Kanzleramt wehrt sich gegen Bas-Kritik am Antwortverhalten

Nachdem aus den Reihen der Parlamentarier immer öfter Kritik an der Bundesregierung laut geworden war, weil Fragen zu spät oder unvollständig beantwortet worden sein sollen, hat Parlamentspräsidentin Bas das Kanzleramt zur Besserung ermahnt. Die Regierung kann allerdings keine ernsthaften Pflichtverletzungen erkennen.
Titelbild
Das Archivbild zeigt eine Plenardebatte im Deutschen Bundestag.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 10. August 2024

Die Bundesregierung sieht keine gravierenden Versäumnisse in ihrem Bemühen, die parlamentarischen Anfragen der Abgeordneten zeitnah zu beantworten. Man könne „hinsichtlich der Fristeinhaltung keine Abweichungen gegenüber dem Antwortverhalten in vorherigen Legislaturperioden feststellen“, teilte eine Regierungssprecherin der Epoch Times auf Nachfrage schriftlich mit.

Zuvor war bekannt geworden, dass Bundestagspräsidentin Bärbel Bas dem Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (beide SPD) im Mai 2024 einen Brief geschrieben hatte, in dem sie zunehmende Beschwerden über das Antwortverhalten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen der Bundestagsfraktionen und Gruppen thematisiert hatte. Die Entwicklung sei aus ihrer Sicht „nicht akzeptabel“. Das Nachrichtenportal „t-online“ hatte als erstes Medium darüber berichtet.

„Die Bundesregierung nimmt den Brief der Parlamentspräsidentin sehr ernst und hat großes Verständnis für ihre Bitte, parlamentarische Fragen ordnungsgemäß und rechtzeitig zu beantworten“, erklärte die Regierungssprecherin nun am 7. August 2024. Dies habe Schmidt „auch in seinem Antwortbrief vom 11. Juni deutlich gemacht“.

Seit Regierungsantritt über 20.000 Fragen eingereicht

Nach Angaben der Sprecherin seien der Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode – also seit Dezember 2021 – bereits mehr als 20.000 Kleine Anfragen und Schriftliche Fragen gestellt worden. Diese seien „ganz überwiegend fristgerecht beantwortet“ worden.

Der Regierung sei es „ein großes Anliegen, dass das hohe Haus des Parlaments mit der zutreffenden und fristgemäßen Beantwortung parlamentarischer Anfragen rechnen“ könne. „Deswegen geht die Bundesregierung jeder Beschwerde konsequent nach. Soweit möglich und erforderlich, wird Abhilfe geschaffen, um ein gleichbleibend hohes Niveau bei der Qualität der Beantwortung zu gewährleisten und das verfassungsrechtlich geschützte Frage- und Informationsrecht der Abgeordneten zu achten“, betonte die Regierungssprecherin.

Originalschreiben sollen Interna bleiben

Das Antwortschreiben Schmidts wollte sie der Epoch Times ebenso wenig zur Verfügung stellen wie den ursprünglichen Beschwerdebrief von Parlamentspräsidentin Bas. Auch das Pressereferat des Deutschen Bundestags bat die Epoch Times um Verständnis, dass die Bundestagspräsidentin „zu ihrer nichtöffentlichen Korrespondenz keine öffentlichen Auskünfte“ erteile, welche über die Bestätigung ihres Schreibens vom Mai 2024 hinausgingen.

Reisekasse für 2024 schon jetzt leer – Bas: Kein Geld mehr vom Bundestag für Abgeordnete

Bärbel Bas (SPD) bei ihrer Arbeit als Bundestagspräsidentin im Plenarsaal. Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Epoch Times hat auch bei sämtlichen Bundestagsfraktionen und -gruppen nachgefragt, inwiefern sie Anlass zur Kritik am Antwortverhalten der Bundesregierung geübt hatten. Bis zum Redaktionsschluss lagen noch keine Antworten vor.

Von Mündlichen und Schriftlichen Fragen, Kleinen und Großen Anfragen

Das parlamentarische Fragerecht leitet sich vor allem aus dem in Artikel 38 des Grundgesetzes verankerten Abgeordnetenstatus und dem in Artikel 20 festgeschriebenen Demokratieprinzip ab. Genauer ausgestaltet ist das Fragerecht in der Geschäftsordnung des Bundestags.“ (Webarchiv des Bundestags).

In den Bundestagssitzungswochen haben die Abgeordneten die Möglichkeit, zwei Mündliche Fragen für die offizielle Fragestunde im Plenum stellen. Die Minister können ihre Antworten direkt geben oder sich von ihren Parlamentarischen Staatssekretären oder den Staatsministern innerhalb der Ministerien vertreten lassen. Während der Fragestunde sind Zusatzfragen erlaubt. Wenn danach noch unbeantwortete Fragen vorliegen, darf die Regierung schriftlich darauf antworten.

Der Begriff Schriftliche Frage umschreibt unabhängig vom Fraktionsstatus das Recht eines jeden Abgeordneten, jeden Monat bis zu vier Fragen an die Regierung zu stellen, die diese schriftlich zu beantworten hat. Nach Frageeingang beim Kanzleramt soll nach Angaben des Bundestags möglichst nicht mehr als eine Woche bis zur Antwort vergehen. Sämtliche Anfragen einer Woche würden in der Folgewoche als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.

Eine Kleine Anfrage gehört ebenfalls zu den häufigsten Mitteln des Informationsaustauschs zwischen Parlament (Legislative) und Regierung (Exekutive). Damit dient sie der Kontrolle der Regierungsarbeit. Nach Angaben des Bundestags steht das damit verbundene Recht, „schriftlich von der Bundesregierung Auskunft über bestimmte Sachverhalte“ verlangen zu können, lediglich den Fraktionen oder Abgeordneten in Fraktionsstärke zu.

Eine Große Anfrage unterscheidet sich von der Kleinen insofern, als ihr Inhalt und die Regierungsreplik auch im Bundestag debattiert werden muss, sobald dies von einer Fraktion oder von Abgeordneten in Fraktionsstärke verlangt wird. „Lehnt die Bundesregierung die Beantwortung innerhalb einer bestimmten Zeit oder gänzlich ab, kann der Bundestag die Große Anfrage zur Beratung auf die Tagesordnung setzen“, so die Regel laut Bundestagswebsite.

Die Schriftwechsel zwischen den Fraktionen (SPD, Grüne, FDP, Union, AfD) und Gruppen (Linke, BSW) des Bundestags und der Bundesregierung sind mit einer Verzögerung von normalerweise wenigen Tagen auf der Website des Bundestags einsehbar.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion