Laschets Historischer Rundumschlag: Von 1933 bis zur AfD
Schon im Juli 2023 hatte eine Bundestagsrede von Armin Laschet (CDU), dem früheren Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens, für Aufsehen gesorgt. Damals hatte der Ex-Kanzlerkandidat den Mitgliedern der AfD-Fraktion im Bundestag vorgeworfen, sie seien „Maulhelden“ und „Gesinnungsgenossen“ der Nationalsozialisten. „Wir werden dafür sorgen, dass Sie nie Verantwortung in diesem Land haben!“, stellte Laschet seinerzeit unmissverständlich klar.
Gut sechs Wochen nach Veröffentlichung des AfD-kritischen „Correctiv“-Artikels „Geheimplan gegen Deutschland“ und unzähligen Straßendemonstrationen später gehen die bundesweiten Umfragewerte der AfD langsam, aber stetig zurück. Erst vor drei Tagen bestätigte das Meinungsforschungsinstitut Forsa nur noch 17 Prozent für die AfD in der Sonntagsfrage. Bis zum Jahresbeginn 2024 hatte die AfD monatelang stabil über 20 Prozent gelegen.
„Demokraten zusammen gegen Hass und Hetze“
Am 27. Januar 2024 hielt Armin Laschet eine viel beachtete Rede bei einer Anti-Rechts-Demo in Aachen. Nach Angaben der Zeitung „Der Westen“ zog der heutige Bundestagsabgeordnete darin eine Parallele zurzeit des Nationalsozialismus (Video auf „YouTube“). Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Bezahlschranke) bat ihn daraufhin zum Interview.
Nun hat auch die „Kölnische Rundschau“ reagiert: Laschet durfte seine Sorgen in einem Gastartikel zur Serie „Aufstehen für die Demokratie“ zusammenfassen. Der Titel ist Programm: „Wir Demokraten stehen zusammen gegen Hass und Hetze.“
Offensichtlich will Laschet sich nicht den Vorwurf gefallen lassen, die AfD mit der NSDAP gleichzusetzen: „Natürlich ist die Situation heute nicht mit 1933 zu vergleichen. Die AfD ist keine NSDAP“, räumt er auf halber Strecke seines Textes ein. Dann aber folgt kurz darauf eine historische Analyse der Jahre 1932 und 1933: Laschet zieht aus den „Mechanismen der Macht“ sogleich eine Parallele zur Naivität, mit der die Deutschen in die Hitler-Diktatur geschlittert waren. Vor der Wahl hatte es nicht danach ausgesehen: Die NSDAP war mit nur 33 Prozent Zustimmung an die Macht gekommen. Für Laschet steht somit fest: „Die Demokratie wird nicht durch einen Putsch oder durch eine Revolution beendet. Dieser Prozess geht schleichend vor sich.“ Seine Folgerung:
Deshalb dürfen Extremisten keine Verantwortung in unserem Staat erhalten. Wenn sie solche Funktionen übernehmen, werden sie sie für ihre Ziele nutzen. Wir dürfen den Feinden der Demokratie keine Macht überlassen, nur um zu zeigen, dass sie es nicht können.“
Rechtsextremistische Straftaten der letzten 92 Jahre
Wenig später im Text erinnert Laschet an die rechtsextrem motivierten Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) bis zum Jahr 2011, an den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke anno 2019 und ganz allgemein auf „Anschläge auf Synagogen“. Bei den Putschplänen der „Reichsbürgerbewegung“ vom Dezember 2022 sei sogar eine „ehemalige AfD-Abgeordnete“ mit von der Partie gewesen.
Kurzum: Laschet vereint in seinem Text prominente rechtsextremistische Straftaten von 1932 bis 2022 in Deutschland, um dann den Bogen zur AfD zu schlagen.
Über die Meinungsfreiheit der Andersdenkenden
Mangels entsprechender Beschlüsse im AfD-Grundsatzprogramm belegt Laschet seine Befürchtungen mit wenigen Kurzzitaten von AfD-Politikern: Diese würden planen, „aufzuräumen“, hätten „wohltemperierte Grausamkeiten“ angekündigt und auch „den Nationalsozialismus als ‚Vogelschiss‘ verunglimpft“. Die Namen der Zitat-Urheber nennt Laschet nicht. Er dürfte wohl auf eine Textstelle in einem Buch des thüringischen AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke und auf eine Äußerung des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland anspielen.
Ginge es nach Laschet, so könnten Höcke, Gauland und andere AfD-Politiker, die sich ähnlich wie zitiert zu Wort melden, „nicht erwarten“, noch „Toleranz“ im Sinne des Rechts auf Meinungsfreiheit zu erfahren. Für alle anderen gelte nach wie vor der Grundsatz:
Demokratie bedeutet, dass sich jeder dafür einsetzen muss, dass ein anderer auch eine Meinung äußern darf, die man ablehnt.“
Überhaupt wolle er, dass Deutschland „ein freies Land“ bleibe, „in dem Menschen ohne Hass und Hetze ihre Vielfalt, ihre Überzeugungen und ihre Religion leben dürfen“. Immerhin, so Laschet, schütze ja auch das Grundgesetz „unsere Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und vor allem die Würde des Menschen“.
