Lindner: „Werden Fleiß, Leistung und Risikobereitschaft stärker prämieren müssen“

Nach der aktuellen Steuerschätzung werden Bund, Länder und Kommunen sowohl 2024 als auch 2025 mit weniger Geld auskommen müssen als noch im Herbst geschätzt. Finanzminister Lindner sieht die „Wachstumsschwäche der Wirtschaft“ als das Hauptproblem.
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Christian Lindner nannte die aktuelle Steuerschätzung einen „Realitätscheck“ für den Bundeshaushalt 2025.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 16. Mai 2024

Die deutschen Kommunen, die 16 Länder und der Bund werden im Jahr 2025 voraussichtlich über 995 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verfügen können – so viel wie nie zuvor. Das geht nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aus der 166. Steuerschätzung hervor. Lindner hatte das Zahlenwerk am Nachmittag des 16. Mai 2024 während einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt.

Der erwartete Zuwachs sei allerdings geringer ausgefallen als noch im Oktober 2023 vorausgesagt. So werde man 2025 insgesamt mit 21,9 Milliarden Euro weniger auskommen müssen als angenommen. Allein der Bund werde voraussichtlich elf Milliarden zu wenig haben: Nur noch 389 Milliarden Etat seien derzeit realistisch. Für die Länder würden voraussichtlich 414 Milliarden zusammenkommen. Das bedeute ein Minus von 8,7 Millionen im Vergleich zur letzten Prognose.

13,8 Milliarden Sparbedarf 2024

Auch die Zahlen für das laufende Haushaltsjahr waren durch die Steuerschätzer nach unten korrigiert worden, wenn auch nicht im gleichen Maße. Die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen 2024 wurden auf nur noch 950 Milliarden Euro geschätzt. Das bedeutet eine noch im Herbst unerwartete Lücke von 13,8 Milliarden. Der Bund könne in diesem Jahr damit nur noch auf 376 Milliarden (minus 5,6 Milliarden weniger als eingeplant) hoffen, so Lindner. Die Länder müssten wohl mit 394 Milliarden (minus 5,4 Milliarden) zurechtkommen.

Der Blick auf 2024 mache ihm von der Einnahmenseite her keine großen Sorgen, wohl aber die Ausgabenseite: Womöglich könnte das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) bis Jahresende 19 statt zehn Milliarden Euro kosten. Er sei sich zurzeit aber noch nicht sicher, ob es „Handlungsbedarf“ geben werde. Womöglich müsse noch im Laufe des Jahres eine „zusätzliche Unterstützung“ für die Ukraine bereitgestellt werden, so Lindner. Die Schuldenbremse wolle er dafür aber nach wie vor nicht antasten.

Etatwünsche mancher Ministerien „nicht akzeptabel“

Dass es für 2025 Handlungsbedarf gebe, sei schon länger klar. Hier seien die übrigen Ressorts zum Sparen angehalten. Linder bezeichnete die zuletzt gesteigerten Ansprüche mancher Ministerien, die von dem mit Kanzler Scholz abgestimmten Rahmen abwichen, als „nicht akzeptabel“. Er gehe aber davon aus, dass die „herausfordernden“ und „intensiven“ Gespräche bis zum 3. Juli abgeschlossen sein werden. Dann soll der Haushalt 2025 plangemäß verabschiedet werden.

Schon jetzt sei klar, dass es 2025 eine „Nullrunde“ beim Bürgergeld und bei der Grundsicherung geben werde. Die Situation habe sich „in einer gewissen Größenordnung verschärft“, es gebe allerdings keine „komplett neue Haushaltslage“. Als „Conditio sine qua non“, also nicht verhandelbar, betrachtet Lindner seine Ansage, die „kalte Progression“ in der Einkommensteuer zu verhindern. Diese liegt vor, wenn die Steuersätze nicht an die Preissteigerungsrate angepasst werden. Das gebiete der „Respekt vor den Steuerzahlern“, so Lindner.

Fokus auf Wirtschaftsstärkung legen

Insgesamt malte Lindner ein zwiespältiges Bild von der Finanzlage. „Dieser Staat verfügt über enorme Einnahmen“, stellte Lindner einerseits fest. Andererseits würden wegen der „Wachstumsschwäche der Wirtschaft“ die „Staatseinnahmen nicht mehr so dynamisch wachsen, wie wir das zuvor noch angenommen haben“. Die „über zehn Jahre vernachlässigten Standortbedingungen in Deutschland“ täten ihr Übriges. Die Konjunkturaussichten seien auch mittelfristig „allenfalls bescheiden“.

Obwohl der Arbeitsmarkt „robust“, die Beschäftigung „stabil“ sei und die Löhne stiegen, verzeichne man bei der Einkommensteuer einen Rückgang. Das liege vor allem an der „sehr hohen Inanspruchnahme der Inflationsprämie“, meinte Lindner. Auf der anderen Seite stiegen die Ausgaben wegen der „Inanspruchnahme des Sozialstaats“ immer weiter.

Bei allen „sinnvollen und wünschenswerten Vorhaben“ sehe er sich deshalb in der Pflicht, sich „auf das Wesentliche zu konzentrieren“ und „klare Prioritäten“ für die Belebung der Wirtschaft zu setzen, so Lindner. Andernfalls werde es „keine finanziellen Spielräume“ mehr geben können: „Ausgabewünsche und auch objektive Notwendigkeiten steigen schneller, als die Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, den Wohlstand zu erwirtschaften“.

Es gelte nun, Arbeitsanreize zu stärken, das Fachkräfteangebot auszuweiten, Bürokratie abzubauen und die steuerlichen Bedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. „Wir werden Fleiß, Leistung und Risikobereitschaft stärker als bisher prämieren müssen“, stellte Lindner fest.



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