Harte Ampelkritik: „Habecks weltfremdes Heizdiktat ist Hiobsbotschaft für Millionen Bürger“

Heftige Kritik zum Koalitionsausschuss der Ampel von CDU, Linke und AfD. Doch die Vertreter der Ampelregierung zeigen sich zufrieden. Das Klimaschutzgesetz soll von einer „Planwirtschaft in die Marktwirtschaft“ überführt werden.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit seinen Ministern Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP). Können die Streitpunkte in der Ampel-Koalition beigelegt werden?
Die Ampel hat sich wieder zusammengerauft. Das Archivbild zeigt die Minister Christian Lindner (l., FDP) und Robert Habeck (M., Grüne) mit Kanzler Olaf Scholz (SPD).Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 29. März 2023

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Nach den jüngsten Beschlüssen des Ampelkoalitionsausschusses haben sich mehrere deutsche Interessenverbände und NGO kritisch oder auch lobend zu den Kompromissen geäußert.

Für den Präsidenten des Naturschutzbundes (NABU), Jörg-Andreas Krüger, gehen die Beschlüsse im Bereich Verkehrspolitik nicht weit genug. Die „Sektorenziele im Klimaschutzgesetz“ seien nun „aufgeweicht“ worden, um Verkehrsminister Volker Wissing zu „schützen“, heißt es in einer ersten Stellungnahme Krügers. Die Regierung habe außerdem die Chance verpasst, „den Bundesverkehrswegeplan zukunftsfest zu machen“.

CO₂-Sektorenziele in der Kritik

Der NABU-Chef bezog sich mit seiner Kritik an den „Sektorenzielen“ auf eine geplante Neuregelung, nach der der jährlich erlaubte Ausstoß von CO₂ durch die Bereiche Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft nach einem bestimmten Modus kontrolliert und gegebenenfalls gegengesteuert werden soll. Dann sollen „Sofortprogramme für mehr Klimaschutz“ durch die zuständigen Ministerien auf den Weg gebracht werden.

Solche Eingriffe solle es aber erst dann geben, wenn für alle Sektoren zusammen zwei „Zielverfehlungen“ festgestellt wurden. Bisher musste schon nach einer Grenzwertüberschreitung in einem Sektor gehandelt werden.

Greenpeace: 144 „klimaschädliche Autobahnprojekte“

Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser, sieht darin eine Entkernung des Klimaschutzgesetzes. Er tadelte zudem die Genehmigung für 144 „klimaschädliche Autobahnprojekte“, die Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ausgehandelt hatte.

Sascha Müller-Kraenner, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, fand nach Informationen von „T-online.de“ mahnende Worte für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Der Regierungschef habe sich als „Klimakanzler“ verabschiedet und sei „hinter den Anspruch der Vorgängerregierung unter Angela Merkel“ zurückgefallen. Er lobte die Grünen für ihre Heizungsverbotspläne.

„Allianz pro Schiene“ sieht „Riesenfortschritt“

Dirk Flege, der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, sprach angesichts der geplanten Neuregelung zur Verwendung der noch zu erhöhenden Lkw-Mautgebühren von einem „Riesenfortschritt“: „Endlich wird der Zwang abgeschafft, die Lkw-Mauteinnahmen in Bundesfernstraßen investieren zu müssen. Jetzt darf in umweltfreundliche Alternativen investiert werden.“ In der Tat hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck erreicht, dass 80 Prozent der Mautgelder in Bahninvestitionen fließen sollen.

Die Deutsche Bahn begrüßte ebenfalls die Ampelbeschlüsse zum Abbau des Investitionsstaus im Schienennetz. Bahnchef Richard Lutz sprach von einer „wirklichen Weichenstellung für das Schienennetz der Zukunft“.

Dass trotzdem auch weiterhin auf Straßenbau gesetzt werde, fand die Zustimmung von Gerd Landsberg, dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. „Deutschland wird noch sehr lange auf die Automobilität angewiesen sein. Es wird Jahrzehnte dauern, das Schienennetz – auch das europäische – so auszubauen, dass das Volumen der Schienentransporte sehr deutlich steigen kann“, sagte Landsberg in der „Rheinischen Post“.