Wenn diverse Krisen Ängste schüren
Dass die „Corona-Pandemie […] zu vorübergehenden Einschränkungen einiger Grundrechte geführt“ habe, ist für Laschet eine Randnotiz in seinem Absatz über die „Krisen unserer Zeit“. Die von Unions- und Ampelpolitikern mitgetragenen Zwangsmaßnahmen erwähnt der 64-Jährige in einer Reihe mit der Preissteigerung, der Migrationskrise, mit „Russlands Angriffskrieg“ und mit dem „Terror der Hamas“. All das „und viele andere ungelöste Probleme wirken auf die Menschen ein“, meint Laschet. Und weiter:
Diese Ängste spiegeln sich auch in Wahlergebnissen wider. Die AfD in der politischen Auseinandersetzung zu bekämpfen, heißt eben, Antworten darauf zu geben.“
Welche Antworten Laschet selbst auf die Krisen und Ängste in petto hat, darüber lässt er seine Leser im Unklaren. Gänzlich klar wird dagegen, was er in jedem Fall zu verhindern anstrebt:
Würde in einem ostdeutschen Land ein AfD-Politiker Ministerpräsident werden, hätte er Zugriff auf die Sicherheitsbehörden, auf die Ernennung der Polizeipräsidenten, auf den Verfassungsschutz, die Medienaufsicht und die Staatsanwaltschaften einschließlich der Ernennung der Richter.“
Damit greift Laschet die jüngst gescheiterten Überlegungen der Fraktionen von SPD, FDP, Grünen und der Union im Bundestag auf, das Grundgesetz zu ändern, damit die AfD im Fall eines Wahlsiegs keinen Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht bekommen sollte. Vor wenigen Tagen machte die Unionsfraktion bei fraktionsübergreifenden Beratungen allerdings einen Rückzieher und ließ das Vorhaben platzen.
Für Laschet heißt es jetzt „zusammenzustehen und die AfD von politischer Verantwortung fernzuhalten“.
Ein Kandidat für die Steinmeier-Nachfolge?
Springen wir ein paar Monate zurück: Als der AfD-MdB Stefan Keuter Anfang September 2023 die Arbeit von Angela Merkel (CDU) im Bundestag in Bezug zu Adolf Hitler gesetzt hatte („Abgesehen von einem böhmischen Gefreiten hat noch nie jemand so viel Unglück über Deutschland gebracht wie diese ehemalige Bundeskanzlerin“), sorgte das laut „Kölner Stadtanzeiger“ „bei allen anderen Parteien für Entsetzen“. Jürgen Trittin von den Grünen etwa habe angemerkt, dass sich ein Vergleich der Ex-Regierungschefin „mit dem größten Kriegsverbrecher aller Zeiten“ verbiete.
Armin Laschet braucht sich wegen seines „Kölner Rundschau“-Gastbeitrags wohl keine Sorgen um seine Reputation zu machen. Als er vor ein paar Wochen in Aachen seine Demo-Rede hielt, die inhaltlich große Ähnlichkeit mit seinem aktuellen Text aufwies, bekam der ehemalige NRW-Ministerpräsident „partei- und lagerübergreifend […] viel Zuspruch“, wie „Der Westen“ berichtete. Es reichte sogar zur Schlagzeile: „Wenn Armin Laschet so weitermacht, wird er am Ende noch Bundespräsident.“
Demokratie anno 2024
Laschets Ausführungen fügen sich in eine ganze Reihe von Mahnungen und Aufrufen ein, der AfD im Superwahljahr 2024 nicht die Stimme zu geben. Erst vor ein paar Tagen hatten die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland entsprechende Verlautbarungen publik gemacht.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) entwarf vor wenigen Wochen zudem einen 13-Punkte-Plan, um das Leben für „Rechtsextremisten“ in Deutschland noch ungemütlicher zu machen. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, hatte ein leitender Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums kürzlich intern für eine gezielte Strategie zur Bekämpfung der AfD geworben. Als das herauskam, geriet seine Chefin Faeser in Erklärungsnot.
Auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne) verfolgt eine härtere Gangart im „Kampf gegen rechts“: Künftig sollen Behörden über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ auch gegen solche Meinungsäußerungen vorgehen können, die laut Artikel 5 des Grundgesetzes „von der Meinungsfreiheit gedeckt sind“.
Schon seit Monaten ist in den Medien auch immer wieder von einem AfD-Verbotsverfahren die Rede. Doch vor ein solches Parteiverbot setzt das Bundesverfassungsgericht nach seiner Erfahrung mit der NPD relativ hohe Hürden. Im März soll das Oberverwaltungsgericht in Münster darüber entscheiden, ob die AfD weiter als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ geführt werden darf.
Der Wahlkalender 2024
Nachdem das Wahljahr 2024 am 11. Februar mit der Teilwiederholungswahl des Bundestags im Land Berlin begonnen hatte, geht es in Thüringen am 26. Mai mit Kommunalwahlen weiter.
Am 9. Juni findet nicht nur die Wahl zu einem neuen EU-Parlament statt, sondern auch Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Sachsen und in Sachsen-Anhalt.
Im September wird dann die Frage entschieden, wer sich für eine jeweils neue Landesregierung in Sachsen, Thüringen (beide am 1. September) und am 22. September in Brandenburg zusammentun wird. In allen drei Ländern könnte die AfD Umfragen zufolge stärkste Kraft werden.
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