Kretschmer vor Wiederwahl: CDU überholt AfD in Sachsen – Thüringen behält AfD-Führung

Knapp drei Tage vor den Landtagswahlen sieht das ZDF-„Politbarometer extra“ die CDU als stärkste politische Kraft in Sachsen knapp vor der AfD. In Thüringen führt die AfD das Feld der Parteien mit Abstand an. Das BSW könnte in beiden Ländern zum Königsmacher werden.
Eine Umfrage zur Landtagswahl sagt in Sachsen und Thüringen zweistellige Wert für das BSW voraus. (Foto: Ilustration)
Da Symbolbild zeigt eine Wählerin bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal. Am Sonntag, 1. September, wird in Sachsen und Thüringen jeweils ein neuer Landtag gewählt.Foto: Marijan Murat/dpa
Von 30. August 2024

Knapp drei Tage vor den Landtagswahlen sieht das ZDF-„Politbarometer extra“ die CDU als stärkste Kraft in Sachsen. In Thüringen führt die AfD das Feld der Parteien mit Abstand an. Sämtliche Parteien der Berliner Ampelregierung müssen um den Einzug in die Landtage bangen. Für die FDP ist das Aus in beiden Ländern bereits so gut wie sicher.

Das Stimmungsbild wurde zwischen dem 26. und 29. August 2024 von der Forschungsgruppe Wahlen erstellt, also bereits nach dem Messerattentat von Solingen. Große Veränderungen zur Vorwoche waren in beiden Bundesländern aber nicht zu beobachten.

Das Mannheimer Institut hatte eine jeweils repräsentative Gruppe von 1.973 beziehungsweise 1.859 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten befragt – und zwar online oder per Telefon.

Der Blick auf Sachsen

  • CDU: 33 Prozent (stabil zur Vorwoche / Wahlergebnis 2019: 32,1 Prozent)
  • AfD: 30 Prozent (stabil / Wahlergebnis 2019: 27,5 Prozent)
  • BSW: 12 Prozent (plus 1 Prozentpunkt / 2019 nicht angetreten)
  • Grüne: 6 Prozent (stabil / Wahlergebnis 2019: 8,6 Prozent)
  • SPD: 6 Prozent (minus 1 / Wahlergebnis 2019: 7,7 Prozent)
    _____________________________________________________
  • Linke: 4 Prozent (stabil / Wahlergebnis 2019: 10,4 Prozent)
  • Sonstige: 9 Prozent (stabil / Wahlergebnis inklusive FDP 2019: 13,7)
Grafik: Balkendiagramm zur Sonntagsfrage für Sachsen, Stand 29. August 2024, im Vergleich zur Vorwoche (Quelle Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer“). Foto: Bildschirmfoto Forschungsgruppe Wahlen

Grafik: Balkendiagramm zur Sonntagsfrage für Sachsen, Stand 29. August 2024, im Vergleich zur Vorwoche (Quelle Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer“). Foto: Bildschirmfoto/Forschungsgruppe Wahlen

Das Meinungsforschungsinstitut INSA hatte fünf Tage zuvor noch die AfD mit 32,0 Prozent zwei Punkte vor der CDU gesehen. Die Forschungsgruppe Wahlen betont, dass Fehler zwischen zwei oder gar gut drei Prozentpunkten statistisch möglich seien. In Sachsen habe zudem fast ein Viertel der Befragten angegeben, noch keine sichere Entscheidung für eine Partei getroffen zu haben.

Weitere fünf Jahre „Kenia“?

Wenn es bis Sonntag dabei bliebe, dürfte wahrscheinlich Michael Kretschmer (CDU), der amtierende Ministerpräsident Sachsens, weitere fünf Jahre die Geschäfte des Regierungschefs ausüben. Eine Fortführung der „Kenia-Koalition“ aus CDU, Grünen und SPD wäre möglich, sofern nicht noch eine der beiden Letztgenannten unter die Fünf-Prozent-Hürde rutscht. Die derzeit zusammen 45 Prozent würden wohl gerade so für eine Mehrheit genügen.

Nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen würden es sieben von zehn Sachsen begrüßen, wenn Kretschmer weiter Ministerpräsident bliebe. Den AfD-Spitzenkandidaten Jörg Urban sähen nur 15 Prozent gerne in dieser Position.

CDU-BSW-Bündnis denkbar, aber schwierig

Da Kretschmers CDU wie alle übrigen Parteien mit Chancen auf Landtagssitze eine Koalition mit der AfD ablehnt, wäre ansonsten rein rechnerisch nur ein Bündnis mit dem erst im Januar 2024 aus der Linken hervorgegangenen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) möglich. Auch in diesem Fall hätte Kretschmer 45 Prozent hinter sich. Als BSW-Spitzenkandidatin tritt die Landesvorsitzende Sabine Zimmermann an.

