Justizministerium zu Übergriffigkeitsverdacht: Ausziehen ja, Inspektion der Körperöffnungen nein

Das hessische Justizministerium hat bestätigt, dass sich alle neun Beschuldigten im Frankfurter „Reichsbürger-Prozess“ an den Verhandlungstagen zweimal vor Beamten entkleiden müssen. Das sei „übliche Praxis“. Eine Untersuchung von Körperöffnungen habe es aber nicht gegeben.
Nach seiner Flucht ist ein 25-jähriger Häftling wieder gefasst worden (Symbolbild).
Das Symbolbild zeigt einen Gefängnisinnenhof aus der Perspektive eines Strafgefangenen.Foto: Daniel Naupold/dpa
Von 30. Juli 2024

Beim „Reichsbürger-Prozess“ um Heinrich Prinz XIII. Reuß in Frankfurt am Main müssen sich die Beschuldigten tatsächlich in allen drei Untersuchungshaftanstalten ausziehen, bevor sie die Fahrt zum Gerichtssaal des Oberlandesgerichts antreten und nachdem sie in das Gefängnis zurückkehren. Das hat ein Sprecher des hessischen Justizministeriums auf Nachfrage der Epoch Times bestätigt. Die Kontrollen erfolgten allerdings „ohne Untersuchung von Körperöffnungen“.

Bislang war unklar gewesen, ob und in welchem Umfang die U-Häftlinge diese Prozedur über sich ergehen lassen mussten.

Grundsätzliche Anordnung

Die Kontrollmaßnahmen seien jeweils grundsätzlich von den drei Anstaltsleitungen angeordnet worden, so der Sprecher. Sie geschähen „aus Anlass der Abwesenheit von der Anstalt und nicht aufgrund von Funden unerlaubter Gegenstände“, stellte er klar. Die Anstaltsleitung besitze dazu die Anordnungsbefugnis gemäß Paragraf 31 Absatz 2 und 3 des Hessischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (HUVollzG, PDF). Zudem sei es „übliche Praxis, dass grundsätzlich vor und nach jeder Abwesenheit Untersuchungsgefangener von der Anstalt eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung durchzuführen“ sei, und zwar unabhängig vom „Reichsbürger-Prozess“.

„Solche Durchsuchungen sind regelmäßig notwendig, um dem Schmuggel von unerlaubten Gegenständen in die bzw. aus der Justizvollzugsanstalt entgegenzuwirken“, betonte der Sprecher.

Selbst wenn es in Gefängnissen grundsätzlich zuweilen zu Untersuchungen von Körperöffnungen komme, sei dafür gemäß Paragraf 31 Absatz 4 HUVollzG der ärztliche Dienst zuständig, nicht die Beamten einer JVA. So etwas sei aber stets „im Einzelfall anzuordnen“.

Vorwürfe werden unabhängig geprüft

Zwei der Beschuldigten im Frankfurter „Reichsbürger-Prozess“ säßen ihre U-Haft in der JVA Weiterstadt ab, vier in der JVA Frankfurt am Main I und drei in der JVA Frankfurt am Main III, bestätigte der Sprecher.

Bei den drei Letztgenannten dürfte es sich um die drei Frauen unter den Frankfurter Angeklagten handeln, nämlich um Vitalia B., die frühere Lebensgefährtin des mutmaßlichen Rädelsführers Prinz Reuß, außerdem Johanna Findeisen-Juskowiak von der Partei dieBasis und die 59-jährige Juristin Birgit Malsack-Winkemann, eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD. Sie sitzen zwischen den Gerichtsterminen in der Oberen Kreuzäckerstraße ein.

Der Sprecher des Justizministeriums bejahte zudem, dass eine der angeklagten Personen im Reichsbürger-Fall „Vorwürfe wegen angeblicher Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit körperlichen Durchsuchungen erhoben“ habe. Diese Vorwürfe würden noch immer von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main geprüft. Das Ministerium mische sich dabei nicht ein:

Die hessischen Staatsanwaltschaften führen ihre Ermittlungen grundsätzlich selbstständig und eigenverantwortlich. Das Hessische Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat erteilt daher keine Weisungen bezüglich der konkreten Ermittlungsführung im Einzelfall.“

Strafverteidiger beschwerte sich bei der Polizei

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte die Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen mutmaßlicher Rechtsverletzungen beim Umgang mit Untersuchungsgefangenen bereits Mitte Juli 2024 gegenüber der Epoch Times bestätigt. Ein Strafverteidiger einer der Angeklagten habe zuvor eine entsprechende Eingabe beim Polizeipräsidium der hessischen Metropole gemacht. Der Sprecher nannte weder den Namen der mutmaßlich Betroffenen noch den ihres Rechtsbeistands.

Neben den neun Frankfurter Angeklagten stehen weitere 17 mutmaßliche Bandenmitglieder um den mutmaßlichen Umsturz-Drahtzieher Heinrich Prinz XIII. Reuß in Stuttgart und München vor Gericht. Von den Angeklagten in Stuttgart und München sind bislang keine ähnlich lautenden Vorwürfe wie im Fall der Frankfurter Angeklagten bekannt geworden.

Sämtliche 26 Angeklagten waren Anfang Dezember 2022 bei einer länderübergreifenden Großrazzia verhaftet worden. Sie sollen unter dem Eindruck der Corona-Politik seit 2021 gemeinsam geplant haben, die bestehende staatliche Ordnung mit Gewalt zu beseitigen.

Bis zu einem Urteil in der Hauptsache wird es an allen drei Verhandlungsorten wohl bis 2025 dauern. In allen hier geschilderten Fällen gilt die Unschuldsvermutung.



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