Höcke-Urteile: Unverhältnismäßig oder richtig?

Beinahe 30.000 Euro Geldstrafe wird der AfD-Politiker Björn Höcke zahlen müssen, falls die beiden Urteile des Landgerichts Halle Rechtskraft erlangen sollten. Zu wenig, genau richtig oder unverhältnismäßig viel? Die Epoch Times hat einige weitere Urteile gegen Politiker ausgegraben.
Titelbild
Björn Höcke ist ein weiteres Mal wegen Verbreitung von nationalsozialistischer Propaganda verurteilt worden. Moderatorin Cathy Hummels, die den gleichen Spruch verwendet hat, wurde nicht bestraft.Foto: Jens Schlueter/Pool/AFP via Getty Images/Andreas Rentz/Getty Images/Collage: Epoch Times
Von 3. Juli 2024

Der AfD-Landessprecher und Spitzenkandidat der AFD in Thüringen, Björn Höcke, ist vom Landgericht (LG) Halle am 1. Juli 2024 zum zweiten Mal wegen der Verbreitung von Propagandamitteln beziehungsweise von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation verurteilt worden. Dieses Mal soll er eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 130 Euro zahlen, also 16.900 Euro (Az.: 5 KLs 802 Js 11001/24 (8/24)).

Bei seiner ersten Verurteilung Mitte Mai 2024 wegen eines ähnlich gelagerten Delikts sollte er 100 Tagessätze derselben Höhe zahlen, also 13.000 Euro (Az.: 5 KLs 421 Js 23784/21 (6/23)). Da das Strafmaß jeweils 90 Tagessätze überschreitet, würde das bedeuten, dass Höcke einen Eintrag ins Führungszeugnis bekäme und damit offiziell vorbestraft wäre.

Höcke beharrt auf Freispruch

In beiden Fällen ist das Urteil allerdings nicht rechtskräftig. Der Weg der Revision steht offen. Er wurde zumindest im ersten Fall bereits vonseiten der Verteidigung eingeschlagen. Auch im jüngsten Fall ist davon auszugehen: Höcke hatte bereits angekündigt, alles andere als einen Freispruch nicht akzeptieren zu wollen, denn er sehe „weder einen subjektiven noch einen objektiven Straftatbestand“, so Höcke noch kurz vor dem Urteilsspruch im Gespräch mit dem YouTuber Elijah Tee (Video ab ca. 5:37 Min. auf YouTube). Nach Auskunft des LG Halle liegt eine Revision vonseiten der Staatsanwaltschaft nicht vor.

Eine schriftliche Urteilsbegründung des Hallenser Richters Jan Stengel steht ebenfalls aus. Er hatte in beiden Fällen das Urteil gegen Höcke gesprochen. „Der Wortlaut der mündlichen Urteilsbegründung ist nicht schriftlich fixiert“, erklärte ein Sprecher des LG Halle auf Nachfrage der Epoch Times.

Wie es zur Festlegung des jeweiligen Strafmaßes gekommen war, konnte der Sprecher nicht sagen. Es gebe keine offizielle Richtlinie, nur einen Strafrahmen. Dieser umfasst für Höckes mutmaßliche Straftaten eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Moderatorin Hummels: Gleiche Worte, kein Verfahren

Eine gute Woche nach dem ersten Urteil gegen Höcke hatte die Staatsanwaltschaft München im Fall der Moderatorin Cathy Hummels nichts Derartiges beantragt, sondern die Anklage fallen lassen. Auch Hummels hatte in einem Social-Media-Post jene Worte verwendet, die Höcke so viel Ärger einbrachten: „Alles für Deutschland“. Nach Angaben des „Focus“ sah die Staatsanwaltschaft in ihrem Fall allerdings keinen Tatverdacht.

Hummels hatte angegeben, wie Höcke argumentiert, nichts von der SA-Geschichte des Slogans gewusst zu haben. Nachdem ihr Eintrag medial für Aufsehen gesorgt hatte, löschte sie ihn und distanzierte sich davon. Eine angekündigte Anzeige von Höcke gegen Hummels lief ins Leere.

Beispiele der vergangenen Jahre

Wie urteilten verschiedene deutsche Gerichte in anderen Fällen, die sie gegen Politiker oder Ex-Politiker zu fällen hatten? Epoch Times zeigt ein paar Beispiele – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

12.800 Euro wegen Urkundenfälschung: Marius Weiß (SPD)

Der hessische SPD-Landtagsabgeordnete Marius Weiß hatte im August 2023 vom Amtsgericht Wiesbaden einen Strafbefehl von 80 Tagessätzen zu 160 Euro kassiert. Wie die „Hessenschau“ berichtete, hatte er einen Parkausweis für das Landtagsgelände gefälscht, damit auch seine Frau ihren Wagen dort abstellen konnte.

12.000 Euro wegen Beleidigung: Stephan Protschka (AfD)

Der bayerische AfD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka war nach Angaben des Bayerischen Rundfunks damit einverstanden, ein Beleidigungsverfahren gegen eine Geldauflage von 12.000 Euro vom AG Deggendorf einstellen zu lassen. Er hatte den Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) bei einer Aschermittwochsrede 2023 als „Södolf“ und „Landesverräter“ bezeichnet.

