K-Frage geklärt: Söder will Merz „ohne Zähneknirschen“ unterstützen
Friedrich Merz soll der nächste Kanzlerkandidat der Union werden. Das haben der CDU-Partei- und Fraktionschef Merz und der bayerische Ministerpräsident und CSU-Parteivorsitzende Markus Söder (CSU) am Mittag des 17. September 2024 in Berlin bekannt gegeben.
Die beiden hatten kurzfristig eine Pressekonferenz in der Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund in der Berliner Behrenstraße anberaumt. Pressefragen waren im Anschluss nicht zugelassen.
Parteigremien müssen noch ihren Segen geben
Beide Parteichefs hätten sich schon lange vorher darauf verständigt, ihren jeweiligen Parteigremien vor deren Sitzungen am kommenden Montag die Personalie Merz als Vorschlag für die Kanzlerkandidatur zu unterbreiten, erklärte der CDU-Parteivorsitzende.
Die Entscheidung der Gremien wolle er aber „ausdrücklich nicht vorgreifen“. Mit einer Absage aus den beiden Parteispitzen ist allerdings kaum zu rechnen.
„Als Markus Söder und ich unsere gemeinsame Aufgabe begonnen haben, haben wir uns gegenseitig fest versprochen, dass sich 2021 nicht wiederholen darf, dass CDU und CSU wieder besser zusammenarbeiten müssen. Dieses Versprechen lösen wir jetzt ein“, sagte Merz. Die Union sei „in Teilen unseres Landes die letzte verbliebene Volkspartei der demokratischen Mitte“. Dieser Umstand bringe eine „große Verantwortung“ mit sich, die „über unsere Parteien und unsere Personen“ hinausgehe.
Für einen neuen Kurs bei Migration und Wirtschaft
Als drängendste Probleme sehe er die Migration und die prekäre Lage der deutschen Wirtschaft. „Wir wollen eine neue Wirtschaftspolitik“, so Merz, „das Konzept heißt: soziale Marktwirtschaft“. Es seien nicht „die Hilfe von Fall zu Fall oder große Fördertöpfe“, die die Probleme lösen könnten, sondern die richtigen „Rahmenbedingungen“.
In Hinblick auf die Migrationssituation stehe er einer Zusammenarbeit mit der aktuellen Ampelregierung zwar offen gegenüber, brachte Merz zum Ausdruck. Die Union werde aber „keinen halben Weg“ mitgehen: „Zurückweisungen an Grenzen, jedenfalls auf Zeit, sollen möglich sein“. Die Union habe ihr Grundsatzprogramm im Mai entsprechend neu aufgestellt: „Damit sind wir wieder auf Kurs.“ (Video auf YouTube).
Söder: „Ich bin damit fein“
Kurz zuvor hatte Markus Söder den gemeinsamen Beschluss für Merz erklärt: „Friedrich Merz ist der Chef in Berlin, ich bleibe der Chef in Bayern.“ Das werde am Montag auch formal in den Parteigremien so beschlossen.
„Wir haben beide eine hohe Akzeptanz und Relevanz in den Umfragen“, betonte Söder. Beide Parteivorsitzenden wären grundsätzlich geeignet gewesen: „Das war schon immer so.“ Die CDU aber habe „als größte Schwester das Zugriffsrecht“ auf den Posten des Spitzenkandidaten.
Dass er selbst auf eine Kandidatur verzichte, tue nichts zur Sache: „Ich bin damit fein und ich unterstütze dies ausdrücklich“, betonte Söder gleich zu Beginn seiner Rede. „Die CSU akzeptiert es, ich akzeptiere es. Nicht zähneknirschend, sondern mit einer sehr hohen Wertschätzung verbunden“, so Söder. Das sei das Neue im Vergleich zum Wahlkampf 2021.
„Wollen Deutschland endlich wieder auf Vordermann bringen“
Beide Parteichefs vereine „nur ein Ziel: Die Ampel abzulösen und Deutschland endlich wieder auf Vordermann zu bringen. Dem muss und wird sich alles unterordnen.“ Denn das Vertrauen in die Demokratie sei mittlerweile „geschrumpft“ und „die Extreme“ wüchsen, meinte Söder. Seine Ansage:
Wir wollen Deutschland wieder in Ordnung bringen, den Ampelschaden reparieren, den Menschen Hoffnung geben. Ein ‚Weiter so‘ wird es auf keinen Fall geben.“
Den aktuellen Umfragen zufolge stehen die Chancen gut für Merz, nach der Bundestagswahl im September 2025 tatsächlich zum zehnten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland aufzusteigen.
