Nachwuchsbeben bei den Grünen: Jetzt treten drei junge Landesvorstände geschlossen zurück

Die Landesvorstände der Grünen Jugend in Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wollen den bundespolitischen Kurs ihrer Partei offenbar nicht mehr mittragen: Sie kündigten ihren Rücktritt an. Nur im rheinland-pfälzischen Jugendverband will die Vorstandsmehrheit offenbar bei der Stange bleiben.
Titelbild
Das Archivbild zeigt ein Plakat der Grünen Jugend. Nicht erst seit gestern distanzieren sich viele Köpfe der Nachwuchsorganisation von der im Bund vertretenen Linie ihrer Partei.Foto: Caroline Seidel/picture alliance/dpa/Archiv/dpa
Von 27. September 2024

Nach der Rücktrittserklärung des Grünen-Bundesvorstands und dem vollständigen Bruch des Bundesverbands der Grünen Jugend mit der aktuellen Politik der rot-grün-gelben Bundesregierung brechen der Partei nun auch die Landesverbandsspitzen ihrer Jugendorganisationen in Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz weg.

Nachdem bereits am Abend des 26. September 2024 über die zerrissenen Tischtücher der grünen Jugendvorstände von Rheinland-Pfalz und Niedersachsen mit der Bundespartei berichtet worden war, zog der bayerische Landesvorstand der Grünen Jugend (GJ) kurzfristig ebenfalls nach.

Geschlossener Rückzug des GJ-Vorstands in Bayern

Alle acht Mitglieder des bayerischen GJ-Landesvorstands hätten ihren Austritt aus der Jugendorganisation angekündigt, berichtet die „Augsburger Allgemeine“ unter Berufung auf Eva Lettenbauer, die Chefin des bayerischen Grünen-Landesverbands. Sie habe bestätigt, dass es Ende November zu einer ohnehin geplanten Neuwahl an der Spitze der GJ Bayern kommen solle.

„Die Grüne Jugend ist und bleibt aber unser kritischer und meinungsstarker Jugendverband“, so Lettenbauer, „es stehen schon viele junge Menschen bereit, die Lust haben, weiter in der Grünen Jugend aktiv zu sein“. Die Geschäfte würden bis dahin von den noch amtierenden Landesspitzen der GJ organisatorisch weiter geführt.

Geschlossener Rückzug des GJ-Vorstands Niedersachsen

Wenige Stunden zuvor hatte auch der Landesvorstand der Grünen Jugend in Niedersachsen geschlossen seinen Rücktritt erklärt. Wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) berichtete, beabsichtigen sämtliche Mitglieder des achtköpfigen Gremiums, ihre Parteibücher zurückzugeben und sich künftig anderswo zu engagieren.

Wahrscheinlich würden sich die niedersächsischen Noch-Vorstände der GJ eine neue politische Heimat beim Bündnis „Zeit für was Neues“ suchen, die vom ebenfalls scheidenden GJ-Bundesvorstand ins Leben gerufen worden war.

„Wir haben oft versucht, Einfluss auf die Partei zu nehmen“, erklärte Sprecherin Rukia Soubbotina am 26. September 2024 im Gespräch mit dem NDR Niedersachsen. „Wir haben aber auch gemerkt, dass die Grünen diesen Weg quasi nicht einschlagen wollen, weil sie dann doch viel zu sehr getrieben sind von dem Anspruch, Teil einer Regierung zu sein“. Umgesetzt werde eine Politik, „die uns allen grad große Sorgen bereitet“. Soubbotina bildet gemeinsam mit David Christner die Doppelspitze des GJ-Vorstands Niedersachsen.

Programmatische Ziele unvereinbar mit Bundespolitik

Ähnlich wie schon der Bundesvorstand der Grünen Jugend nannte Soubbotina als Grund für ihren Rückzug programmatische Differenzen, beispielsweise in Fragen der Migrations-, Sozial- und Verteidigungspolitik.

„Die Partei spricht zwar von humaner Migrationspolitik, aber wir sehen, dass sie immer weiter eine restriktive Migrationspolitik fährt. Und das hat dafür gesorgt, dass das Menschenrecht auf Asyl immer weiter abgebaut wird“, so Soubbotina. Zudem hätten die Grünen im Bundestag Geld, das sie selbst lieber im Budget für die Kindergrundsicherung gesehen hätten, stattdessen für das Sondervermögen der Bundeswehr lockergemacht.

