Pistorius will Wehrpflicht voranbringen – Union lehnt Pläne ab

Das lange debattierte freiwillige Wehrdienstmodell von Boris Pistorius wird wahrscheinlich so nicht kommen. Die Union will vor der Bundestagswahl nicht dafür stimmen. Für die Zeit danach erhofft sich Unionsfraktionsvize Johann Wadephul ein eigenes Verpflichtungsprogramm.
Freiwilliger Wehrdienst im Heimatschutz in Burg
Freiwilliger Wehrdienst im Heimatschutz in Burg.Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/ZB
Von 11. November 2024

Erst am vergangenen Mittwoch, 6. November, hatte das Bundeskabinett für die Einführung eines neuen Wehrdienstgesetzes für Bundesbürger ab dem Jahrgang 2007 gestimmt. Wenige Stunden vor dem Ampelbruch. 2025 sollte es in Kraft treten.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekräftigte am Montag, er wolle die von ihm angestoßene Reform weiter voranbringen. „Wir werden die Vorarbeiten für das Wehrdienstgesetz soweit vorantreiben, dass der oder diejenige, der mir nachfolgen wird – auch wenn ich es selber bin – daran anschließen kann“, sagte Pistorius am Montag bei einer Podiumsveranstaltung der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin.

Pistorius räumte ein, dass das Gesetz „angesichts der nun kürzeren Legislaturperiode“ nicht mehr bis zur nächsten Bundestagswahl umgesetzt werden könne. Doch die Bundeswehr müsse dringend in die Lage versetzt werden, sich im Ernstfall zu verteidigen, betonte der Minister. Dabei gehe es „um Abschreckung, nicht um Kriegstreiberei“, sagte er laut „BR24“.

In diesem Zusammenhang kündigte Pistorius auch weitere Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr an. Konkret gehe es um U-Boote und Fregatten, sagte er. Jetzt sei für das Ministerium und die Truppe nicht die Zeit, sich in „wahlkampftaktische Manöver“ zu begeben, warnte Pistorius angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes zur Bundestagswahl.

Ob das Projekt des Bundesverteidigungsministers jedoch noch die Hürden im Bundestag und Bundesrat nehmen kann, erscheint allerdings äußerst fraglich.

Johann Wadephul (CDU), der stellvertretende Unionsfraktionschef im Bundestag, erklärte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass seine Fraktion das Pistorius-Modell auf keinen Fall beschließen werde, falls die rot-grüne Minderheitsregierung noch vor der Bundestagswahl darum bitten werde. Das berichtete die „Welt“ am 11. November.

Union für Verpflichtungsansatz

„CDU/CSU wollen eine echte Wehrpflicht und keinen unverbindlichen Fragebogen“, erneuerte Wadephul die Kritik am bisher nicht verabschiedeten Ampelgesetzentwurf. Pistorius habe das eigentlich auch „erkannt“, so der Major der Reserve. Doch der SPD-Minister habe sich nicht gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) durchsetzen können.

Das aktuelle Kabinettsmodell beinhaltet im Kern lediglich die Pflicht, einen Fragebogen auszufüllen. Eine obligatorische Musterung ist nicht vorgesehen. Für Männer wäre die Erfassung per Fragebogen ein Muss, für „Frauen und andere Geschlechter“ freiwillig, wie es auf der Website der Bundesregierung heißt.

Wadephul: „Verpflichtungsmodelle nötig“

Ginge es nach ihm selbst, so würde er lieber ein eigenes Wehrdienstmodell an den Start bringen, wie Wadephul zu verstehen gab: „Die Bedrohungslage durch Russland und die Personalnot der Bundeswehr machen Verpflichtungsmodelle nötig“, so der Jurist aus Schleswig-Holstein.

Für andere „politische Formelkompromisse“ fehle es an Zeit, so Wadephul. Ihm schwebe ein Modell nach dem Vorbild skandinavischer Länder vor – also zumindest mit obligatorischer Musterung.

Schweden etwa schickt allen infrage kommenden Jahrgangsangehörigen zunächst einen Fragebogen. Nach dessen Auswertung wird ein Teil der potenziellen Nachwuchssoldaten verpflichtend zur Musterung einbestellt.

Betroffen sind jene Schwedinnen und Schweden, die die Eignung besitzen und auch bereit wären, eine Zeit lang in Uniform zu dienen. Den Tauglichsten und Willigsten werde dann ein möglichst passendes Angebot für bis 15 Monate unterbreitet.

Auf der Suche nach dem raschen Kompromiss

Nach Auffassung Wadephuls sei ein solches Modell einschließlich Musterungspflicht geeignet, die Zahl der Wehrdienstleistenden immer weiter zu erhöhen, so die „Welt“. Andererseits bedeute es auch eine „Kraftanstrengung“ für die Bundeswehr, die ja das Personal erfassen und Ausbildungskapazitäten bereitstellen müsse.

„Das ist ein Grund mehr, gleich mit dem richtigen Modell zu beginnen“, so Wadephul. Ohnehin sei Eile angesagt: „Je eher der Kanzler endlich den Weg für Neuwahlen frei macht, desto schneller kann ein vernünftiger Kompromiss gefunden werden, der für die Bundeswehr eine hinreichende Personalausstattung sichert.“

Wehrpflicht 2011 ausgesetzt

Die Wehrpflicht war in der Regierung Angela Merkel II im Jahr 2011 unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Sie hatte zuvor 54 Jahre lang gegolten. Damit versiegte nicht nur der Nachschub an Soldaten, sondern auch an Zivildienstleistern.

Die Bundesregierung schrieb am 6. November 2024 anlässlich des rot-grün-gelben Kabinettsbeschlusses: „Mit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 waren auch die Strukturen der Wehrerfassung weggefallen. Daher gibt es heute kein umfassendes Lagebild mehr hinsichtlich der Geburtsjahrgänge, die für einen möglichen Wehrdienst infrage kommen, sowie deren Bereitschaft oder Fähigkeiten für diesen.“



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