Habeck ist Anzeigen-Spitzenreiter unter den Bundesministern

Seit der Bundestagswahl 2021 hat ein Teil der deutschen Bundesminister mehr als 1.400 Strafanzeigen gestellt. 57 Prozent davon initiierte Wirtschaftsminister Robert Habeck, 36 Prozent Annalena Baerbock. Die Summe der Geldentschädigungen dürfte allein für die beiden Grünen im sechsstelligen Bereich liegen.
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Ein Schmähbildchen in den sozialen Medien teilen kann teuer werden. Manche Politiker verfolgen ihre Beleidiger oder Bedroher standardmäßig mit Anzeigen. Habeck ist Spitzenreiter unter den Bundesministern.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 18. November 2024

Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat nach Informationen des Statistischen Bundesamts in der Zeit zwischen der Bundestagswahl 2021 und August 2024 mindestens 805 Strafanzeigen gestellt. Damit ist er in diesem Feld einsamer Spitzenreiter unter allen Bundesministern.

Auf Platz zwei landete seine Parteikollegin, Außenministerin Annalena Baerbock, mit mindestens 513 Strafanzeigen. Mit weitem Abstand folgen Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP, 26 Strafanzeigen) und Ex-Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP, 24).

Grafik: Die Anzahl der Strafanzeigen durch Bundesminister in Deutschland im Zeitraum 26. September 2021 bis August 2024. Foto: Bildschirmfoto/Statista

Grafik: die Anzahl der Strafanzeigen durch Bundesminister in Deutschland im Zeitraum 26. September 2021 bis August 2024. Foto: Bildschirmfoto/Statista

Bundeslandwirtschafts- und neuerdings auch Bildungsminister Cem Özdemir brachte es im gleichen Zeitfenster auf wenigstens 14 Strafanzeigen, Verteidigungsminister Boris Pistorius ließ gegen zehn mutmaßliche Straftäter vorgehen – ebenso viele wie die Leitung des Bundesfamilienministeriums, vertreten durch Anne Spiegel und ihre Nachfolgerin Lisa Paus (beide Grüne).

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellte sieben Strafanzeigen, Bundesbauministerin Klara Geywitz zeigte vier Fälle an.

Der Rest der Ministerriege verzichtete allerdings in Gänze auf einen „Verfolgungswillen“ im Sinne von Paragraf 158 Absatz (2) der Strafprozessordnung (StPO).

Laschet mahnt zu „Gelassenheit, Maß und Mitte“

Der ehemalige CDU-Kanzlerkandidat und Ex-Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, Armin Laschet, stellte am 16. November auf seinem X-Kanal klar, dass er selbst trotz entsprechender Vorschläge stets darauf verzichtet habe, „beleidigende Tweets mit Strafanzeigen zu verfolgen“.

Nur bei Morddrohungen gelte für ihn eine Ausnahme. „Liberale Demokratie braucht Gelassenheit, Maß und Mitte“, meinte Laschet. Und weiter:

In einer Demokratie darf man die Herrschenden Idioten, Schwachköpfe, Deppen nennen. In Diktaturen wird man dafür strafrechtlich verfolgt.“

Tatsächliche Zahlen könnten noch höher liegen

Die Zahlen des Anzeigeverhaltens unter den Bundesministern stammen ursprünglich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag (BT-Drucksache 20/12694, PDF). Der Verfasser der Antwort weist darauf hin, dass die vorhandenen Unterlagen und Aufzeichnungen „möglicherweise nicht vollständig“ seien. Die tatsächlichen Zahlen könnten also höher liegen.

Im Falle Robert Habecks sei es stets um Beleidigungen oder Bedrohungen gegangen. Bei den übrigen Ministern spielten weit seltener auch mutmaßliche Straftatbestände wie üble Nachrede oder Verleumdung, Störung des öffentlichen Friedens, Volksverhetzung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten oder auch Sachbeschädigung eine Rolle.

Habeck erklärte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am 17. November, dass er sich gleich zu Beginn der Legislatur entschieden habe, „Beleidigungen oder Bedrohungen zur Anzeige zu bringen“, „als es so hart zuging“. Er nutze dazu „Agenturen“, die mutmaßliche Straftaten zuvor „filtern“ würden (Kurzvideo auf X).

Geschäftsmodell „Kampf gegen Online-Hass“

Nach Informationen der „Tagesschau“ arbeitet Habeck für seine Anzeigen seit 2023 mit dem Start-up „So Done“ zusammen. Auch die Verteidigungspolitiker Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Roderich Kiesewetter (CDU), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) oder die Bundestagsabgeordneten Julia Klöckner (CDU) und Ralf Stegner (SPD) nähmen deren Dienste in Anspruch.

Das junge Unternehmen geht auf eine Idee von Franziska Brandmann (FDP) zurück. Die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen und Angehörige des FDP-Bundesvorstands entwickelte nach eigenen Angaben zusammen mit dem Datenwissenschaftler Marcel Schliebs und dem Anwalt Alexander Brockmeier eine KI-gestützte Dienstleistung, die Opfern von „Online-Hass“ mit einem simplen Meldeformular die Mühe einer eigenen Anzeige erspart, wie aus der „So Done“-Website hervorgeht.

