Keine Geheimdienstinfos für AfD-geführte Länder
Die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sollen keine Informationen aus anderen deutschen Verfassungsschutzämtern mehr erhalten, falls die AfD im Herbst vor Ort mitregieren sollte. Das hatte das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) unter Berufung auf „Sicherheitskreise im Bund und in den Ländern“ am Morgen des 1. August 2024 berichtet.
Hintergrund sei die Sorge, dass regierende AfD-Politiker Erkenntnisse von LfV-Mitarbeitern an den Bundesverband oder andere Landesverbände ihrer Partei weiterreichen könnten. Genau das soll laut RND verhindert werden.
Thüringer AfD fordert Abschaffung des Verfassungsschutzes
Der thüringische AfD-Landesverband sieht sich nach den Worten eines Sprechers „einmal mehr in unserer Position bestätigt, eine Abschaffung des letztlich unreformierbaren, demokratiefeindlichen ‚Verfassungsschutzes‘ in seiner jetzigen Form zu fordern“. Die „sogenannten ‚Verfassungsschutz‘-Behörden“ hätten sich mit ihrer Entscheidung ebenfalls „einmal mehr“ diskreditiert, so der Sprecher auf Anfrage der Epoch Times. Sowohl die angebliche Befürchtung als auch der Vorwurf, dass eine Regierungsbeteiligung der AfD „zum Missbrauch oder zur Weitergabe vertraulicher Informationen führen“ könne, seien „absurd“.
Es sei allerdings „bemerkenswert, dass diese Behörden offenbar keinerlei Skrupel hatten, einer Landesregierung zuzuarbeiten, die offene Sympathien für kriminelle, gewaltbereite Linksextremisten hegt und bei der erwiesenermaßen unmittelbare Kontakte zu solchen Kreisen bestehen“, betonte der Sprecher. Er verwies auf entsprechende Darstellungen der Landes-CDU (hier und hier) und Nachforschungen seiner eigenen Landtagsfraktion (hier und hier).
AfD-Bundesvorstand: Plan wäre „rechtswidrig“
Roman Reusch, Mitglied im Bundesvorstand der AfD, äußerte sich gegenüber der Epoch Times etwas moderater: „Die Pflicht zur Zusammenarbeit des Bundesamtes mit den Landesämtern und umgekehrt“ sei in den Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder verankert. Und weiter:
Als staatliche Behörden sind die Ämter an Recht und Gesetz gebunden. Wenn sie also entgegen dieser Rechtslage handeln wollten, dann wäre das rechtswidrig.“
Thüringer Innenministerium und BMI schweigen zur Sache
Ein Sprecher von Nancy Faesers (SPD) Bundesinnenministerium (BMI) lehnte es auf Anfrage der Epoch Times ab, Details zur vom RND kolportierten Entscheidung herauszugeben. Auch den angeblichen Plan der „Sicherheitskreise“ wollte er weder bestätigen noch dementieren. „Das BMI äußert sich grundsätzlich nicht öffentlich zur Zusammenarbeit der Nachrichtendienste“, erklärte der Sprecher. Er wies darauf hin, dass für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die gesetzlichen Vorschriften des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) gelten würden. Das Amt ist dem Ministerium unterstellt.
Beinahe wortgleich antwortete das Thüringer Innenministerium: „Die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist in dem Bundesverfassungsschutzgesetz geregelt“, ließ ein Sprecher wissen. Weiter wolle man den RND-Artikel nicht kommentieren.
Stephan Kramer, Präsident des LfV in Thüringen, hatte sich bereits Mitte Mai im „Deutschlandfunk“ gegen den AfD-Standpunkt verwahrt, nach dem sein Landesamt politisch instrumentalisiert werde, um die blaue Partei zu benachteiligen. Kramer erklärte, dass der LfV ausschließlich bei Bedrohung der demokratischen Grundordnung aktiv werde.
Hintergrund war ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, nach dem die AfD in Gänze als „Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus“ eingestuft werden darf.
Die Epoch Times hatte auch die Landesinnenministerien von Sachsen und Brandenburg und die dortigen AfD-Landesverbände um Stellungnahmen gebeten. Bis zum Redaktionsschluss am 1. August lagen allerdings keine weiteren Reaktionen vor.