Partei-Landesvorstand Niedersachsen bedauert Entschluss

Greta Garlichs, die Landesparteivorsitzende der Grünen in Niedersachsen, erklärte, „sehr, sehr traurig“ zu sein. Sie bedauere die Entscheidung ihres Parteinachwuchses sehr, denn die Grüne Jugend sei „für uns auch als Landespartei ein wichtiges Fundament, ein wichtiger Baustein, auch für unsere Politik“.

Für „falsch“ hält den Rückzug der Landtagsabgeordnete Pascal Leddin, ein Mitglied der Grünen Jugend. Immerhin habe man „lange gekämpft zusammen“. Die Grüne Jugend Niedersachsen werde nun wohl mit einem neuen Landesvorstand weitermachen. Für den durchaus nötigen Wechsel in der grünen Politik bedürfe es eines starken Jugendverbands, so Leddin laut NDR.

Leddins Landtagskollegin Pippa Schneider, ebenfalls Teil der grünen Jugendorganisation, kündigte an, sich auch weiterhin den internen Parteidiskussionen stellen zu wollen. Man werde weiter versuchen, „auf die Entscheidungsprozesse in der Partei einzuwirken“, teilte Schneider im Gespräch mit dem NDR mit.

Doppelspitze des GJ-Vorstands Rheinland-Pfalz möchte Ämter abgeben – restlicher Vorstand will weitermachen

Auch Teile des GJ-Vorstands von Rheinland-Pfalz haben offenbar kein Interesse mehr an ihren Aufgaben. Wie der SWR unter Berufung auf ein „verbleibendes Vorstandsmitglied der Jugendorganisation“ berichtet, hätten die beiden GJ-Landesvorsitzenden Paula Frings und Enrico Pereira Krausch ihren Rücktritt angekündigt. Ob sie noch in der Partei verbleiben wollten, sei unklar.

Der GJ-Vorstand Rheinland-Pfalz wolle sich aber nicht komplett verabschieden: Fünf der acht GJ-Vorstandsmitglieder wollten bei der regulären Landesmitgliederversammlung Ende Oktober erneut für Vorstandsämter kandidieren.

Grünen-Landesvorstand ungehalten

Natalie Cramme-Hill und Paul Bunjes, die beiden Vorstandssprecher des Grünen-Landesverbands Rheinland-Pfalz, seien wenig begeistert über die Nachricht gewesen. „Wir kritisieren dieses offenbar mit längerem Vorlauf geplante Vorgehen“, habe Cramme-Hill gegenüber dem SWR betont. „Der Unwille, sich in der Grünen Jugend zu engagieren und darüber auch in unserer Partei zu wirken, ist für uns bedauerlich.“

Aus ihrer Sicht sei es zudem „problematisch“, dass nun „die Infrastruktur der Grünen Jugend“ nun noch ein Monat lang genutzt werden könne, „um ein eigenes Vorhaben voranzutreiben“.

Für Bunjes bedeute der Rückzug von Teilen des GJ-Vorstands aber keineswegs „das Ende der Grünen Jugend“. Schon für den GJ-Bundeskongress vom 18. bis zum 20. Oktober würden „sich Nachfolger*innen finden, die bereit sind, weiter Verantwortung zu übernehmen und die Arbeit der Grünen kritisch, stachelig zu begleiten“, zitiert ihn der SWR.

Stimmung beim Nachwuchs schon länger gedämpft

Bereits Ende Mai 2024 hatte die Grüne Jugend auf Bundesebene anlässlich der kurz bevorstehenden EU-Wahl ihren Unmut über die Ampelpolitik geäußert und einen „demokratischen Sozialismus“ eingefordert.

Kurz nach dem am 25. September angekündigten Rückzug der Grünen-Bundesspitze um Ricarda Lang und Omid Nouripour hatte der Bundesvorstand der Grünen Jugend Nägel mit Köpfen gemacht. Er erklärte, schon Mitte Oktober geschlossen aus der Partei austreten zu wollen.

Der Anlass für all das liegt wohl im stark gesunkenen Zuspruch der Wähler für die Grünen bei den jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen.



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