Sämtlichen Schriftverkehr mit den Justizbehörden übernähmen dann das Gründertrio und seine Mitarbeiter. Auf der Einstiegsseite sind die prominentesten Kunden – allen voran Habeck – mit lobenden Stellungnahmen abgebildet.

Mit Stand September 2024 hatte „So Done“ nach eigenen Angaben gut 7.800 „Hasskommentare“ im Auftrag ihrer Kunden zur Anzeige gebracht. Die Erfolgsquote liege bis dato bei 95 Prozent. Im Durchschnitt erstreite das Unternehmen 591 Euro pro Fall. In besonders schweren Einzelfällen habe man „Erfolgsgeschichten“ vorzuweisen, die bis zu 5.250 Euro eingebracht hätten.

Die Hälfte davon gehe automatisch an den Geschädigten. Die andere Hälfte fließe an das „So Done“-Team, das mit dem Geld auch sämtliche Prozesskosten begleiche. Der Kunde müsse weder in Vorlage treten noch sonst irgendwelche Zahlungen leisten.

„So Done“: Knapp 300 Euro pro Erfolg für den Geschädigten

Gesetzt den theoretischen Fall, dass Habeck all seine 805 Beleidigungs- und Bedrohungsanzeigen über „So Done“ abgewickelt hätte, wären also schätzungsweise 764 Fälle zu seinen Gunsten entschieden worden. Bei 295,50 Euro durchschnittlichem Geldentschädigungsanteil wären automatisch mehr als 225.000 Euro auf das Konto des Ministers geflossen, dieselbe Summe noch einmal an „So Done“.

Die Epoch Times bat die Pressestelle des Bundeswirtschaftsministeriums um nähere Angaben über Habecks Anzeigeverhalten, die beauftragten Agenturen oder Anwaltskanzleien und über etwaige Kosten und Einnahmen. Sobald eine Antwort vorliegt, werden wir darüber berichten.

Nach eigenen Angaben vertritt der Rechtsanwalt Markus Haintz persönlich immer wieder Mandanten, ohne dass sich aus der Akte des Ermittlungsverfahrens ein „konkreter Tatvorwurf“ zu einem Straftatbestand wie Beleidigung erkennen lasse. „Wir werden gegen die (politisch abhängigen) Staatsanwaltschaften, die solche Verfahren eröffnen, mit aller juristischen Härte vorgehen“, kündigte Haintz auf X an.

Hausdurchsuchung wegen „Schwachkopf“-Meme

Das Thema „Hasskriminalität“ war erst vor ein paar Tagen in die Schlagzeilen geraten. Hintergrund war der Fall des 64-jährigen Ex-Bundeswehrsoldaten Stefan Niehoff.

Der Frührentner und seine Familie mussten am frühen Morgen des 12. November eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen, weil Niehoff auf der Social-Media-Plattform X ein Meme geteilt hatte, dass das Konterfei Habecks im Stil einer Schampoo-Werbung mit dem Schriftzug „Schwachkopf PROFESSIONAL“ gezeigt hatte.

Das Bundeskriminalamt hatte laut der „Zeit“ am selben Tag über 50 Wohnungen in 15 Bundesländern durchsuchen lassen. Die zeitliche Nähe war kein Zufall: Das Polizeipräsidium Unterfranken bestätigte, dass Niehoffs Hausdurchsuchung gezielt anlässlich des „Aktionstag gegen Hasspostings“ des Bundesinnenministeriums stattgefunden habe.

Habeck für strengere staatliche Regulierung auf Medienplattformen

Habeck hatte Mitte Oktober 2024 offen geäußert, dass er eine noch strengere Regulierung sozialer Netzwerke durch staatliche Behörden begrüßen würde. Am 17. Oktober 2024 erklärte er auf einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, dass er die „unregulierte Form dieser sozialen Medien“ für „nicht mehr akzeptabel“ halte:

Wir können am Ende nicht zulassen als liberale Demokratien, dass Milliardäre, die in den USA Donald Trump unterstützen mit ihrer Vorstellung von Kommunikation, oder chinesische Technik, die ja in China selbst verboten ist oder reguliert ist, den Diskurs in Europa definiert. […] Eine scharfe Anwendung des DSA, des Digital Services Act, ist das Mindeste, was wir in Deutschland brauchen.“ (Video auf X)

In einem Interview mit dem ZDF-„heutejournal“ bekräftigte der Vizekanzler drei Wochen später seinen Standpunkt noch einmal: „Ich bin auch dafür, dass wir Twitter oder TikTok entlang der europäischen Rechtsnorm hart regulieren.“ Seitdem Musk X übernommen habe, sei es „eher schlimmer geworden“. Er selbst sei aber bereit, den „Kampf“ auch auf dessen Plattform aufzunehmen (Video ab circa 5:06 Minuten auf ZDF.de).

Am Sonntag war Habeck auf dem Bundesparteitag der Grünen in Wiesbaden mit 96,48 Prozent der abgegebenen Stimmen zum „Kandidaten für die Menschen“ für die Bundestagswahl gewählt worden.



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