Ministerien: Keine NGO-„Kraken“ im Außen- oder Wirtschaftsressort

Das Auswärtige Amt (AA) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) haben die Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), nach denen Greenpeace beziehungsweise Attac sich „wie Kraken“ in den grünen Ministerien „ausgebreitet“ hätten, zurückgewiesen.
Aus dem Außenministerium hieß es auf Anfrage der Epoch Times, Söders Behauptung sei „falsch“. Die AA-Mitarbeiter setzten sich „täglich für die deutschen Interessen und Werte ein“. Das Amt erfasse allerdings von seinen Mitarbeitern keine Angaben über private Mitgliedschaften bei Vereinen, Non-Profit-Organisationen oder über frühere Arbeitgeber.
Dass die Staatssekretärin Jennifer Morgan vor ihrer Tätigkeit im AA von 2016 bis 2022 als Geschäftsführerin von Greenpeace International tätig gewesen sei, sei öffentlich bekannt.
Datenschutz setzt Grenzen
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) betonte ebenfalls auf Nachfrage der Epoch Times, dass etwaige frühere Beschäftigungsverhältnisse einzelner Mitarbeiter nichts daran ändern würden, dass das BMWK „im gesamtgesellschaftlichen Interesse“ handele.
Vorherige Arbeitsverhältnisse oder das private Engagement der Mitarbeiter würden allerdings auch im BMWK aus Datenschutzgründen „weder systematisch noch dauerhaft verarbeitet oder gespeichert“.
Bekannt ist, dass das BMWK unter der Regie Robert Habecks (Grüne) zwei Staatssekretäre beschäftigt hatte, die von privaten Lobbyorganisationen kamen, nämlich Patrick Graichen (Agora Energiewende) und Sven Giegold (Attac).
Giegold hatte seinen Posten im BMWK im November 2024 gekündigt, um künftig als stellvertretender Parteivorsitzender der Grünen zu arbeiten. Er wurde durch den Wirtschaftsrechtler Bernhard Kluttig ersetzt.
Patrick Graichen, ein enger Vertrauter Habecks und wie er Verfechter einer strengen „Klimapolitik“, war Mitte Mai 2023 entlassen worden – offiziell wegen zweier Verstöße gegen die Compliance-Regeln der Regierung. Im November 2024 wurde bekannt, dass er eine Stelle als Aufsichtsrat des staatlichen ukrainischen Energieunternehmens NPC Ukrenergo antreten würde.
Als Nachfolger für Graichen hatte sich Habeck kurz nach dessen Entlassung für den hessischen Landespolitiker Dr. Philipp Nimmermann (Grüne) entschieden.
Söder sprach von „Kraken“ in AA und BMWK
CSU-Parteichef Söder hatte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ am vergangenen Wochenende die Verflechtungen zwischen Regierung und NGOs beklagt. Seiner Einschätzung nach hätten sich NGOs „gerade in den Ministerien der Grünen […] wie Kraken ausgebreitet“: „Greenpeace sitzt im Außenministerium und Attac im Wirtschaftsministerium“, gab der Franke zu Protokoll.
Söder forderte, die Arbeit „wieder in die Hand demokratisch gewählter Vertreter und professioneller Spitzenbeamter“ zu legen.
NGOs im Visier
Hintergrund ist die seit Tagen andauernde Debatte um eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag (BT-Drucksache 20/15035, PDF). Die nun stärkste Parlamentsfraktion hatte darin 551 Einzelfragen formuliert, die Klarheit über die politische Neutralität staatlich geförderter, häufig als gemeinnützig anerkannter „Nichtregierungsorganisationen“ (NGOs) schaffen sollen.
Viele NGOs hatten in den vergangenen Wochen immer wieder an bundesweiten Demonstrationen teilgenommen, die sich nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die Union gerichtet hatten. Um ihren Gemeinnützigkeitsstatus und ihre Chance auf Fördergelder aus Haushaltsmitteln nicht zu verlieren, müssen sich Vereine parteipolitisch neutral verhalten.
Antworten auf Unionsanfrage stehen aus
Eine Sprecherin des federführenden Bundesfinanzministeriums hatte bereits am 26. Februar auf der Bundespressekonferenz bestätigt, dass die Unionsanfrage „mit Hochdruck bearbeitet“ werde. Genauere Angaben über den Zeitpunkt der finalen Beantwortung konnte sie allerdings nicht machen.