Der Sozialverband VdK und der Kinderschutzbund zeigten sich nach Informationen des ZDF unzufrieden, weil noch immer nicht feststeht, wie die geplante Kindergrundsicherung bezahlt werden soll.

CDU glaubt nicht an Ende der Ampelquerelen

Aus den Oppositionsparteien wurde erwartungsgemäß wenig Begeisterung laut.

„Ich bin nicht nur enttäuscht, ich bin in Teilen fassungslos“, sagte Andreas Jung, der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, im „ARD-Morgenmagazin“ (Video). Weder zum Haushalt noch zum Thema Kindergrundsicherung sei etwas beschlossen worden. Außerdem werde „das Klimaschutzgesetz aufgeweicht“, argumentierte Jung im Einklang mit dem NABU. Er gehe davon aus, dass sich der koalitionsinterne Streit fortsetzen werde.

Die AfD-Bundessprecherin Alice Weidel bemängelte das noch immer geplante Einbauverbot von Gas- und Ölheizungen ab 2024 laut „T-online.de“ als „völlig abwegig“, auch wenn es dafür einen sozialen Ausgleich aus dem Klima- und Transformationsfonds geben solle. Insgesamt könne „von einer Entlastung der Bürger […] keine Rede sein“. Die Beschlüsse seien „dürftig“. Das von der Regierung immer wieder beschworene „neue Deutschlandtempo“ führe Deutschland „in den Abgrund“.

Dietmar Bartsch, der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, bezeichnete es im Gespräch mit „T-online.de“ als eine „Hiobsbotschaft für Millionen Bürger“, dass „Habecks weltfremdes Heizdiktat den Koalitionsausschuss überlebt“ habe. Die Erhöhung der Lkw-Maut sei ein „Debakel für die Ampel-Regierung“, das „einen Kanzler mit fortgesetzter Führungsschwäche“ offenbare. „Dass die drei Ampelparteien nach drei Tagen nur mit nebulösen Ankündigungen vor die Bürger treten und kaum in der Lage sind, Handfestes zu verkünden, ist blamabel“, sagte Bartsch.

Zufriedenheit bei Regierungsvertretern

Stimmen aus SPD, Günen und FDP verteidigten die Beschlüsse. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte im „heute journal“ des ZDF, die Koalition habe ein gemeinsames Interesse, den Klimaschutz voranzubringen, die Infrastrukturprojekte auszubauen und die Planungs- und Genehmigungszeiten drastisch zu verkürzen. Es handele sich um ein „großes Modernisierungspaket“, das Deutschland über die nächsten Jahrzehnte verändern werde.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte das Maßnahmenpaket für die Bahn und den Schwerlastverkehr in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ „sehr wuchtig“. Die Planungsbeschleunigung für Autobahnprojekte sei zwar „kein Wunsch der Grünen“ gewesen, immerhin aber seien „Probleme gelöst worden“.

Christian Dürr, der Fraktionschef der FDP im Bundestag, sprach gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) von einem „umfassenden Modernisierungs- und Beschleunigungspaket […], das einen wahren Paradigmenwechsel“ bedeute. Das Klimaschutzgesetz werde nun von der „Planwirtschaft in die Marktwirtschaft“ überführt, die Ampelkoalition habe sich zur „Technologieoffenheit“ bekannt.

Ampel noch nicht am Ende

Der Koalitionsausschuss der Regierung hatte mit Unterbrechungen von Sonntag bis Dienstag rund 30 Stunden lang im Kanzleramt getagt, um die seit Monaten aufgelaufenen internen Differenzen in verschiedenen Themenfeldern zu beseitigen. Es war dabei unter anderem um das Verbot von Öl- und Gasheizungen, um die Kindergrundsicherung, die Lkw-Maut, die Modernisierung des Schienennetzes der Bahn, um neue Stromnetze, den Autobahnbau, um das Klimaschutzgesetz und den Emissionshandel gegangen.

Der CDU-Chef und Oppositionsführer Friedrich Merz sah zwischenzeitlich das Ende der Ampel bereits gekommen und signalisierte seine Ambitionen, das rot-grün-gelbe Dreierbündnis zusammen mit den Grünen abzulösen.



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