Mario Voigt erteilt Ramelow Absage: Thüringen demnächst wohl mit CDU-BSW-Bündnis

Der Wunsch von Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow nach einem CDU/BSW/Linke-Dreierbündnis in Thüringen wird wohl erfolglos bleiben: Nach derzeitigem Stand der Dinge läuft alles auf eine Koalition von CDU und BSW hinaus – womöglich mit der SPD als Königsmacher.
Schließt ein Bündnis mit BSW und CDU nicht aus: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) (Archivbild).
Thüringens linker Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow wird wohl nicht in einem Bündnis mit BSW und CDU an der Regierung bleiben. (Archivbild).Foto: Martin Schutt/dpa
Von 20. Juni 2024

Bei der Landtagswahl vom 1. September 2024 in Thüringen wird es höchstwahrscheinlich auf ein Regierungsbündnis zwischen der CDU und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hinauslaufen. Auch wenn er von „Ausschließeritis“ grundsätzlich wenig halte, lehne er eine Partnerschaft mit Ramelows Linken ab, erklärte CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Mario Voigt im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“.

Voigt stellte bereits Schnittmengen mit seinem mutmaßlichen Koalitionspartner fest: „Was ich zu den Themen Migration und Bildung hier in Thüringen vom BSW höre, das ist realitätsnäher als das, was ich von Grünen, Linken oder SPD höre“, so Voigt im „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke). Den „grünen Lifestyle“ sehe er am Ende. Die CDU Thüringen werde auch „ihre Grundüberzeugungen nicht über Bord werfen“.

Zurzeit 44 Prozent für CDU und BSW

Sowohl CDU als auch das BSW hatten nach der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des MDR zuletzt deutlich von Umfrageverlusten der übrigen Parteien profitiert: Die CDU (23,0 Prozent) gewann drei Punkte dazu, das BSW (21,0 Prozent) sogar sechs Punkte. Zusammen könnte es mit 44,0 Prozent knapp für eine Mehrheit reichen.

Sollte das nicht der Fall sein, könnte die SPD zum Königsmacher werden – vorausgesetzt, sie überspringt am 1. September noch die Fünf-Prozent-Hürde. Damit könnte es allerdings eng werden: Zuletzt erklärten nur noch 7,0 Prozent der Befragten, den Sozialdemokraten ihre Stimme geben zu wollen – ein Minus von zwei Prozentpunkten im Vergleich zur Erhebung vom 19. März.

Das Balkendiagramm zeigt den Wählerwillen zur Thüringer Sonntagsfrage mit Stand 16. Juni 2024 nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap.

Das Balkendiagramm zeigt den Wählerwillen zur Thüringer Sonntagsfrage mit Stand 16. Juni 2024 nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap. Foto: Bildschirmfoto/dawum.de

FDP, Grüne und Linke wohl aus dem Rennen

Die Grünen wären mit 4,0 Prozent (minus ein Punkt) Stand heute raus aus dem Erfurter Parlament. Die FDP reiht sich inzwischen unter den Splitterparteien ein. Ihr Spitzenkandidat Thomas Kemmerich hatte vor einem Jahr erklärt, ausschließlich zusammen mit CDU und SPD regieren zu wollen. Ein solches „Deutschlandbündnis“ sähe er den eigenen Worten zufolge am liebsten auch im Bund.

Die AfD bleibt mit ihrem Spitzenkandidaten und Landeschef Björn Höcke trotz eines leichten Verlusts von einem Punkt mit 28,0 Prozent zwar klar stärkste Kraft im Freistaat. Mangels eines Koalitionspartners hat die AfD aber praktisch keinerlei Chancen, in die Erfurter Staatskanzlei einzuziehen.

Ramelows Kampf gegen den Machtverlust

Rein rechnerisch wäre auch ein Dreier-Bündnis von CDU, BSW und Linken möglich. Die Linken hatten bei der Infratest dimap-Umfrage nur noch 11,0 Prozent erreicht – ein Rückgang von fünf Prozentpunkten. Gleichwohl hatte der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sich um eine Teilhabe an der künftigen Landesregierung bemüht, um den Gang in die Opposition zu vermeiden.

Im Gespräch mit der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ hatte Ramelow erklärt, dass es ihm zunächst darum gehe, „die AfD unter 30 Prozent“ zu drücken und darüber hinaus „zu einer mehrheitsfähigen Regierung zu kommen“. Seiner Meinung nach aber müsse Die Linke darin einen Platz haben:

Erst einmal kämpfe ich darum, dass meine Partei am 1. September von den Wählerinnen und Wählern den Auftrag bekommt, die Regierung zu bilden.“

Trotz seines offenen Koalitionsangebots, das nur unter Einbeziehung von CDU und BSW Sinn ergeben hatte, sprach der 68-Jährige über Sahra Wagenknecht als eine „Phantom-Kandidatin“: „Sie ist auf allen Plakaten zu sehen, aber sie kandidiert in Thüringen nirgends“, bemängelte Ramelow. Auch für die CDU hatte er Kritik parat: „Je nachdem, wen man bei der CDU fragt, wird mal dieser und mal jener als Koalitionspartner ausgeschlossen. Geradezu absurd ist, Die Linke zu verteufeln, aber mit dem BSW die Zusammenarbeit nicht auszuschließen.“

Ramelow spielte damit auf die Tatsache an, dass die meisten aktuellen BSW-Listenkandidaten vor nicht allzu langer Zeit noch ein linkes Parteibuch besessen hatten.