Auch das Bundesinnenministerium (BMI) konnte noch nichts zum Sachstand beitragen, werde aber „seinen Beitrag dazu leisten“, so ein Sprecher. Er bedauerte, dass das von der Ampel auf den Weg gebrachte Demokratiefördergesetz wegen des Widerstands des Koalitionspartners FDP nicht verabschiedet worden sei.
Generell müssten die Träger von staatlich geförderten Programmen und Projekten nachweisen, dass sie für die freiheitlich demokratische Grundordnung einträten, betonte der BMI-Sprecher.
Gelder nur für konkrete Projekte
Fördergelder etwa aus dem „Demokratie leben!“-Etat des Bundesfamilienministeriums (BFSFJ) dürfen in der Regel auch nur für spezifische Vorhaben verwendet werden. Dass das BFSFJ aber zumindest in der jüngeren Vergangenheit kaum an Überprüfungen interessiert war, geht aus einem fast ein Jahr alten Artikel des „Focus“ hervor.
Eine ehemalige Insiderin des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), die in der Vergabestelle gearbeitet hatte, berichtete darin über eine ziemlich großzügige Handhabung von Dokumentations-, Nachweis- und Kontrollpflichten: „Wir haben vieles durchgewunken, weil das Ministerium es so wünschte“, so die frühere BAFzA-Mitarbeiterin.
Und weiter: „Es fehlt die kritische Distanz. Ausschlaggebend ist das richtige Weltbild“. Nur wenn ein Antragsteller im Verfassungsschutzbericht auftauche, sei die Mittelvergabe ausgeschlossen.
Viel Gegenwind für die Union
Kritiker des Unionsvorstoßes insbesondere aus den Reihen der SPD, Grünen und Linken, stärken den NGOs im Allgemeinen den Rücken, begreifen sie als Ausdruck der „Zivilgesellschaft“ und loben deren Engagement für „unsere Demokratie“.
Am 4. März wurden zwei offene Briefe veröffentlicht, in denen die Unionsfraktion getadelt wird. In einem von über 200 Organisationen und Einzelpersonen unterzeichneten Schreiben, darunter die Amadeu Antonio Stiftung, die „Omas gegen Rechts“ und der Deutsche Gewerkschaftsbund, hieß es beispielsweise: „Statt demokratisches Engagement zu würdigen, zu schützen und zu stärken, stellen Sie ehrenamtliche Initiativen ebenso wie gemeinnützige Vereine, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen unter Generalverdacht“. Eine kritische und engagierte Bürgerschaft sei „kein Störfaktor“, sondern stärke Deutschland und sei „ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie“.
Der zweite offene Brief wird von mehr als 1.700 Vertretern aus dem Wissenschaftsbetrieb getragen. Sie bezeichneten es als „im höchsten Maße beunruhigend, dass die Kleine Anfrage das Narrativ eines ‚tiefen Staates‘“ aufgreife:
„Damit wird suggeriert, dass die Arbeit der genannten zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht nur in unzulässiger Weise die politische Willensbildung in der Bundesrepublik beeinflusse, sondern dieser Arbeit auch ein grundsätzlicher Makel anhafte oder eine schädliche Wirkung zu attestieren sei.“ Im „Anschluss an Überlegungen zur Subsidiarität“ sei jedoch das Gegenteil der Fall, die „demokratische Zivilgesellschaft“ sei „so wichtig wie nie“.
Klingbeil sprach von „Foulspiel“
Der SPD-Coparteichef und neue Fraktionsvorsitzende Lars Klingbeil hatte die Kleine Anfrage der Unionsfraktion ein „Foulspiel“ genannt: „Organisationen, die unsere Demokratie schützen“, würden „an den Pranger“ gestellt. „Die Union sollte nochmal sehr schnell in sich gehen, ob sie daran festhält“, empfahl Klingbeil.
Ein paar Tage lang sah es nach gehörigem Konfliktpotenzial für die Sondierungsgespräche zu einer neuen Bundesregierung aus.
Differenzen ausgeräumt?
Am 4. März 2025 aber verständigten sich die Unterhändler der potenziellen Koalitionspartner CDU, CSU und SPD schon mal auf ein mehrere Hundert Milliarden schweres Kreditpaket („Sondervermögen“) für Aufrüstung und Investitionen.
Um die Sperrminorität des neuen Bundestags zu umschiffen, soll das Grundgesetz dafür möglichst noch vor dem 25. März angepasst werden – dem Tag der Konstituierung des neuen Parlaments.
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