Kompromisshaushalt 2024 – was die einzelnen Ampelparteien hinnehmen mussten
Lange und zäh stritten die Ampelparteien um den Haushalt 2024. Mehrmals gingen die Verhandlungen in den vergangenen 14 Tagen bis tief in die Nacht. Am Ende ging man dann wieder ohne ein Ergebnis auseinander. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, 12. auf 13. Dezember 2023, kam dann der Durchbruch.
Gestern Mittag, 13. Dezember, konnten SPD, Grüne und FDP im Bundeskanzleramt das Ergebnis präsentieren – der Haushalt steht. Ein großer Wurf, das wurde schnell deutlich, ist es nicht geworden. Es ist aber erst einmal die Rettung der Ampel – das dürfte in erster Linie für die drei Parteien eine gute Nachricht sein.
Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) haben genau das gemacht, was das Bundesverfassungsgericht mit seinem Haushaltsurteil der Ampel als Rechenaufgabe aufgetragen hat: Schließen Sie die Lücke, die unser Urteil nun in den Haushalt reißt.
Dass dabei nichts wirklich in die Zukunft gerichtetes herauskommen würde, war vorhersehbar. Neue große Linien konnte man nicht erwarten. Positiv kann man sicherlich der Sache abgewinnen, dass alle Koalitionspartner auf der Pressekonferenz betonten, den nun verhandelten Kompromiss in ihren Parteien entschlossen zu verteidigen.
Bei einer Regierung, die seit einem Jahr im Dauerstreit liegt, ist das schon ein großes Ergebnis. Blessuren haben am Ende alle Ampelparteien hinnehmen müssen.
Grüne müssen die meisten Einschnitte verkraften
Besonders stark gerupft wurde das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne). Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hatte ihm im sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) schlagartig 60 Milliarden Euro weggekürzt. Diese ließen sich nun nicht mehr einfach umschichten oder gegenfinanzieren.
Etwas über die Hälfte, genau 31 Milliarden Euro, soll daher bis 2027 tatsächlich eingespart werden. Für den Schienenausbau waren in dem Fonds ursprünglich 13 Milliarden eingeplant gewesen. Das ist nun nicht mehr vorgesehen. Der Betrag soll daher über den Verkauf von Bundesbeteiligungen und eine Eigenkapitalstärkung der Bahn aufgebracht werden. Diese Maßnahmen würden nicht der Schuldenbremse unterliegen.
16 Milliarden Euro in dem KTF sollen durch zusätzliche Einnahmen generiert werden. Die nun geplante stärkere Erhöhung des nationalen CO₂-Preises ab dem kommenden Jahr auf 45 Euro pro Tonne – ursprünglich war nur die Erhöhung auf 40 Euro angedacht – wird dieses Geld nicht aufbringen können. Die Bundesregierung selbst rechnet mit Mehreinnahmen von nur rund 1,7 Milliarden Euro. Die fehlenden rund 14,3 Milliarden Euro sollen ab 2025 aus dem regulären Haushalt in den KTF fließen. Wo diese Mittel dann ab 2025 konkret herkommen sollen, ist unklar.
Kräftig gekürzt wird auch bei den Klimaprogrammen. Dort müssen schon ab dem kommenden Jahr im KTF zwölf Milliarden Euro eingespart werden. Daher wird die Umweltprämie für E-Autos ab sofort auslaufen. Alte Anträge werden zwar noch abgearbeitet, neue Anträge aber nicht mehr angenommen.
Der Rotstift wird ebenfalls bei der Heizungsförderung angesetzt. Im Zusammenhang mit dem umstrittenen Heizungsgesetz der Ampel sollten hier wirtschaftliche Härten abgefedert werden. Wie das nun in Zukunft aussehen wird, bleibt abzuwarten. Auch die Verbesserungen, von denen am Baugipfel die Rede war – so etwa die Ausweitung des Geschwindigkeitsbonus auch auf Vermieter – sind nun vom Tisch. Die angekündigte Erhöhung der Sanierungsförderung kommt ebenfalls nicht.
Fast alle Investitionsförderungen, die bisher angekündigt wurden, sollen allerdings fließen. So wird es zukünftig die Förderung für Chipfabriken ebenso in voller Höhe geben wie geförderte Wasserstoffprojekte und den Umbau von Stahlindustrie.
Weiter bleibt im KTF die Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen ebenso erhalten wie die Finanzierung der EEG-Umlage. Gekürzt soll allerdings bei den Netzentgelten werden, wenn diese auch nicht im KTF eingepreist waren.
Zur Stabilisierung waren ursprünglich 5,5 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds vorgesehen. Diese entfallen nun ersatzlos, was einen Anstieg der Strompreise um durchschnittlich zwei Cent pro Kilowattstunde zur Folge haben dürfte.
FDP kann Schuldenbremse vorerst durchsetzen
Ursprünglich hatten SPD und Grüne die Schuldenbremse auch für das kommende Jahr aussetzen wollen. Dagegen stemmte sich die FDP – wie es aussieht, durchaus erfolgreich. Ein Aussetzen der Schuldenbremse für 2024 wird vorerst nicht formell beschlossen.
Allerdings sollte sich Christian Lindner nicht zu früh freuen. Um die Hochwasserschäden im Ahrtal zu finanzieren, wird geprüft, „inwieweit ein Überschreitungsbeschluss verfassungsrechtlich möglich ist“, so das Bundesfinanzministerium am Mittwoch.
Sollten die Sachverständigen nicht protestieren, würde die Schuldenbremse erneut wegen dieses Notfalls ausgesetzt werden. Auch für den Fall, dass die Unterstützung der USA für die Ukraine ausbleibt, hat die Bundesregierung bereits deutsche Kriegshilfen angekündigt. Das wären dann „Notfallkredite“, die nur mit einem Aussetzen der Schuldenbremse finanziert werden könnten.
Steuersenkung nur zum Preis neuer Steuern
Steuersenkungen waren das große Ziel der FDP. So wird es ab 2024 eine Steuerentlastung von 15 Milliarden Euro bei der Lohn- und Einkommenssteuer geben. Bei der Stromsteuer wird es eine Entlastung von drei Milliarden Euro geben.
Diese Steuerabsenkungen konnten allerdings nur um den Preis von neuen Steuern gerettet werden. So ist schon jetzt eine Kerosinsteuer im nationalen Flugverkehr angekündigt. Flüge werden also ab 2024 erheblich teurer.
Weiter möchte die Ampel die sogenannte EU-Plastikabgabe an die Verursacher weitergeben. Bisher wurde diese Abgabe aus dem Bundeshaushalt an die EU gezahlt. Nun sollen die Unternehmen, die Plastik verwenden, die bisher fällig werdenden 1,4 Milliarden Euro aus eigener Tasche zahlen. Am Ende werden die Unternehmen die Mehrausgaben an ihre Kunden weitergeben.
SPD kann mit Ergebnis zufrieden sein
Zufrieden mit den ausgehandelten Kompromissen kann die SPD sein. Die Versuche der FDP, die Rente mit 63 und die Kindergrundsicherung anzutasten, wurde abgewehrt. Auch die Subventionen für den US-Chiphersteller Intel über fast zehn Milliarden Euro bleiben unangetastet. Bei dem Posten hätte die FDP gerne gekürzt.
Auch die von der FDP ins Auge gefasste Kürzung der Erhöhung des Bürgergeldes wiesen SPD und Grüne zurück. Lediglich der geplante Bonus in Höhe von monatlich 75 Euro für die Teilnahme an einer Weiterbildung entfällt. Das spart 250 Millionen Euro.
Alle anderen Annahmen im Sozialbereich erinnern im Haushaltskompromiss dann doch eher an Luftbuchungen. Die schnelle Vermittlung von Ukrainern in den Arbeitsmarkt soll 500 Millionen Euro erbringen.
Beim Bundeszuschuss für die Rente sollen 600 Millionen Euro weniger gezahlt werden. Für die Rentner soll sich trotzdem nichts ändern.
Weiter soll eine Neueinschätzung der Zinsbelastung des Bundeshaushalts Hunderte Millionen Euro einsparen. Wie die Ampel auf diese Einsparungseinschätzung kommt, wird nicht klar. Nicht auszuschließen, dass hier eher der Wunsch Vater des Gedankens ist.
Für Sonderfonds Ahrtal soll Union ins Boot
Über die Förderung des Wiederaufbaus des Ahrtals nach der Flutkatastrophe herrscht nach wie vor Unsicherheit. Die Bundesregierung will das Sondervermögen von 2,7 Milliarden Euro, die dafür vorgesehen sind, auch 2024 über die Erklärung einer Notlage begründen.
Für diesen Coup möchte man die Union mit ins Boot holen, die in NRW regiert und daher von dem Geld profitieren würde. Der Gedanke der Ampel dabei liegt auf der Hand: Eine Union, die bei dem Ahrtal mitzieht, wird kaum erneut vor das Verfassungsgericht ziehen, um auch dieses Sondervermögen zu kippen.
Nun ergeht erst einmal ein Prüfauftrag, ob ein Sondervermögen Ahrtal verfassungsfest begründet werden kann. Ein weiteres verfassungsrechtliches Risiko möchte man vermutlich nicht mehr eingehen.
Der vorgestellte Haushalt soll vier Tage vor Weihnachten im Kabinett beraten werden. Bis zum 20. Dezember 2023 haben die Ministerien nun Zeit, auf den Entwurf zu reagieren. Die Bereinigungssitzung wird aller Voraussicht nach erst in einer Haushaltswoche ab dem 15. Januar 2024 stattfinden. Wann die dazu erforderliche Sitzung des Haushaltsausschusses stattfindet, ist noch unklar. Der Bundesrat soll dann am 2. Februar 2024 entscheiden.
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