FDP: AfD als „verlängerter Arm autoritärer Regime“
Konstantin Kuhle, der Fraktionsvize der FDP im Bundestag, hatte in einem Interview mit RTL und ntv schon am Morgen Verständnis für die mutmaßlichen Pläne gezeigt: „Wenn wir es zulassen, dass nachrichtendienstliche Informationen an die AfD gegeben werden, dann kann man sie auch gleich an Wladimir Putin geben“, so Kuhle. Die AfD besitze nicht nur eine „rechtsextreme Gesinnung“, sondern sei hierzulande auch der „verlängerte Arm autoritärer Regime“ wie Russland oder China.
Die beiden AfD-Landesverbände in Sachsen und Thüringen wurden vom jeweiligen Landesverfassungsschutz bereits als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft, die AfD Thüringen laut MDR erst kürzlich mit dem Attribut „kämpferisch-aggressiv“ versehen. Die Brandenburger AfD wird vom Inlandsgeheimdienst des Landes als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ betrachtet.
Landtagswahlen am 1. und 22. September
In Sachsen und Thüringen wird am 1. September 2024 ein neuer Landtag gewählt. Brandenburg ist mit seiner Parlamentswahl am 22. September dran.
In allen drei Bundesländern rangiert die AfD Umfragen zufolge auf Platz eins der Wählergunst. Da allerdings keine andere Partei, die Chancen auf Parlamentssitze hat, eine Koalition mit der AfD eingehen würde, ist es momentan schwer vorstellbar, wie die AfD in Regierungsverantwortung gelangen könnte.
In Thüringen lag die AfD vor einer Woche in der Sonntagsfrage beim Meinungsforschungsinstitut INSA mit 29,0 Prozent trotz eines Minus von einem Prozentpunkt im Vergleich zu Anfang Mai klar vor der CDU (22,0 Prozent, plus 2). Im Erfurter Parlament könnte es für den CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt damit auf ein Bündnis mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW / 20,0 Prozent) hinauslaufen. Die letzten womöglich noch fehlenden Prozentpunkte für eine absolute Mehrheit könnten Bodo Ramelows Linke (14,0 Prozent) oder die SPD (7,0) liefern. Für die AfD tritt der als Rechtsextremist eingestufte Björn Höcke als Spitzenkandidat an.
In Sachsen erreichte die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Jörg Urban nach einer infratest-dimap-Umfrage von Mitte Juli nur noch 30,0 Prozent – fünf Prozentpunkte weniger als noch Ende Januar. Nur ein Prozentpunkt weniger fiel auf die etwas weniger schwächelnde CDU (29,0 Prozent/minus 1). Das BSW könnte dem amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer mit aktuell 15,0 Prozent knapp zu einer weiteren Amtszeit verhelfen.
Für eine parlamentarische Mehrheit im Dresdener Landtag wäre womöglich aber ebenfalls ein Dreierbündnis nötig – und zwar ein schwarz-rot-rotes. Denn CDU und BSW müssten wohl auf die Unterstützung der SPD (7,0 Prozent) zurückgreifen. Die Grünen (ebenfalls 7,0 Prozent) sind für Sahra Wagenknecht jedenfalls „kein Wunschpartner“, wie die Wahl-Saarländerin Anfang Juli betont hatte.
Auch in Brandenburg war die AfD laut einer INSA-Umfrage vom 16. Juli mit 24,0 Prozent zuletzt stärkste Kraft – trotz leichter Verluste von einem Punkt. Für sie bewirbt sich Hans-Christoph Berndt um das Amt des Ministerpräsidenten. Auf Platz zwei der Wählergunst lag die SPD: Hinter dem seit 2013 amtierenden Ministerpräsidenten Dietmar Woidke stehen stabile 19,0 Prozent. Knapp dahinter folgen die CDU (18,0 Prozent/minus 1) und das BSW (17,0/plus 4).
Da die Grünen lediglich konstante 7,0 Prozent erreichten, könnte es am Ende eine rot-schwarz-rote Regierungskoalition geben. Die Linke muss mit 5,0 Prozent um den Einzug in den Potsdamer Landtag bangen.
Die FDP erhält laut Umfragen in allen drei Bundesländern derzeit zum Teil deutlich unter fünf Prozent und würde damit keine Rolle mehr spielen. Das BSW dagegen könnte am Ende in allen drei Landtagen Teil einer neuen Regierung sein.
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