Kommt das Aus des Verbrenner-Aus?

Haben dicke Auspuffe wirklich bald ausgequalmt? Die EU-Regel gerät zunehmend in die Kritik. Jetzt plädiert auch der Chef des Kraftfahrtbundesamtes für Änderungen des in zehn Jahren greifenden Zulassungsverbotes für neue Diesel und Benziner. Mit seiner Kritik steht er nicht alleine da.
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Wird das Verbrennerverbot korrigiert?Foto: iStock portnikau
Von 29. November 2024

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In der EU dürfen ab 2035 keine neuen Diesel und Benziner mehr zugelassen werden. Mit dem „Verbrennerverbot“ soll der Umstieg auf E-Autos gefördert werden, indem keine neuen Pkws mehr auf die Straße kommen, die CO₂-Emissionen verursachen. In dem Rahmen werden die Autohersteller dazu verpflichtet, den durchschnittlichen CO₂-Ausstoß für ihre komplette Flotte Schritt für Schritt zu senken, sodass der Ausstoß bis zum Jahr 2035 auf null zurückgeht. Das erklärte Ziel ist, den Verkehrssektor klimaneutral zu gestalten.

Nachjustieren wegen fehlender Akzeptanz

Jetzt regt auch Kraftfahrtbundesamt-Präsident Richard Damm Änderungen am EU-weiten Zulassungsstopp für Autos mit Verbrennermotor an. „Das sogenannte Verbrennerverbot kann man durchaus skeptisch sehen“, sagte Damm der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

Damm ergänzte eine nach eigener Aussage „persönliche Meinung“: „Wenn das EU-Zulassungsverbot neuer Diesel und Benziner 2035 nicht zum Ziel führen kann, weil Angebot und Akzeptanz für E-Autos noch nicht groß genug sind – und darauf deuten unsere Zahlen hin –, dann sollte man nicht an Vorgaben festhalten, sondern nachjustieren.“

Besserer Weg? Anreize setzten, statt zu bestrafen

Wenn ein Hersteller zum Beispiel durch das Erreichen von E-Auto-Quoten Vorteile erhalte, anstatt für das nicht Erreichen von Quoten Strafen zahlen zu müssen, „dann wäre das womöglich der bessere Weg“, sagte der KBA-Präsident der „NOZ“. „Wohlgemerkt: Es geht nicht um einen Abbruch der Verkehrswende, sondern um mehr Realismus.“

Auf dem Weg zum CO₂-Flottenwert bei null im Jahr 2035 werden sich 2025 die CO₂-Flottenziele der EU bereits deutlich verschärfen, der Schwellenwert der Neuwagen-Flotten sinkt von 116 g/km auf nur noch 93,5 g/km. Wenn ein Autohersteller seinen CO₂-Flottenwert, der individuell leicht abweichen kann, nicht erreicht, muss er mit empfindlichen Strafzahlungen an die EU rechnen: 95 Euro pro Gramm Überschreitung multipliziert mit der Stückzahl an Fahrzeugen, die der Hersteller im betreffenden Jahr in der EU verkauft hat.

Demnach drohen den Autobauern Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß von Neuwagen in Deutschland lag im ersten Halbjahr 2024 bei gut 123 g/km, der Sprung zu den 2025 geforderten 93,5 g/km scheint kaum realistisch.

E-Autos rückläufig ohne staatliche Förderung

Der Weg dahin bedeutet, dass die Hersteller mehr E-Autos verkaufen müssen. Denn diese werden von der EU mit null Gramm CO₂ pro Kilometer eingerechnet und sind damit der beste Hebel für die Senkung des Flottenverbrauchs. Allerdings ist der E-Auto-Anteil an den Neuzulassungen in Deutschland rückläufig: Während 2023 noch 18,4 Prozent der neu zugelassenen Autos einen E-Antrieb hatten, lag im Oktober 2024 der E-Auto-Anteil an den gesamten Pkw-Neuzulassungen bei nur noch 15,3 Prozent. Das waren 4,9 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Dem entgegen steht bei den Neuzulassungen im selben Monat Oktober 2024 ein Marktanteil der SUV und Geländewagen von über 43 Prozent.

Das Geschäft mit den Stromern kommt nicht so richtig ins Rollen – nicht zuletzt, weil staatliche Förderungen im vergangenen Jahr eingestellt wurden.