Wüst hatte Verzicht bestätigt
Ursprünglich hatte Merz sich an einen „festen Fahrplan halten“ und sich zur K-Frage erst nach der Landtagswahl in Brandenburg äußern wollen, also frühestens am 23. September.
Nachdem sich aber der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Abend des 16. September klar für die Spitzenkandidatur seines Bundesparteivorsitzenden positioniert hatte, sahen Merz und Söder sich offensichtlich nicht mehr zum Stillhalten verpflichtet.
Der CDU-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Manuel Hagel, hatte den NRW-Ministerpräsidenten wegen dessen Rückzug zugunsten von Merz gelobt: „Die Entscheidung von Hendrik Wüst zeigt wirklich Größe“, sagte Hagel, „auf der CDU-Seite haben wir jetzt Klarheit geschaffen“.
Wähler hätten wohl am liebsten Söder gesehen
Wüst war wegen seiner guten Umfragewerte in den vergangenen Monate immer wieder selbst als Kanzlerkandidat gehandelt worden. Auch Markus Söder war bei der Wählerschaft immer wieder deutlich besser angekommen als Merz.
So hatten 41 Prozent der Befragten einer Infratest dimap-Umfrage für den ARD-„Deutschlandtrend“ noch Anfang September erklärt, dass sie den Franken Söder für einen guten Kanzlerkandidaten halten würden – ein Plus von drei Punkten im Vergleich zum August. Hendrik Wüst erreichte lediglich 33 Prozent (minus 3).
Merz hatte am schlechtesten im Triumvirat der potenziellen Unionskandidaten abgeschnitten: Nur 23 Prozent (minus 4) aller Wähler halten ihn für einen guten Unionskanzlerkandidaten.
Unter den Wählern von CDU und CSU konnte Merz allerdings einen Platz aufrücken: Söder würde für sie zu 57 Prozent einen guten Spitzenkandidaten abgeben, über Merz sagten das 49 Prozent, über Wüst 43 Prozent.
Was die Frage nach einer fiktiven Direktwahl des Kanzlers anging, hatte das Meinungsforschungsinstitut INSA Söder Mitte Juli ebenfalls klar vor Merz gesehen: 37 Prozent der Wahlberechtigten sprachen sich laut „Bild“ für den CSU-Chef aus, lediglich 31 Prozent für den CDU-Parteivorsitzenden.
Scholz: „Es ist mir recht“
Wohl auch von daher blickt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) offenbar gelassen auf den Beschluss der Konkurrenz – und auf das bevorstehende Duell mit Merz um die nächste Kanzlerschaft.
„Wie ich ja schon seit langer Zeit gesagt habe: Es ist mir recht, wenn Herr Merz der Kanzlerkandidat der Union ist“, meinte Scholz bereits wenige Stunden vor der Unionspressekonferenz bei seinem Besuch in der kasachischen Hauptstadt Astana. Dort kümmert sich der Regierungschef persönlich um ein neues Migrationsabkommen.
Dass er sich gute Chancen für eine zweite Regierungszeit ausrechnet, hatte Scholz vor einer guten Woche im ZDF-Sommerinterview bestätigt.
Ampel auf Tiefststand: von 52 auf 28 Prozent abgesackt
Nach einer aktuellen INSA-Erhebung im Auftrag der „Bild am Sonntag“ würde die SPD 14 Prozent der Wähler hinter sich versammeln können. Die Grünen kämen auf 10 Prozent, die FDP wäre mit ihren 4 Prozent nicht mehr im Bundestag vertreten.
Für alle drei Regierungsparteien bedeutet das die jeweils niedrigsten Werte seit ihrem gemeinsamen Amtsantritt im Dezember 2021. Damals hatte die Ampel noch 52,0 Prozent erreicht (SPD: 25,7 Prozent/Grüne: 14,8/FDP: 11,5).
Die AfD liegt inzwischen fünf Prozentpunkte vor der Kanzlerpartei. Zudem lauert das erst wenige Monate alte Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) den Sozialdemokraten mit 10,0 Prozent im Nacken.
Neuauflage von Schwarz-Rot derzeit am wahrscheinlichsten
Bliebe es bis zum Wahltag 28. September 2025 auch an der Urne bei diesen Umfrageergebnissen, würde eine Koalition von Schwarz-Rot auf Bundesebene knapp eine Sitzmehrheit im Bundestag erreichen. Für Schwarz-Grün – eine von Merz ins Auge gefasste, aber von Söder abgelehnte Option – würde es ebenso wenig reichen wie für ein Unionsbündnis mit dem BSW.
Eine schwarz-blaue „GroKo“ mit der AfD kommt wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses der CDU ohnehin nicht infrage.
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