„Löcher viel größer als bisher dargestellt“: Unionsfraktionsvize sieht Defizit von 43 Milliarden Euro im Haushalt 2025

Die Steuerschätzung für das Jahr 2025 steht zwar erst am Donnerstag auf der politischen Tagesordnung, CDU-Haushaltsfachmann Mathias Middelberg geht aber wegen der wirtschaftlichen Talfahrt schon jetzt davon aus, dass dem Bund 43 Milliarden Euro fehlen.
«Die deutsche Wirtschaft lahmt und braucht dringend Entlastung bei Energiekosten oder Unternehmensteuern», sagt Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg.
CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg rechnet mit einem Fehlbetrag von 43 Milliarden Euro für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt 2025.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 22. Oktober 2024

Wie viel Geld fehlt dem Bundeshaushalt angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage Deutschlands für das Jahr 2025 wirklich? Die Meldungen der vergangenen Wochen kamen selten ohne den Hinweis aus, dass trotz aller Sparanstrengungen wohl eine zweistellige Milliardenlücke zwischen den mühsam herausverhandelten Ressortbudgets der Bundesministerien und den zu erwartenden Steuereinnahmen klafft.

Während Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) noch vor sechs Wochen von „nur“ 9,6 bis 12 Milliarden Euro Miesen gesprochen hatte, geht Mathias Middelberg, Haushaltsexperte und Vizefraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, inzwischen von einem Fehlbetrag von rund 43 Milliarden Euro aus. „Die Löcher im Haushalt sind viel größer als bisher dargestellt“, betonte Middelberg im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

Plötzliches Aus für Förderprogramme droht

Seiner Einschätzung nach werde die nächste Steuerschätzung „die Einnahmeerwartungen des Staates deshalb deutlich nach unten korrigieren“. Der „Spielraum zur Aufstellung des Haushalts“ werde damit „noch enger“. Er halte einen „Spontanstopp von Förderprogrammen“ im nächsten Jahr für möglich, sofern die Bundesregierung ihren aktuellen Haushaltsgesetzentwurf (PDF) unverändert beschließen werde.

Middelberg sieht insgesamt weit mehr Defizite als Lindner. Dessen Vorhaben, lediglich bis zu zwölf Milliarden Euro als „globale Minderausgaben“ von sämtlichen Bundesministerien gemeinsam einsparen zu lassen, indem sie ihren Etat nicht vollständig ausgeben, werde nicht funktionieren. Denn die Ministerien rechneten gleichwohl ohnehin bereits mit 4,3 Milliarden Euro Minderausgaben.

Middelberg: Wachstumsinitiative wird nicht für Ausgleich sorgen können

Nach Middelbergs Schätzung fehlten zudem weitere zwölf Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds. Die Wachstumsinitiative der Ampel werde ebenfalls nicht genügen, um das zu erwartende Wachstumsdefizit aufzufangen, so Middelberg im Gespräch mit der NOZ.

Am 9. Oktober hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seine Konjunkturerwartungen für das laufende Kalenderjahr ein gutes Stück nach unten korrigieren müssen: Das Bruttoinlandsprodukt dürfte demnach um 0,2 Prozent schrumpfen und nicht wie bisher erwartet um 0,3 Prozent zulegen. 2023 hatte es bereits ein Minus von 0,3 Prozent gegeben. Zwei Rezessionsjahre in Folge hat es bislang nur ein Mal in der Nachkriegsgeschichte gegeben, nämlich 2002 und 2003.

Darüber hinaus sei trotz Nullrunde mit steigenden Ausgaben für das Bürgergeld zu rechnen, gab Middelberg zu bedenken. Dass die Ampel stattdessen 5,5 Milliarden weniger für 2025 eingeplant habe als für das laufende Jahr, sei angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen „völlig unrealistisch“, meinte der Haushaltsfachmann. Denn dann müssten rund 600.000 Menschen vom Bürgergeldempfang in den Arbeitsmarkt wechseln, so Middelberg unter Verweis auf den Bundesrechnungshof.

Die „Bild“ (Bezahlschranke) hatte vor einem Monat berichtet, dass das Arbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) für das Bürgergeld des Jahres 2025 mit rund 9,6 Milliarden Euro zu wenig kalkuliert habe.

Bis zu neun Prozent des Bundeshaushalts nicht gedeckt

„In Summe werden damit fast 43 Milliarden Euro als Ausgaben gebucht, denen tatsächlich keine Einnahmen oder Minderausgaben entgegenstehen“, zog Middelberg sein Fazit. Die Lücke entspreche beinahe neun Prozent des gesamten Haushalts.

„Vor der Sommerpause wurde das Haushaltsloch in den Medien auf 25 bis 50 Milliarden Euro geschätzt“, gab Middelberg zu bedenken. „Jetzt erweist sich, dass diese Schätzungen durchaus nah an der Wahrheit lagen und dass die Ampel trotz 80-stündiger Verhandlungen der drei Spitzenmänner dieses Loch nur zum Schein geschlossen hat“.

Warten auf die neue Steuerschätzung

Ob er damit recht hat, wird wohl der kommende Donnerstag, 24. Oktober 2024, an den Tag bringen. Denn dann soll die neue Steuerschätzung präsentiert werden, bevor der Bundestag im November das Haushaltsgesetz 2024 beschließen soll. „Danach muss noch der Bundesrat zustimmen“, heißt es auf der Website der Bundesregierung.

Die jüngste durch den traditionsreichen Arbeitskreis von Experten aus Politik und Wirtschaft errechnete offizielle Steuerschätzung für das kommende Jahr war Mitte Mai auf Grundlage der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung vom 24. April erfolgt und am 16. Mai 2024 präsentiert worden (Video beim Bundesfinanzministerium). „Gegenüber den Annahmen in der Herbstprojektion 2023, die Basis der vorangegangenen Steuerschätzung im Oktober war, wurden die Erwartungen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung merklich nach unten revidiert“, heißt es auf der Website des Bundesfinanzministeriums.

Dennoch rechneten die Experten für 2025 mit 995,2 Milliarden Euro Gesamtsteuereinnahmen, also einem Plus von rund 45 Milliarden Euro im Vergleich zur vorangegangenen Oktober-Schätzung 2024. Allein der Bund könnte laut Mai-Schätzung mit 389 Milliarden Euro rechnen, die Länder mit 411 Milliarden Euro, die Gemeinden mit 152,6 Milliarden Euro.

Ein noch besseres Ergebnis war ein halbes Jahr zuvor prognostiziert worden. Doch Steuerrechtsänderungen (minus 4,2 Milliarden Euro), die Änderung der EU-Abführung (minus 300 Millionen Euro) und eine Schätzabweichung (minus 6,5 Milliarden Euro) hätten eine Abwärtskorrektur in Höhe von insgesamt 10,9 Milliarden Euro verursacht.

Schon Haushalt 2024 stürzte Ampel in Krise

Im vergangenen Jahr hatte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Ampelregierung Mitte November in eine schwere Krise gestürzt, in dem es das Haushaltsgesetz für das Jahr 2024 für verfassungswidrig erklärt hatte. Lindner hatte sich daraufhin vorgenommen, es nie wieder zu einer solchen Lage kommen zu lassen.



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