Auch wenn sich der Anteil der Neuzulassungen von E-Autos nach dem abrupten Ende der Kaufprämie wieder stabilisiert habe, so Behördenchef Damm in der „NOZ“, sei die angepeilte Zahl von 15 Millionen Batterie-Pkw bis 2030 bei dem Tempo nicht zu erreichen. „Um binnen 5 Jahren auf 15 Millionen zu kommen, bräuchte es eine E-Auto-Quote von rund 90 Prozent bei den Neuzulassungen“, erklärte Damm.

Billiger Strom als Turbo für Verkehrswende

Laut Kraftfahrtbundesamt-Präsident Richard Damm könnte verbilligter Ladestrom einen Anreiz bieten und die Durchsetzung der E-Mobilität beschleunigen. Solange das Stromtanken nicht so einfach, transparent und im Vergleich nicht billiger sei als das Tanken von Diesel und Benzin, werden viele nicht umsteigen, so die Lageeinschätzung durch den Behördenchef.

Durch die gestiegenen Stromkosten und den gesunkenen Ölpreis sei das Gegenteil Realität. Aber: „Günstige Autostrom-Tarife könnten also definitiv helfen, E-Autos wieder attraktiver zu machen“, so Damm in der „NOZ“.

Aktuelle Entwicklungen

Zugelassen sollen ab 2035 also nur noch Elektroautos und theoretisch auch Wasserstofffahrzeuge – sofern sich Autohersteller in den nächsten zehn Jahren um die Entwicklung eines effizienten Serienfahrzeuges mit Wasserstoffantrieb bemühen und es eine Infrastruktur dafür geben wird.

Bereits zugelassene Diesel- und Benzinfahrzeuge können weiterhin gefahren und verkauft werden, allerdings könnte es hier zu strengeren Schadstoffrichtlinien und regionalen Fahrverboten kommen.

In der EU Widerstand aus der Politik

Momentan berücksichtigt die für die Berechnung zugrunde gelegte „Emissionsfreiheit“ von E-Autos weder die Produktion noch die Lieferkette der Fahrzeuge, die emissionsfrei betrieben werden, aber in der Herstellung nicht CO₂-neutral sind. Sie wird nur „am Auspuff“ gemessen. Eine Diskussion um eine breitere Berücksichtigung von CO₂-Bilanzen aus Produktion und Lieferketten steht an.

Inzwischen regt sich Widerstand gegen das Verbrenner-Aus auf breiter Front, auch aus der Politik selbst. So hatten sich beispielsweise Manfred Weber, Vorsitzender der EVP, und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine zeitnahe kritische Überprüfung des Verbrennerverbots ausgesprochen. Von der Leyen kündigte an, eine „gezielte Änderung der Verordnung“ bezüglich des Verbrenner-Aus zu verfolgen.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr mahnte an, das Verbot des Verbrennungsmotors in Europa aufzuheben:

Meine glasklare Erwartung ist, dass die Aufhebung des Verbrennerverbots in das Programm der neuen EU-Kommission aufgenommen und in den ersten 100 Tagen umgesetzt wird. Alles andere wäre Wahlbetrug.“

Seit der Wiederernennung von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin am 18. Juli 2024 ist dieses zwar nicht geschehen, aber die Neubewertung des Verbrennerverbots steht 2026 an.

Auch der EU-Rechnungshof hat Zweifel am Verbrenner-Aus bis 2035 angemeldet: E-Autos seien für die Masse zu teuer. Das Ziel der Verkehrswende hin zum E-Auto bis 2035 sei lediglich dann erreichbar, wenn der Bedarf an Pkw mit Importen aus China gedeckt werde.

Söder: Das „kostet Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit“

Eine radikale Kehrtwende forderte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder als Reaktion auf die möglichen Werksschließungen bei Volkswagen. Das Ergebnis des versprochenen grünen Wirtschaftswunders sei „Rezession und Rückschritt“, sagte Söder.

Laut dem CSU-Chef braucht es einen „Auto-Marshallplan“. Die EU und Deutschland schwächten die deutsche Autoindustrie nachhaltig durch falsche Entscheidungen seit Jahren. „Der Green Deal und die Ampelbeschlüsse kosten Europa und Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit.“

Konkret forderte Söder die Aufhebung des geplanten Verbrennerverbots in der EU und Technologieoffenheit sowie die Aussetzung aller CO₂-Strafzahlungen und keine Zölle auf Autos.



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