Wagenknecht hält BSW-Ministerpräsidentin Wolf für möglich

Das trifft auch auf die BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf zu. Mit ihrem überraschenden Beitritt zur Wagenknecht-Partei Mitte Januar 2024 hatte die langjährige Oberbürgermeisterin von Eisenach angekündigt, von der Kommunal- in die Landespolitik wechseln zu wollen. Die BSW-Partei war erst Ende Januar 2024 als Abspaltung der Linken gegründet worden. Gegenüber der „Zeit“ hatte Wolf ihren Schritt damit begründet, Björn Höcke als Ministerpräsident verhindern zu wollen.

Parteigründerin, Zugpferd und BSW-Covorsitzende Sahra Wagenknecht gab sich gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) schon vor der Absage Voigts an Die Linken optimistisch, dass ihrer Partei in Thüringen demnächst wichtige Posten zufallen könnten:

Wir sind in der Lage zu regieren. Wir haben in den Ländern sehr kompetente Leute. Ich habe keinen Zweifel, dass wir gute Persönlichkeiten haben, die Aufgaben in einer Landesregierung übernehmen können.“

Wagenknecht selbstbewusst

Sogar eine BSW-Regierungschefin hielt Wagenknecht für möglich: Immerhin habe Katja Wolf „im Unterschied zu Mario Voigt langjährige administrative Erfahrung“. „Sie bringt mit, was es für das Amt als Ministerin oder auch Ministerpräsidentin braucht – wenn wir stärker als die CDU werden, was natürlich das Beste wäre“, so Wagenknecht. Obwohl auch dem BSW beim Stand der Dinge für die Regierungsverantwortung in Thüringen gar nichts anderes übrig bleiben würde, als mit der CDU zu koalieren, wollte Wagenknecht sich gegenüber dem RND bisher nicht auf eine Partnerschaft festlegen:

Wir wollen nicht um jeden Preis in eine Regierung. Wir müssen schon liefern, wenn wir regieren. Es muss sich für die Menschen spürbar etwas verbessern. Sonst würden wir durch eine Koalition massive Enttäuschung produzieren und das werden wir auf keinen Fall tun.“

Wagenknecht deutete nach Informationen der Nachrichtenagentur dts bereits Bedingungen für einen Koalitionsvertrag an: Das BSW beabsichtige, eine Bundesratsinitiative zu starten, um gesetzliche Renten bis zu einer Höhe von 2.000 Euro steuerfrei stellen zu lassen.

Voigt setzte sich gegen Merz durch

Die Spitzen von Union und SPD hatten laut RND eine Koalition mit dem BSW auf Bundesebene zwar ausgeschlossen, den Ländern im Osten Deutschlands in dieser Frage aber zuletzt doch noch freie Hand gelassen.

Mario Voigt hatte die Aussage des Bundesparteivorsitzenden Friedrich Merz, nach der die Union nicht mit dem aus seiner Sicht teils rechtsextremen, teils linksextremen BSW arbeiten wolle, mit der Bemerkung relativiert, dass der Thüringer CDU-Landesverband darüber selbst entscheiden werde. Schon da war klar, dass Voigt mit seiner Ambition auf den Regierungschefposten und seinem strikten Nein zur AfD nicht am BSW vorbeikommen würde.

Ramelow seit fast zehn Jahren an der Macht

Dass der gelernte Einzelhandelskaufmann Bodo Ramelow seine rot-rot-grüne Minderheitsregierung überhaupt noch in der Staatskanzlei repräsentieren kann, verdankt er seinem gebrochenen Versprechen, für den April 2021 Neuwahlen zu organisieren. Im Gespräch mit der „Rheinischen Post“ schob der gebürtige Niedersachse die Verantwortung dafür der CDU zu: Diese habe „bald kein Interesse mehr“ an einer Abstimmung während der Legislatur gehabt.

Ramelow war im März 2020 lediglich wegen einer Intervention der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch einmal ins Amt gekommen. Denn der Thüringer Landtag hatte am 5. Februar desselben Jahres den FDP-Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich regulär zum Ministerpräsidenten gewählt. Dass dies nicht nur mit den Stimmen von FDP und CDU, sondern überraschend auch mit Unterstützung der AfD-Fraktion geschehen war, missfiel der Kanzlerin so sehr, dass sie noch am selben Tag während eines Auftritts in Südafrika forderte, der „unverzeihliche“ Wahlvorgang müsse „rückgängig gemacht“ werden (Video auf ZDF.de).

Kemmerich beugte sich drei Tage später dem politmedialen Druck auch aus den eigenen Parteireihen. Er trat zurück, ohne sein Kabinett ernannt zu haben. Nach wochenlangen internen Verhandlungen und einer erneuten Parlamentsabstimmung am 4. März 2020 hieß der alte und neue Ministerpräsident dann doch wieder Bodo Ramelow. Der langjährige Linken-Landeschef führt die Regierungsgeschäfte des Freistaats Thüringen schon seit Dezember 2014. Er ist der erste und bislang einzige Linke, der es in einem Bundesland je an die Regierungsspitze schaffte.

Das Bundesverfassungsgericht entschied zwar im Juni 2022, dass Merkels Einschreiten aus der Ferne die Rechte der AfD in Thüringen verletzt hatte, doch das änderte nichts mehr. Die Ex-Kanzlerin wurde nicht bestraft. (Video auf YouTube).



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