Doch bevor Kretschmer tatsächlich mit Zimmermann kooperieren würde, müssten wohl noch einige Steine aus dem Weg geräumt werden. Nach Informationen der „taz“ stellt Parteigründerin Wagenknecht, obwohl sie selbst nirgends kandidiert, Bedingungen, die Kretschmer nicht schmecken dürften. So zum Beispiel Wagenknechts Forderung, zumindest anfangs persönlich in Koalitionsverhandlungen eingebunden zu werden. Oder auch, dass ein Ja zu Diplomatie im Ukraine-Krieg und ein Nein zu US-Raketen auf deutschem Boden für Wagenknecht zwingend auch in einen Landeskoalitionsvertrag gehört.

Der Blick auf Thüringen

  • AfD: 29 Prozent (minus 1 Prozentpunkt zur Vorwoche / Wahlergebnis 2019: 23,4 Prozent)
  • CDU: 23 Prozent (stabil / Wahlergebnis 2019: 21,7 Prozent)
  • BSW: 18 Prozent (plus 1 Prozentpunkt / 2019 nicht angetreten)
  • Linke: 13 Prozent (minus 1 / Wahlergebnis 2019: 31,0 Prozent)
  • SPD: 6 Prozent (minus 1 / Wahlergebnis 2019: 8,2 Prozent)
    _____________________________________________
  • Grüne: 4 Prozent (stabil / Wahlergebnis 2019: 5,2 Prozent)
  • Sonstige: 9 Prozent (stabil / Wahlergebnis inklusive FDP 2019: 10,5)

 

Grafik: Balkendiagramm zur Sonntagsfrage für Thüringen, Stand 29. August 2024, im Vergleich zur Vorwoche (Quelle Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer“). Foto: Bildschirmfoto Forschungsgruppe Wahlen

Grafik: Balkendiagramm zur Sonntagsfrage für Thüringen, Stand 29. August 2024, im Vergleich zur Vorwoche (Quelle Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer“). Foto: Bildschirmfoto/Forschungsgruppe Wahlen

Das Meinungsforschungsinstitut INSA hatte die AfD fünf Tage vor der Veröffentlichung des ZDF-„Politbarometers“ noch bei 30 Prozent gemessen, mit neun Punkten Abstand auf die CDU.

Doch auch im Dresdner Landtag gilt für alle nennenswerten Parteien: auf keinen Fall eine Koalition mit dem AfD-Landesverband. Trotz aller Brandmauerbekundungen gegen die vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuften Partei, liegt ein Angebot der AfD zur gemeinsamen Arbeit mit der CDU in Sachsen wie in Thüringen auf dem Tisch.

Laut den Umfragedaten der Forschungsgruppe Wahlen wissen derzeit 29 Prozent der befragten Thüringer bisher nicht sicher, wen und ob sie überhaupt wählen sollen.

CDU/BSW/SPD-Bündnis einzige gangbare Mehrheitsoption

Als zweitstärkste Kraft müsste CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt aber nicht nur auf die Unterstützung des BSW hoffen, sondern auch darauf, dass die SPD es tatsächlich in den Landtag schafft. Voigt könnte dann versuchen, ein rot dominiertes CDU/BSW/SPD-Bündnis zu schmieden.

Laut dem Onlineportal „regional Heute“ sieht Voigt ähnlich wie Kretschmer die herausgehobene Stellung Wagenknechts im BSW kritisch: Für ihn gebe es „keine Gesprächsgrundlage“, solange Sahra Wagenknecht Vorgaben mache. „Thüringen wird nicht aus Berlin oder dem Saarland regiert“, zitiert das Portal den CDU-Spitzenkandidaten.

Den Linken hatte Voigt schon im Juni eine Abfuhr erteilt. Die Zusammenarbeit mit der Partei des aktuellen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow gilt bei der Union ohnehin als Tabu – auch wenn die CDU Ramelows rot-rot-grüne Minderheitsregierung nun schon seit dem 4. März 2020 mitträgt. Wenige Wochen zuvor war der ursprünglich gewählte FDP-Kandidat Thomas Kemmerich auf Drängen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Ministerpräsidentensessel vertrieben worden, weil auch die AfD dem Liberalen die Stimmen ihrer Fraktion gegeben hatte.

Nach dem Wahlsonntag wird die FDP aller Voraussicht nach gar nicht mehr im Landtag vertreten sein. Auch für die Grünen sieht es momentan danach aus. Ein erst jüngst ins Spiel gebrachtes rot-rot-rotes Bündnis für Thüringen aus BSW, SPD und Linkspartei würde zusammen nicht einmal 40 Prozent erreichen – zu wenig für eine stabile Mehrheitsregierung. Ganz zu schweigen, dass eine klare Mehrheit von derzeit 52 Prozent ohnehin eine konservative Landesregierung favorisieren würde.

Doch trotz des Verlusts von 18 Prozentpunkten für seine Partei ist Ramelow noch immer der Mann, für den sich eine relative Mehrheit von 39 Prozent der Thüringer als Regierungschef aussprechen würde. Auf Platz zwei der Beliebtheitsskala steht nach der Forschungsgruppe Wahlen derzeit Mario Voigt (21 Prozent). Dahinter folgen der AfD-Spitzenkandidat und -Landesvorsitzende Björn Höcke (15 Prozent) und BSW-Herausforderin Katja Wolf (11 Prozent).

 



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