100 Tagessätze wegen Volksverhetzung: Peter Junker (AfD)

Im Dezember 2023 war der Finsinger Gemeinderat und stellvertretende AfD-Kreisvorsitzende Peter Junker vom AG Magdeburg zu einer Geldstrafe zu 100 Tagessätzen verurteilt worden. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) berichtete, hatte er während des AfD-Europaparteitags Anfang August desselben Jahres davon gesprochen, dass es nur zwei Geschlechter gäbe. Er wolle nicht, dass seine „vierjährige Tochter von einer Dragqueen belabert“ werde. Junker weiter: „Also schützen wir das Beste, was wir haben, unsere Kinder, unseren Nachwuchs. Schützen wir sie vor Perversitäten, vor Abartigkeiten, vor staatlich geduldeten Kinderf***n“. Die genaue Höhe des Tagessatzes hatte das Gericht laut SZ nicht mitgeteilt. Junker verzichtete auf Berufung: Er gilt nun als vorbestraft. Die Anzeige war durch Oberleutnant Sven Bäring erfolgt, den Bundesvorsitzenden der Interessenvertretung „QueerBw“.

7.200 Euro plus Bewährungsstrafe wegen Betrugs: Peer Jürgens (Linke)

Der brandenburgische Abgeordnete Peer Jürgens (Linke) war im Oktober 2017 in einem Berufungsverfahren vor dem LG Potsdam zu einer Bewährungsstrafe von zwölf Monaten und zur Zahlung von 7.200 Euro verurteilt worden. Er hatte sich nach Informationen der „Märkischen Allgemeinen“ durch falsche Angaben zu seinen Wohnverhältnissen über Jahre hinweg rund 87.000 Euro an Fahrtkosten- und Mietzuschüssen ergaunert und sich darüber hinaus illegal in einen Kreistag wählen lassen.

5.000 Euro wegen Kinderpornografie: Sebastian Edathy, SPD

Das LG Verden stellte Anfang März 2015 ein Strafverfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy ein, nachdem dieser sich bereit erklärt hatte, eine Geldauflage von 5.000 Euro an den Kinderschutzbund Niedersachsen zu zahlen. Edathy hatte sich nach Angaben der „Legal Tribune Online“ (LTO) geständig gezeigt, Dateien mit kinderpornografischem Material auf seinen Dienst-Laptop heruntergeladen zu haben.

3.000 Euro wegen sexueller Belästigung: Tino Günther, FDP

Der sächsische FDP-Politiker und Ex-Landtagsabgeordnete Tino Günther wurde Anfang des Jahres 2024 vom Amtsgericht Dresden zu einer Strafzahlung von 50 Tagessätzen à 60 Euro verurteilt, weil er eine Parteikollegin anderthalb Jahre zuvor unsittlich berührt hatte. Im August 2022 war Günther nach Informationen des MDR von seinem Amt des stellvertretenden Landesvorsitzenden zurückgetreten.

Noch anhängige Fälle: Wolski und Schreyer

Auch eine Reihe von anderen Fällen hatte in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen gesorgt. Aktuellen Recherchen der Epoch Times zufolge sind sie allerdings bisher nicht rechtskräftig beschieden.

Sollte es aber in allen Instanzen beim ursprünglichen Strafmaß bleiben, so müsste etwa der frühere SPD-Lokalpolitiker Daniel Wolski drei Jahre und sechs Monate lang in Haft. Nach Angaben von RTL hatte er unter anderem dutzendfach Kinder und Jugendliche für Sex bezahlt. Nach mehr als 200 Tagen in Untersuchungshaft hatte er vor dem Landgericht Bochum ein Geständnis abgelegt. Mangels Flucht- und Wiederholungsgefahr habe ihn das Gericht bis zur Rechtskraft aber zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt, so der WDR. Nach Angaben einer Sprecherin des LG Bochum hatten beide Seiten inzwischen Revisionsanträge eingereicht. Der zuständige Bundesgerichtshof in Karlsruhe warte noch auf das schriftliche Urteil.

Auch der Fall um den früheren Münchener Stadtrat und örtlichen Grünen-Mitbegründer Bernd Schreyer ist noch nicht final entschieden. Wegen eines X-Postings, mit dem er im Juni 2023 auf Kritik am Heizungsgesetz der Grünen reagiert hatte, soll Schreyer 6.000 Euro Strafe zahlen. Das AG München sah Mitte April 2024 nach Angaben der „Bild“ den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Schreyer habe die Shoah zum „beliebigen Vergleichsobjekt degradiert“, als er schrieb, die Heizungsgesetz-Gegner hätten die Menschen auf X derart gegen Grüne aufgewiegelt, als handele es sich um die „neuen Juden“, welche „ausgemerzt“ werden müssten. Nach Angaben eines Sprechers der AG München hat Schreyers Anwalt Berufung eingelegt. Wann vor dem Landgericht München 1 verhandelt werde, stehe noch nicht fest.

Maskendeal-Nutznießer zumeist unbehelligt

Die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU), der bayerische Ex-Justizminister Alfred Sauter (CSU), der Influencer Fynn Kliemann und sein Geschäftspartner Tom Illbruck haben eines gemeinsam: Sie alle standen wegen Maskendeals aus der Coronazeit in der Kritik – und gingen ohne Verurteilung aus.

Lediglich Andrea Tandler, die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs und ehemaligen bayerischen Finanz-, Wirtschafts- und Innenministers Gerold Tandler, wurde wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe verurteilt. Vier Jahre und fünf Monate Haft hielt das Gericht im Dezember 2023 laut LTO für angemessen. Drei Jahre und neun Monaten gab’s für Tandlers Geschäftspartner. Hintergrund waren auch hier Maskengeschäfte. Die Deals selbst waren nach Ansicht des das Landgerichts (LG) München legal.

Fast ein Jahr hatten Tandler und ihr Mittäter bereits in Untersuchungshaft verbracht, bevor sie gestanden. Nach dem Urteilsspruch wurden beide zunächst auf freien Fuß gesetzt. Die Revision ist vor dem Bundesgerichtshof anhängig, die Urteile somit nicht rechtskräftig.



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