit Sicherheitsberatern über die ukrainische „Friedensformel“ stattfinden – allerdings noch immer ohne Unterhändler aus Russland. Das berichtet unter anderem das Schweizer Magazin „Blick“.

Wie der „Tages-Anzeiger“ annimmt, könnte die Wahl von Ort und Zeit auf Davos gefallen sein, weil Sicherheitsmaßnahmen durch das WEF-Treffen vor Ort bereits „implementiert“ seien.

Selenskyj habe das Treffen während seines Besuches in Argentinien auf seinem X-Kanal bekannt gegeben. Er war unter anderem nach Südamerika gereist, um dem neuen Staatspräsidenten Javier Milei zu dessen Amtseinführung zu gratulieren und die Chancen für ein Gipfeltreffen mit lateinamerikanischen Regierungsvertretern auszuloten. Danach sei Selenskyj weiter nach Washington gereist, um weitere US-Militärhilfen zu erbitten.

Erfolg nicht abzusehen

Ob Davos zum Durchbruch führen wird, scheint äußerst fraglich. Denn seit dem Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 hatte es immer wieder ähnliche Versuche gegeben, am Verhandlungstisch einer Lösung des Konflikts näherzukommen. Nach Angaben des „Blick“ handelt es sich bereits um den vierten Gipfel, bei dem die ukrainische „Friedensformel“ im Mittelpunkt steht. Laut SRF steht die Liste der Teilnehmerstaaten bisher nicht fest.

Selenskyj habe das Friedensformelpapier, das im Kern aus einem „Zehn-Punkte-Plan“ für eine künftige ukrainische Friedensarchitektur besteht, bereits im September 2022 per Videoschalte während einer UN-Vollversammlung vorgestellt, berichtet der „Blick“. Danach seien die Eckpunkte jeweils am 26. Juni in Kopenhagen, am 6. August in Dschidda (Saudi-Arabien) und am 30. Oktober auf Malta von nationalen Sicherheitsberatern verschiedener Staaten diskutiert worden. Russische Vertreter seien bei keinem der Treffen dabei gewesen.

Die wichtigsten Forderungen der Ukraine:

  • Einstellung der Kampfhandlungen
  • Übergabe des AKW Saporischschja an die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) und ukrainisches Personal
  • Rückzug der russischen Truppen hinter die ukrainischen Grenzen von 1991
  • Freilassung sämtlicher Gefangener
  • Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine
  • Entschädigungszahlungen von Russland für den Wiederaufbau
  • Sondertribunal für die von Russen begangenen Kriegsverbrechen
  • Garantien für Atom-, Energie- und Nahrungsmittelsicherheit
  • Umsetzung der Charta der Vereinten Nationen

Für Kreml-Chef Wladimir Putin (71) sei die Vision Selenskyjs inakzeptabel, so der „Blick“. Denn schon in der womöglich wichtigsten Frage, nämlich der Aufteilung des umkämpften Territoriums, weiche der Standpunkt Selenskyjs deutlich von dem ab, was Putin zu akzeptieren bereit sei. Russland bestehe nämlich zunächst auf der „Anerkennung der annektierten Gebiete im Osten der Ukraine und der Krim als russisches Staatsgebiet“, bevor es überhaupt an Friedensverhandlungen teilnehmen wolle.

Externe Friedensinitiativen gescheitert

Friedensinitiativen für die Ukraine waren auch bereits von anderen Regionen ausgegangen. So hatten im Juni 2023 beispielsweise mehrere afrikanische Staaten zur Deeskalation und zu Verhandlungen aufgerufen.

Auch China hatte bereits im Februar ein Zwölf-Punkte-Papier für eine Waffenruhe in der Ukraine vorgelegt, das aber im Mai von der Ukraine abgelehnt wurde. Eine klare Mehrheit der UN-Vollversammlung fordert zudem den Abzug Russlands aus der Ukraine. Bislang aber blieben alle Anstrengungen ohne Durchschlagskraft.

Nach Informationen des österreichischen Obersts des Bundesheers Markus Reisner spielt die Zeit nun allerdings „Putin in die Hände“. Im Gespräch mit der „Berliner Zeitung“ räumte der studierte Historiker ein, dass „elf oder bald sogar zwölf Sanktionspakete“ es nicht geschafft hätten, die russische „Bevölkerung von ihrem Präsidenten und seiner Führung zu trennen“. „Im Gegenteil“, die Russen stünden zusammen und sprächen sich gegenseitig Mut zu.

Sommeroffensive erfolglos – Pattsituation an der Front

Die Ukraine werde angesichts des nahenden Winters wohl „gezwungen“ sein, „in die Verteidigung überzugehen“, stellte Reisner klar. Er bestätigte, dass man – wie kürzlich der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj – derzeit von einer „Pattsituation“ sprechen könne. Die Sommeroffensive Kiews sei „praktisch gescheitert“. Jetzt werde die russische Armee ihre „strategische Luftkampagne“ wahrscheinlich fortsetzen. Speziell in der Kampfregion Donbass sei die Lage schwierig:

Die Ukraine wird nun Entscheidungen treffen müssen zum Wohle der Soldaten, die möglicherweise ja auch implizieren, dass man gewisse Geländeabschnitte hergeben muss.“

Was die Weihnachtsfeiertage und das Neujahr angehe, könne es „sowohl zu einer kurzen Feuerpause kommen als auch zur Intensivierung der Kämpfe“. Von einem Rückzug oder gar dem Eingestehen einer Niederlage aber will Reisner nichts wissen. Er fordert vielmehr weitere Anstrengungen:

Die Ukraine braucht Waffensysteme, vor allem Störsysteme, die russische und iranische Drohnen vom Himmel holen. Damit sie dann das elektromagnetische Feld, jenes Feld, wo gefunkt und kommuniziert wird, beherrschen. Dann könnte man wieder in die Offensive übergehen.“

US-Republikaner blockieren Hilfe

Ob diese Militärhilfen noch von den Verbündeten der Ukraine geliefert werden, steht in den Sternen. In den Vereinigten Staaten etwa wird die Freigabe neuer Mittel wegen unterschiedlicher Auffassungen über Art und Umfang im US-Parlament blockiert: Mehr und mehr Republikaner melden Zweifel an oder lehnen noch mehr Hilfe von vorneherein ab.

Nach Angaben der Regierung in Washington werden die bisher vom Parlament bewilligten Mittel für die Ukraine zum Jahresende komplett aufgebraucht sein. Die USA hätten seit Kriegsbeginn „bereits Militärhilfen in Höhe von mehr als 44 Milliarden Dollar geliefert oder zugesagt“.

Wahr gewordener Traum für Putin?

Selenskyj aber will die Blockade der Republikaner nach Angaben der „Berliner Zeitung“ offenbar nicht einfach so hinnehmen: Wenn die USA ihre Leistungen weiter hinauszögerten, käme das einem „wahr gewordenen Traum“ für den russischen Staatschef Wladimir Putin gleich, habe Selenskyj am 11. Dezember in einer Ansprache in der Nationalen Universität für Verteidigung in Washington erklärt.



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