Querdenken-Gründer inhaftiert: Ballweg hofft auf Hilfe vom Folter-Experten
Michael Ballweg, der Gründer der Querdenker-Bewegung, hat in einem offenen Brief Nils Melzer, den ehemaligen UN-Sonderberichterstatter gegen Folter, um Hilfe gebeten. Der Stuttgarter Unternehmer Ballweg geht offenbar davon aus, dass er in Deutschland keine Chance mehr auf ein faires Gerichtsverfahren hat.
Über fünf Monate in Haft
„Mit meiner Verhaftung soll augenscheinlich ein abschreckendes Exempel statuiert werden“, schrieb Ballweg an Melzer. Er befürchte, dass die Behörden seine Untersuchungshaft möglichst lange hinauszögern wollten, um ihn einer „psychischen Folter auszusetzen“, seinen Leumund zu ruinieren, finanziellen Schaden zuzufügen und um zu verhindern, dass er sich „weiterhin für die Grund- und Menschenrechte“ einsetze.
Ballweg sitzt nach Angaben seines Anwaltsteams seit dem 29. Juni 2022 in Untersuchungshaft im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim. Sein Vermögen sei nach einer Hausdurchsuchung bis auf 300 Euro „arrestiert“ worden, bestätigte sein Rechtsbeistand, der „Querdenkeranwalt“ Ralf Ludwig, auf seinem Telegram-Kanal. Damit sei Ballweg „jede Möglichkeit genommen“ worden, sich „angemessen zu verteidigen“.
Seit Monaten organisieren Ludwig und seine Mitstreiter beinahe wöchentlich Demonstrationen oder Mahnwachen vor dem Gefängnis. Die jüngste Veranstaltung fand unter dem Motto „#FreeMichaelBallweg – Adventsbesuch bei Michael“ am dritten Adventssonntag statt.
Vorwurf: versuchter Betrug
Anlass für den postalischen Hilferuf Ballwegs ist ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart, der Monate nach dem ersten Haftbefehl vom Juni 2022 getroffen worden war. Bei der Festnahme Ballwegs war das Amtsgericht Stuttgart noch davon ausgegangen, dass Ballweg Spendengelder, die er für die Initiative Querdenken eingeworben hatte, veruntreut habe. Beweise dafür wurden nach Angaben des Verteidigerteams bislang nicht vorgelegt. Es wurde Haftbeschwerde eingelegt.
Am 14. November entschied der erste Strafsenat des OLG entgegen dieser Haftbeschwerde, die Untersuchungshaft weiter aufrechtzuerhalten, obwohl „dringender Tatverdacht im Hinblick auf eine Strafbarkeit des Beschuldigten wegen vollendeten Betrugs nicht festgestellt werden“ konnte. Dieser Haftbefehl sei der „neuen, der aktuellen Sach- und Beweislage angepasst“ worden und sei „durch das Amtsgericht Stuttgart eröffnet“ worden, erklärte eine Sprecherin des OLG Stuttgart gegenüber der Epoch Times. Vor dem Oberlandesgericht habe keine Anhörung des Beschuldigten stattgefunden. „Nach dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts zugrunde liegenden Ermittlungsstand ist der Beschuldigte bei bestehender Fluchtgefahr des versuchten gewerbsmäßigen Betruges und der Geldwäsche dringend verdächtig. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet verworfen“, so die Sprecherin. „Herrin des Verfahrens“ sei die Stuttgarter Staatsanwaltschaft.
Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegenüber der Epoch Times dauern die Ermittlungen an. Einzelheiten könnten deshalb nicht mitgeteilt werden. „Das Ermittlungsverfahren wird mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben“, versicherte ein Sprecher, „ein Verfahrensabschluss ist derzeit gleichwohl nicht konkret absehbar“.
Anwaltsteam glaubt nicht an faires Verfahren
Ballwegs Verteidigerteam teilt dessen Ansicht, dass ein faires Verfahren nicht gewährleistet sei. So habe unter anderem der Hauptentlastungszeuge der Verteidigung rund fünf Stunden vor dem Gerichtssaal gestanden, ohne dass das Gericht ihn angehört habe, berichtet Anwalt Ludwig. Außerdem sei die Anhörung von Michael Ballweg „unvermittelt abgebrochen“ und weiteres rechtliches Gehör verwehrt worden. „Entscheidende Dokumente der Verteidigung“ hätten damit nicht mehr vorgelegt werden können. „Das ist das Gegenteil eines fairen Verfahrens“, meint Ludwig. Ballwegs Anwaltsteam hoffe nun, dass der Brief Ballwegs auch den Weg zu Melzers Nachfolger im UN-Menschenrechtsrat finden werde.
Polizeigewalt bei Corona-Protesten
Der Schweizer Rechtswissenschaftler Nils Melzer hatte in seiner Rolle als UN-Sonderberichterstatter gegen Folter bereits 2021 ein Schreiben mit einer Bitte um Stellungnahme an die deutsche Bundesregierung geschickt, nachdem ihm eine Vielzahl an Berichten und Videos über Polizeigewalt auf Demonstrationen zugespielt worden war.
In dem Schreiben äußerte Melzer nach Angaben des Portals extremnews.com seine Bedenken zum Umgang der Polizei mit Demonstranten aus den Reihen der Querdenker-Bewegung, die sich gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung eingesetzt hatten: „Eine solch wahllose öffentliche Bloßstellung, Diffamierung und Stigmatisierung kann ungerechtfertigte Ängste, Stress, Scham und Schuldgefühle hervorrufen und dazu führen, dass den Opfern aufgrund von Einschüchterung, Angst vor Überwachung und anderen Formen von Repressalien, die nicht mit den Menschenrechten vereinbar sind, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Rehabilitierung verweigert werden“, schrieb Melzer. Der Jurist bekleidete das Amt des UN-Sonderberichterstatters bis zum März 2022. Seitdem ist der Posten vakant.
Deutschland im UN-Menschenrechtsrat
Im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ist seit 2020 auch wieder die Bundesrepublik Deutschland vertreten. Sie wurde am 17. Oktober 2019 für die Jahre 2020, 2021 und 2022 in das Gremium gewählt. Deutschland kündigte damals an, sich weiter „beharrlich“ und weltweit für den Schutz der Menschenrechte einsetzen zu wollen. Das Engagement für Menschenrecht sei ein Grundpfeiler deutscher Außenpolitik, heißt es auf den Seiten des Auswärtigen Amtes.
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