Hamburger Muslime fordern Schutz für Palästina – und ein Kalifat in Asien
Nachdem es im Umfeld des Jahrestags des 7. Oktober 2023 Krawalle bei Anti-Israel-Demonstrationen in Berlin gegeben hatte, verliefen am Samstag, 12. Oktober 2024, zwei weitere Demonstrationen im Hamburg weitgehend friedlich.
Der vom Verfassungsschutz beobachtete, als islamistisch eingestufte Verein „Muslim Interaktiv“ hatte nach Angaben des Nachrichtensenders „Welt“ bis zu 2.000 Menschen zur Teilnahme an seiner Kundgebung am Steindamm im Stadtteil St. Georg motivieren können – vorwiegend Männer.
Der NDR berichtete von rund 1.600 Teilnehmern, die „Tagesschau“ unter Berufung auf die Polizei von etwa 2.300 Demonstranten. Die Versammlung habe unter dem Motto „Ein Jahr Völkermord in Gaza – Save Libanon“ stattgefunden. Ein Großaufgebot der Polizei habe für Sicherheit gesorgt. Nach Angaben des NDR wurde einem Gegenprotestler ein Schild entwendet. Weitere Zwischenfälle habe es nicht gegeben.
Pro Palästina, pro Libanon
Die Demonstranten forderten unter anderem „Schutzkampagnen“ für den Libanon und Palästina. Die Palästinenser seien Opfer von Besatzung, Vertreibung und eines Genozids, wie auf einem zentralen Plakat zu lesen war. Zudem wurde immer wieder das Bekenntnis „Allahu akbar“ (Etwa: „Allah ist größer“) angestimmt (Video in der ARD-Mediathek).
Nachdem Ende April 2024 auf einer „Muslim Interaktiv“-Kundgebung das Kalifat als „die Lösung“ gefordert worden war, lauteten die Plakatparolen dieses Mal unter anderem „Kalifat im Nahen Osten“ und „Kalifat im Fernen Osten“. Nach Angaben der „Tagesschau“ hatte zu den behördlichen Auflagen gehört, kein Kalifat auf deutschem Boden zu fordern. Obwohl auch Geschlechtertrennung verboten war, hielten sich die wenigen weiblichen Teilnehmer vorwiegend am Rande der Kundgebung auf.
TikTok-Influencer als Hauptredner
Der Hauptredner Joe Adade „Raheem“ Boateng, ein Hamburger Lehramtsstudent, beschrieb seine Wunschvorstellung für seine Glaubensbrüder und -schwestern als ein „recht geleitetes Kalifat, in dem Muslime, Christen und Juden in Frieden leben“, wie aus einem „Welt“-Video hervorgeht (YouTube). Nach Informationen der „Bild“ erfreut sich Boateng durch seine Videos in sozialen Netzwerken wie Instagram oder TikTok vorwiegend bei jungen Muslimen hoher Beliebtheit.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die behördlichen Auflagen laut „Tagesschau“ im Vorfeld der Kundgebung gelobt und für den Fall von Verstößen Maßnahmen angekündigt: „Wenn aus der Demonstration heraus aggressiv nach einem Kalifat in Deutschland gerufen“ werde, sei ein „sofortiges hartes Einschreiten“ möglich:
Wer lieber in einem Kalifat und damit in der Steinzeit leben will, steht gegen alles, wofür Deutschland steht. Wir verteidigen unsere Verfassung – mit den Mitteln unserer Verfassung.“
„Von der nachrichtendienstlichen Beobachtung bis hin zu intensiven Ermittlungen“ werde man „alle Instrumente“ einsetzen, habe Faeser angekündigt.
Die Sozialdemokratin hatte im Juli 2024 das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) und seine Teilorganisationen als „extremistische Organisation des Islamismus, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt“, verboten und die Blaue Moschee in Hamburg durchsuchen lassen.
BMI-Haltung zur Zukunft von „Muslim Interaktiv“ unklar
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) verzeichnete die Polizei zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 4. Oktober 2024 bundesweit beinahe 8.500 Straftaten politisch motivierter Kriminalität „im Kontext des aktuellen Nahost-Konflikts“. Auf der BMI-Website heißt es weiter:
„Davon wurden 3.464 Straftaten als antisemitisch motiviert eingestuft, überwiegend aus den Phänomenbereichen der PMK -ausländische Ideologie- (2.123) und der PMK -religiöse Ideologie- (774), aber auch aus den Phänomenbereichen PMK -rechts- (322) und PMK
-links- (87). Im Schwerpunkt wurden antisemitisch motivierte Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen verzeichnet.“
Auf Anfrage der Epoch Times konnte das BMI keine aktuelleren Zahlen nennen, die auch die Demonstrationen der vergangenen Woche beinhaltet hätten.
Die Frage nach einem womöglich in Erwägung gezogenen Verbot von „Muslim Interaktiv“ blieb ebenfalls unbeantwortet: „Das Bundesministerium des Innern und für Heimat äußert sich generell nicht zu etwaigen Verbotsüberlegungen, um etwaige behördliche Maßnahmen nicht zu gefährden“, antwortete eine BMI-Sprecherin.
Die Hamburger Behörde für Inneres und Sport sah sich außerstande, einen Fragenkatalog der Epoch Times bis zum Redaktionsschluss zu beantworten. Sobald eine Antwort vorliegt, werden wir sie nachreichen.
Gegen national-staatliche Ordnung in der islamischen Welt
Die Gruppe „Muslim Interaktiv“ hatte ihre Forderungen für die Steindamm-Kundgebung am Vortag der Großveranstaltung auf ihrem X-Kanal gepostet. Als „Lösung für Ost-Turkestan“ sollen die „verräterischen Herrscher der islamischen Welt“ beseitigt und die „national-staatliche Ordnung in der islamischen Welt“ vollständig überwunden werden. An Stelle der „kolonialen Ordnung“ solle das Kalifat treten, eine Gesellschaftsordnung unter den Regeln des Islam.
Bei Ost-Turkistan handelt es sich nach Angaben der Website des Ostturkestanischen Jugendvereins in Deutschland um eine Region in Zentralasien, die von der chinesischen Regierung als „Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang“ bezeichnet wird.
Bündnis für Palästina ebenfalls „weitgehend friedlich“
Wie der NDR berichtete, hatte es bereits in den Nachmittagsstunden am Samstag einen Demonstrationszug gegeben, dessen Teilnehmer als „Hamburger Bündnis für Palästina“ Frieden und Gerechtigkeit forderten. Statt der erwarteten 2.000 Demonstranten seien allerdings nur rund 650 Menschen vom Hachmannplatz zum Gänsemarkt gelaufen. Gegen 18:00 Uhr sei die Abschlusskundgebung ebenfalls „weitgehend friedlich“ über die Bühne gegangen.
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