Israel-Kritik geteilt: Staatssekretärin muss Posten vorzeitig räumen
Die schleswig-holsteinische Sozial- und Integrationsministerin Aminata Touré (30, Grüne) hat ihre Staatssekretärin Marjam Samadzade (50) wegen eines Social-Media-Postings vorzeitig von ihren Dienstpflichten entbunden. Das berichtet unter anderem der „Norddeutsche Rundfunk“ (NDR).
Stein des Anstoßes soll demnach Samadzades Umgang mit einem Instagram-Eintrag der Kölner Journalistin Alice Haruko Hasters gewesen sein. Hasters habe die Regierung Benjamin Netanjahu scharf für ihr Verhalten nach den ersten Attacken der Terrorgruppe Hamas kritisiert. Außerdem habe sie nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) geschrieben, dass sie „die Regierung Israels und die uneingeschränkte Solidarisierung internationaler Regierungen [wegen] ihres Vorgehens“ verurteile. Die israelische Regierung sei „rechts“ und breche Völkerrecht, so Hasters. Sie selbst sei außerdem „enttäuscht und schockiert, wie in Deutschland mit diesem Konflikt umgegangen“ werde:
Es scheint, als ob Deutschland nur bereit ist, Antisemitimus durch die Verbreitung von antimuslimischen und antipalästinensischen Rassismus zu bekämpfen.“
„Danke für diese klaren Worte“
Nach Angaben des NDR habe Marjam Samadzade dieses Hasters-Posting am 17. Oktober mit dem Kommentar „Danke für diese klaren Worte“ und einem Herz-Icon versehen. Darüber hinaus habe sie den Eintrag aktiv über ihr eigenes Instagram-Konto weiterverbreitet.
Sozialministerin Touré habe darin nicht nur eine andere Meinung als die eigene, sondern vor allem eine Missachtung des offiziellen Standpunkts der schwarz-grünen schleswig-holsteinischen Landesregierung erkannt:
Unsere Haltung ist klar: Wir stehen an der Seite Israels, das das Recht hat, sich selbst zu verteidigen. Israels Existenzrecht darf zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt werden.“
Der nächste Posten wartet schon
Samadzade sei nach einem persönlichen Gespräch den Wünschen der Ministerin gefolgt, ihre Arbeit als Staatssekretärin für Integration und Gleichstellung mit sofortiger Wirkung ruhen zu lassen und um ihre Entlassung zu bitten.
Im November und Dezember werde die Volljuristin nun auf ihrer alten „Planstelle als Richterin am Amtsgericht Ratzeburg“ arbeiten. Zum 1. Januar 2024 stehe mit einem Posten in der Hamburger Justizbehörde wie geplant schon der nächste Karriereschritt für Samadzade auf dem Kalender.
Wechselabsichten schon seit Juli bekannt
Nach Angaben des „Hamburger Abendblatts“ hatte Samadzade seit dem 18. Juli 2022 als Staatssekretärin in Kiel gearbeitet. Nach nicht einmal einem vollen Jahr, nämlich Anfang Juli 2023, war bekannt geworden, dass sie wieder in die Justiz wechseln wollte, und zwar nach Hamburg. Ministerin Touré hatte den Entschluss damals als „persönliche Entscheidung“ respektiert: Man habe „sehr eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet“, zitierte die Zeitung die Ministeriumschefin.
Nach Informationen der SZ, die sich auf die „Kieler Nachrichten“ (Bezahlschranke) beruft, soll es zuvor einen Streit zwischen der Ministerin und ihrer Integrationsstaatssekretärin „um die Finanzierung einer Antidiskriminierungsstelle gegeben haben“.
Büroleiterin Schiller-Tobies übernimmt etwas früher
Wie dem auch sei: Den nun vorzeitig vakant gewordenen Posten der Staatssekretärin soll nach Angaben der „Zeit“ schon zum 1. November Silke Schiller-Tobies (51) übernehmen. Die gelernte Polizistin sei bereits seit August 2022 als Büroleiterin für Sozialministerin Touré tätig. Ursprünglich sollte der Wechsel nach Informationen des „Spiegel“ erst zum 1. Januar 2024 vollzogen werden.
Das Ministerium habe über den Personalwechsel bereits vor einigen Tagen berichtet, ohne damals über die Hintergründe mit dem Instagram-Post Samadzades zu informieren.
Opposition kritisiert mangelnde Transparenz
Die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli zeigte laut NDR Verständnis für das vorzeitige Ausscheiden Samadzades. In der Öffentlichkeit werde ein Umgang mit Postings, wie ihn die Ex-Staatssekretärin gezeigt habe, so wahrgenommen, „als würde man sich gegen seine Landesregierung stellen“. Es sei allerdings ein Fehler von Ministerin Touré gewesen, die Sache nicht gleich transparent gemacht zu haben.
Auch Christopher Vogt, der Fraktionschef der FDP im Kieler Landtag, habe die mangelnde Transparenz missfallen. Als seine Fraktion vor wenigen Tagen nach „den Hintergründen des vorzeitigen Wechsels“ von Samadzade zu Schiller-Tobies gefragt habe, sei nichts von einem „politischen Eklat“ mitgeteilt worden. Nun müsse die ganze Sache „aufgeklärt werden“, alles müsse auf den Tisch, auch ganz offiziell im Landtag:
Frau Touré muss die Chaostage in ihrem Ministerium jetzt endlich beenden und muss uns im Innen- und Rechtsausschuss Rede und Antwort stehen.“
Samadzades Instagram-Reaktion sei zudem ein „unglaublicher Vorgang“, meint Vogt: „Wir haben kurz vorher als Landtag einstimmig die Solidarität mit Israel erklärt und dann ein solches Verhalten“, habe der Liberale die Ex-Staatssekretärin getadelt.
Der grüne Fraktionschef Lasse Petersdotter habe jedoch bereits durchblicken lassen, dass seine Fraktion wenig zur Aufarbeitung der Hintergründe beitragen werde: „Dass die Opposition da jetzt ein großes Gerufe draus macht, das mag der Tradition des Parlamentarismus geschuldet sein. Ich halte davon wenig“, sagte Petersdotter nach NDR-Angaben.
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