Landtag will Corona-Untersuchungsausschuss – AfD: „Stark abgespeckte Variante“

Nach dem Hickhack der vergangenen Wochen haben sich die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP im hessischen Landtag entschlossen, einen eigenen Antrag für einen Corona-Untersuchungsausschuss einzubringen. AfD-Fraktionschef Lambrou will weiter für seine Version kämpfen – und notfalls vor den Staatsgerichtshof ziehen.
Titelbild
Das Symbolbild zeigt den leeren Plenarsaal des hessischen Landtags in Wiesbaden.Foto: Arne Dedert/dpa
Von 19. Juni 2024

Die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP im hessischen Landtag haben sich am 18. Juni 2024 dazu durchgerungen, einen U-Ausschuss zur Aufarbeitung der Corona-Politik des Landes Hessen einzuberufen. Nach dpa-Angaben soll „ein verfassungsmäßiger Untersuchungsausschuss“ noch in der laufenden Woche vom Landtag eingesetzt werden. Das hätten die Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP nach der Sitzung des Landtags-Hauptausschusses mitgeteilt.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Robert Lambrou erklärte, dass es sich beim Antrag der anderen Fraktionen lediglich um eine „stark abgespeckte Variante unseres Antrages“ handele. „Das ist der Versuch, dem Untersuchungsausschuss die Zähne zu ziehen“, stellte Lambrou fest. Nach Angaben eines Fraktionssprechers enthält diese Version der übrigen Fraktionen nur noch sieben jener 43 Untersuchungspunkte, die die AfD-Fraktion in ihren Entschließungsantrag (PDF) geschrieben hatte.

Im Wiesbadener Landtag soll nun schon am kommenden Donnerstag, 20. Juni, über das Thema abgestimmt werden, wie der AfD-Fraktionssprecher auf Anfrage der Epoch Times bestätigte. Dabei werde das AfD-Papier wegen der entsprechenden Beschlussempfehlung des Hauptausschusses wohl mehrheitlich abgelehnt und die Konkurrenzversion angenommen. Die AfD-Fraktion werde sich bei der Abstimmung wahrscheinlich enthalten, kündigte der Sprecher an. Sich wehren wolle man trotzdem, so Lambrou:

Wir werden, falls sich der Antrag der anderen Fraktionen durchsetzt, vor den Hessischen Staatsgerichtshof ziehen und für unser Anliegen kämpfen, die Teile, die uns rausgestrichen wurden, auch zum Gegenstand des Untersuchungsausschusses zu machen.“

AfD-Originalantrag stieß auf wenig Verständnis

In den vier Wochen zuvor hatten dieselben Fraktionen den ursprünglichen U-Ausschuss-Einsetzungsantrag der AfD-Fraktion (PDF) rundherum abgelehnt. Aus ihrer Sicht sei dieser „in weiten Teilen verfassungswidrig“ – unter anderem, weil er auch bundespolitische Themen berühre.

Im zur Schlichtung angerufenen Hauptausschuss des Landtags war es auch nicht zu einer Einigung gekommen, nachdem CDU, SPD, Grüne und FDP am 11. Juni 2024 drei Rechtsgutachten renommierter Sachverständiger präsentiert hatten. Die drei Experten hatten tatsächlich alle mehr oder weniger große verfassungsrechtliche Probleme in dem AfD-Antrag gesehen. Die AfD hatte mit einem anderslautenden Gutachten aus der Feder des Staatsrechtlers Prof. Karl Albrecht Schachtschneider gekontert.

„Juristisches Neuland“ für Hessen

Die ganze Debatte sei für Hessen „beispiellos“ gewesen, betonten nun die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP nach ihrem Entschluss, einen konkurrierenden, eigenen Entschließungsantrag einzureichen. „Dieses Verfahren gab es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie. Die vier Fraktionen betreten damit für Hessen juristisches Neuland“, so die AfD-Gegner nach Angaben der dpa.

Kurz vor dem Entschluss für das Konkurrenzpapier hatte AfD-Fraktionschef Lambrou nach Informationen der Epoch Times noch ein Schreiben an die übrigen Landtagsfraktionen übermittelt, in dem er erneut an die Kompromissbereitschaft der Parlamentarier appelliert hatte. Als Basis dafür empfahl er das Gutachten der Düsseldorfer Rechtsprofessorin Dr. Sophie Schönberger. Falls die übrigen Abgeordneten den Einsetzungsantrag der AfD-Fraktion jedoch ganz oder in Teilen ablehnen werden, so werde sich die AfD-Fraktion zur Klärung an den hessischen Staatsgerichtshof wenden.

AfD-Fraktion hatte U-Ausschuss Ende April 2024 beantragt

Ende April hatte die AfD-Fraktion den hessischen Landtag aufgefordert, einen „Untersuchungsausschuss zur Untersuchung, Aufklärung und Beurteilung der Landespolitik in Bezug auf das Corona-Virus ‚SARS-CoV-2‘ und die durch dieses Virus verursachte Erkrankung ‚COVID-19‘ (‚Corona-UA‘)“ einzusetzen. Die nötige Anzahl von 27 Stimmen hatte die 26-köpfige Fraktion erst kurz zuvor zusammen bekommen: Der heute fraktionslose Ex-AfD-Abgeordnete Sascha Herr hatte sich bereit erklärt, die fehlende Unterschrift beizusteuern.

„Es geht um die Aufklärung und Beurteilung aller Maßnahmen, gesetzlichen Regelungswerke und öffentlichen Stellungnahmen, welche zur Bekämpfung des Corona-Virus ergangen sind“, beschrieb AfD-Gesundheitspolitiker Volker Richter am 24. April den Sinn und Zweck des U-Ausschusses während einer eigens anberaumten Pressekonferenz (Video auf YouTube).

Brandenburger Corona-U-Ausschuss zog bereits eine Zwischenbilanz

Zurzeit ist Brandenburg das einzige Bundesland, in dem ein Corona-Untersuchungsausschuss aktiv ist – und das schon seit vielen Monaten. Er war ebenfalls auf Betreiben der dortigen AfD-Fraktion eingerichtet worden.

Das Land Brandenburg sah anders als die hessischen Abgeordneten offenbar kein Problem damit, bundesweit prominente Köpfe der Corona-Politik in den Zeugenstand zu laden: So sagten beispielsweise bereits Prof. Lothar Wieler, der ehemalige Leiter des Robert Koch-Instituts sowie Vertreter des Paul-Ehrlich-Instituts in Potsdam aus. Am 12. Juni 2024 veröffentlichte der Ausschuss ein Zwischenfazit seiner Arbeit.



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